Digitales Unbehagen im Rat
Letzte Ratssitzung 2020, aber sicher nicht letztes Wort der Neuen Bürgerliste
Partschins - Zum Jahresende musste Bürgermeister Luis Forcher „leider Gottes“ seinen Gemeinderäten eine weitere Videokonferenz zumuten. Am 29. Dezember hatten 10 Räte der SVP, 4 der Neuen Bürgerliste (BL) und zwei der Freiheitlichen (F) 17 Tagesordnungspunkte zu besprechen, zur Kenntnis zu nehmen oder zu beschließen. Einen ersten Block von sieben Punkten hatte die Neue Bürgerliste (BL) Partschins Rabland Töll mit drei Anfragen und drei Beschlussanträgen gestaltet. Bei der Genehmigung des Protokolls gab es ein kurzes Scharmützel, als Johannes Tappeiner (BL) Lücken in der Niederschrift beanstandete. Benjamin Schupfer (BL) wollte geklärt wissen, ob das ein Ergebnis- oder ein Wortprotokoll sei. Laut Artikel 11 der Satzung sei es ein Ergebnisprotokoll, entgegnete Sekretär Hubert Auer. Mit einer der drei Anfragen, alle datiert mit 18. November, griffen die Vertreter der BL in die Vergangenheit zurück und wollten wissen, was den Gemeinderäten der Südtiroler Freiheit und der Freiheitlichen auf ihren Beschlussantrag vom 28. August 2019 zur „Teilweisen Reduzierung der Abwassergebühr“ geantwortet worden sei. Es stellte sich heraus, dass es nie einen Beschlussantrag gegeben hatte. Mit der 2. Anfrage wollte die BL „in Vertretung vieler Bürger“ den Stand der Verhandlungen betreffend „Zugang zum Wasserfall“ wissen. Ob Pläne zur Kanalisierung vorliegen, wann diese umgesetzt würden und wie der Verkehr zum „Hotspot Wasserfall“ (Ort großer Anziehungskraft) geregelt werde. Auch dazu fielen die Antworten knapp aus. Der neue Ausschuss setze die Verhandlungen fort, hieß es. Zur Kanalisation bestehe eine Machbarkeitsstudie. Das Thema Verkehr werde in die Verhandlungen mit aufgenommen. Die 3. Anfrage wies auf „Gefahren durch verfallende Gebäude am Sonnenbergweg“ hin. Konkret wurden der „Sagbauer“ und das „Festl-Haus“ angesprochen. Bürgermeister Forcher ließ schriftlich mitteilen, dass „ein Lokalaugenschein durchgeführt und in Folge die notwendigen Maßnahmen gesetzt“ würden.
„Wir sollten mal mutig sein“
Nicht getan war es mit knappen Antworten bei den Beschlussanträgen. Zentrales Thema war die von allen Seiten beschworene „Transparente Gemeinderatsitzung“, die schon vor einem Monat als Beschlussantrag vorgelegt worden war, zu Diskussionen geführt hatte und abgelehnt worden war. Die fünf Räte der BL jedoch hielten die Suppe am Dampfen und schlugen vor, 1. die Gemeinderatssitzungen digital in Wort und Bild zu übertragen („live streaming“); 2. eine Verordnung auszuarbeiten und zu verabschieden, welche die Live-Übertragungen von Sitzungen regle; 3. die Live-Übertragungen spätestens mit März zu beginnen. Inhaltlich zielte auch der Beschlussantrag „Sitzungsprotokolle“ auf dasselbe Anliegen. Das Ringen um Transparenz dauerte fast zwei Stunden. Schon zum 1. Antrag gab es 20 Wortmeldungen, davon gingen fünf auf das Konto der SVP, zwei kamen von den Freiheitlichen und der Rest von der Bürgerliste. Laut Jutta Pedri, Benjamin Schupfer und Johannes Tappeiner (alle BL) seien nun alle rechtlichen Bedenken ausgeräumt. Referent Ulrich Schweitzer hielt dagegen, dass eine Musterverordnung des Gemeindenverbandes abzuwarten sei. Pedri forderte alle Gemeinderäte auf, sich zu äußern. Sabine Zoderer (F) fand die Live-Übertragung „eine tolle Idee“, war aber gegen die Speicherung von Videoprotokollen. Schupfer und Pedri drängten darauf, aktiv zu werden: „Wir sollten in dieser Sache mal mutig werden und Vorreiter sein!“ Schweitzer beharrte beim Warten auf die Musterverordnung des Gemeindenverbandes. Tappeiner sprach von Ausreden und konnte das Zögern nicht verstehen. BM Forcher wollte wissen, wie man damit umgehen solle, wenn sich ein Ratsmitglied nicht filmen lassen wolle. Um nicht bis ins Unendliche diskutieren zu müssen, möge man eine Arbeitsgruppe bilden, meinte Zoderer.
Gegen Hau-Ruck-Aktionen
Bürgermeister Forcher, die Referenten Schweitzer und Jasmin Ramoser waren gegen Hau-Ruck-Aktionen und wollten Sekretär Auer mehr Zeit einräumen sich einzuarbeiten. Tappeiner stellte um 19.50 Uhr bereits 30 Bürger*innen fest, die die Sitzung online verfolgten. Schupfer machte aufmerksam, dass derzeit ohnehin jeder Mitschnitte und Aufnahmen machen könne. Nicht weniger lebhaft war die Diskussion oder genauer das Auftreten der Bürgerliste zum Punkt „Veröffentlichung von Gemeinderats- und Kommissionsprotokollen“. Während Pedri damit eine Aufwertung der Kommissionen erreichen wollte, warnten Karl Moser, Regina Österreicher (beide SVP) und Schweitzer vor zu frühem Offenlegen von Diskussionsbeiträgen. Schweitzer prägte den Begriff „Ideenschmiede“ für die Arbeit der Kommissionen, wobei Ideen sich entwickeln oder sich ändern können. In einem Protokoll aufzuscheinen könnte sich fatal auswirken. Der Beschlussantrag „Transparente Gemeinderatsitzung“ wurde mit 10 von 16 Stimmen abgelehnt. Sieben Räte waren auch gegen die Veröffentlichung von Protokollen, sechs konnten sich das vorstellen. Drei enthielten sich der Stimme. Dass die Neue Bürgerliste ihren Feldzug gegen die Intransparenz fortsetzen und in dieser Angelegenheit aktiv bleiben werde, versprach selbstbewusst Wortführerin Jutta Pedri. Sie freue sich auf noch mehr Beschlussanträge. Mit dem 3. Antrag – „Umgestaltung der Bushaltestelle beim Tourismusbüro Rabland“ - hatte die BL bürgernah und fotografisch dokumentiert den Finger auf unhaltbare Zustände an der Bushaltestelle in Rabland, Fahrtrichtung Meran, gelegt. Im Laufe der Debatte meldete sich bei Sabine Zoderer ein Sponsor für den Umbau der Haltestelle. Der Antrag wurde mit neun Stimmen angenommen. Drei Räte enthielten sich. Referenten und Bürgermeister nahmen ihn nicht an und begründeten, dass man die Haltestellen auf beiden Straßenseiten verbessern wolle, wofür aber vieles erst geklärt werden müsse. Man sei auch nicht imstande, innerhalb Februar schon die Arbeiten auszuführen, wie im Beschlussantrag vermerkt.