Ein Auszug aus dem Entwurf des Gemeindeentwicklungsprogrammes von Schlanders mit den vorgeschlagenen Siedlungsgrenzen.
Bei der Sondersitzung des Schlanderser Gemeinderates am 3. Oktober.

Endspurt in vier Gemeinden

Gemeindeentwicklungsprogramme von Schlanders, Latsch, Kastelbell-Tschars und Martell sind auf der Zielgeraden.

Publiziert in 18 / 2024 - Erschienen am 8. Oktober 2024

Schlanders - Lang ist das Wort und lang ist der Prozess, der hinter der Erarbeitung des Gemeindeentwicklungsprogrammes für Raum und Landschaft steckt. Alle Südtiroler Gemeinden sind verpflichtet, dieses „langfristige Planungsinstrument“ für die künftige räumliche Entwicklung der Gemeinden gemeinsam mit der Bevölkerung zu erarbeiten, zu diskutieren und zu beschließen. Während sich die Gemeinden Schlanders, Latsch, Kastelbell-Tschars und Martell, die in bestimmten Teilbereichen übergemeindlich zusammenarbeiten, bereits im Endspurt befinden, sind andere Gemeinden noch nicht so weit. In Laas zum Beispiel hat der Gemeinderat den langen Prozess erst am 25. September mit der Genehmigung des Leitfadens für die Ausarbeitung des Programms in Gang gesetzt. In Schlanders wurde dem Gemeinderat am 3. Oktober im Rahmen einer Sondersitzung nach fast zweijährigen Vorarbeiten bereits der Programm-Entwurf vorgestellt. Nach den Vorstellungen der Entwürfe und ersten Diskussion in den Gemeinderäten werden die Entwürfe Ende Oktober in allen 4 Gemeinden auf Bürgerversammlungen vorgestellt und zur Diskussion gebracht.

Kernpunkt Siedlungsgrenzen

Bei der mehrstündigen Sondersitzung in Schlanders ging es um das Schwerpunktthema Siedlungsentwicklung sowie um die zwei Bereiche Mobilität und Landschaftsentwicklung, für welche aufgrund der Zusammenarbeit mit Latsch, Kastelbell-Tschars und Martell gemeinsame Ziele, Vorschläge und Visionen erarbeitet worden sind. Der Kernpunkt in allen Gemeinden ist die Siedlungsentwicklung bzw. die Festlegung der Siedlungsgrenzen. Grundsätzlich gilt, dass innerhalb der Siedlungsgrenzen in Zukunft für die Dauer des Programmes – jenes in Schlanders ist auf 10 Jahre ausgelegt – die Gemeinde das Sagen hat und außerhalb davon das Land. Wie der Architekt und Programm-Gesamtkoordinator Ulrich Weger ausführte, steht in der Gemeinde Schlanders innerhalb der vorgeschlagenen Siedlungsgrenzen ein Gesamtbauvolumen von rund 165.000 Kubikmeter zur Verfügung. Dieses Volumen setzt sich zu einem beträchtlichen Teil aus Leerstand zusammen, wobei vor allem das ehemalige Kasernen-Areal ins Gewicht fällt. Bürgermeister Dieter Pinggera leitete aus diesen und weiteren Zahlen ab, „dass wir mit der Verwendung neuer Flächen sehr sparsam umgehen und äußerst restriktive Siedlungsgrenzen ziehen können.“ Die Grenzen seien zum Teil enger gefasst als die bestehende Bannzone. Die Begrenzung des Flächenbedarfs, die Verdichtung bestehender Wohnbauzonen und die Nutzung leerstehender Kubatur gehören zu den Hauptzielen der Entwicklungsprogramme.

Was geschieht mit landwirtschaftlichen Flächen innerhalb der Grenzen?

Hatte man im Vorfeld der Sitzung noch angenommen, dass eine Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen innerhalb der Siedlungsgrenzen auch in Zukunft möglich sein wird, so ist das nach Rücksprache bei den zuständigen Landesstellen doch nicht der Fall. Laut Pinggera könnten einige Grundeigentümer Probleme bekommen, vor allem in Kortsch, wo es einige solcher Flächen innerhalb der Grenzen gibt. Nun sei man bestrebt, den Betroffenen, die im guten Glauben waren und sich bisher nicht gerührt haben, die Möglichkeit zu geben, doch noch Anträge zu stellen, die dann neutral und objektiv bewertet werden sollen. Trotz dieser „kleinen Öffnung“ sei man in der Gesamtbetrachtung „bescheiden unterwegs.“ Noch keine Übereinstimmung sei mit der Landesraumordnung auch bezüglich geringfügiger Erweiterungen der Siedlungsgrenzen im jeweils östlichsten Bereich in Kortsch und Vetzan erreicht worden. Der Gemeinde gehe es nur darum, „die Gebäude in diesen Bereichen miteinzuschließen, damit der Rechtstatus im Sinne der Gleichbehandlung derselbe bleibt, wie innerhalb der Grenzen.“

Kortsch soll „Obermais“ bleiben

Bezüglich der Flächenverbauung in Kortsch sei ein Kompromiss erzielt worden, den der Bürgermeister so auf den Punkt brachte: „Es soll nicht so sein, dass nichts geschehen darf, aber Kortsch soll auch nicht vom ‚Obermais’ zum ‚Untermais’ werden.“ Vorgesehen ist in Kortsch u.a. auch ein Gewerbegebiet zwischen der GEOS und der bestehenden Gewerbezone. Bei der Diskussion wurde u.a. das Thema Tiefgarage im Kapuzineranger aufgeworfen. Das Areal bleibt laut Pinggera Zone für öffentliche Einrichtungen mit Denkmalschutz. Er persönlich sei zwar gegen eine Tiefgarage im Kapuzineranger, aber es wäre falsch, den Rechtsstatus im Zuge des Entwicklungsprogrammes zu ändern.

Mehr Rad und Grün, weniger Auto und Asphalt

Alina Hager und Stefan Aufhauser vom Raumplanungsbüro Kommunaldialog aus Niederösterreich stellten Vorschläge, Anregungen und Visionen in den Bereichen Mobilität und Landschaftsplanung vor. Angedacht wird zum Beispiel ein durchgängiges Netz von Fuß- und Fahrradwegen im „Umweltverbund Mittelvinschgau“. Bestehende Buslinien seien gezielter an die Bahn anzupassen, neue Linien ins Auge zu fassen. Für Schlanders z.B. wurde eine Shuttle-Verbindung bis zur Jausenstation Haslhof am Nördersberg angeregt. Das große Ziel aller Bemühungen in punkto Mobilität soll es sein, den Gebrauch des Autos zurückzudrängen, sowie die Rad- und Fußmobilität zu fördern. Zu den Schwerpunkten der künftigen Landschaftsentwicklung zählen mehr Grünflächen und Bäume in den Ortszentren, ökologische Aufwertungen der Landschaft, nach Möglichkeit auch auf intensiv genutzten Flächen, Entsiegelung von Straßenräumen, Anpassungen an den Klimawandel und viele weitere Maßnahmen.

Bürgerversammlung am 24. Oktober

Bei der Bürgerversammlung, die am 24. Oktober um 19 Uhr im Kulturhaus in Schlanders stattfindet, wird der Entwurf des Entwicklungsprogramms öffentlich vorgestellt. Bis dahin soll auch das bezirksweit erarbeitete und an die Gemeinden angepasste Tourismuskonzept vorliegen. Im Anschluss an die Vorstellung und Diskussion werden die Experten auch für persönliche Fragen zur Verfügung stehen. Das weitere Prozedere sieht vor, dass die Programme im Dezember den Räten der 4 genannten Gemeinden zum ersten Mal zur Abstimmung vorgelegt werden. Im Anschluss daran sind die zuständigen Landesstellen am Zug, in erster Linie die Landesraumordnung. Ist die Phase der Begutachtung überstanden, steht den Gemeinderäten die zweite und endgültige Beschlussfassung ins Haus. Ob es gelingt, das Prozedere noch vor den Gemeindewahlen, die am 4. Mai 2025 stattfinden, über die Bühne zu bringen, bleibt abzuwarten.

Josef Laner
Josef Laner

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