Stefan Thanei wechselt zum Skicross
Publiziert in 19 / 2012 - Erschienen am 16. Mai 2012
Burgeis - 2004 feierte Stefan Thanei sein Weltcupdebüt bei der Abfahrt in Chamonix. Seitdem war der Burgeiser konstant im Weltcupzirkus vertreten. Seine größten Erfolge waren sicher die WM-Teilnahme in Val d’Isere und der achte Platz bei der wohl schwersten Abfahrt der Welt in Kitzbühel. Nach seinem Waden- und Knöchelbruch am Ende der Saison 2009/10 schaffte Stefan den Anschluss an die absolute Weltspitze nicht mehr.
Während der heurigen Wintersaison, die für ihn alles andere als zufriedenstellend verlief, fasste er den Entschluss, etwas Neues zu probieren, um den Spaß am Skifahren wiederzuentdecken. Ab nächster Saison wird er nun fix im Skicross-Weltcup an den Start gehen. Seine Visitenkarte gab er dabei bereits mit dem überraschenden Gewinn bei den heurigen Italienmeisterschaften in seiner neuen Disziplin ab.
„Der Vinschger“: Was hat dich bewogen, auf Skicross umzusteigen?
Stefan Thanei: Im vergangenen Winter konnte ich nur noch alleine oder zusammen mit der Forstwache trainieren und versuchen mich so über den Europacup wieder für den Weltcup zu qualifizieren. Aufgrund von Schneemangel gingen die ersten Europacuprennen erst Anfang Jänner über die Bühne. Ich hatte also genug Zeit, über meine aktuelle Situation nachzudenken. Dann bin durch einen Mannschaftskollegen, der ebenfalls zur Forstwache gehört, zum Skicross gekommen. Damit hatte ich nun sozusagen eine Art Alternative, sollte es mit meiner Rückkehr in den Weltcup nichts mehr werden. Mein erstes Skicross-Rennen bestritt ich Innichen, um zu sehen, ob mir diese Art Ski zu fahren auch wirklich zusagen würde.
Was waren deine ersten Erfahrungen im Skicross?
Ich war gleich sehr beeindruckt. Die Pisten beim Skicross sind komplett anders, die Läufe ähneln einer kleinen Abfahrt. Es sind zahlreiche Sprünge und Buckel eingebaut und man hat vom Start bis ins Ziel den Kampf Mann gegen Mann. Nachdem es im Ski Alpin für mich keine realistischen Chancen mehr gab, verlor ich auch langsam aber sicher jede Motivation, mich noch einmal durchzubeißen. Das soll nicht heißen, dass mir der Alpine Skisport an sich nicht mehr gefallen hat, ganz im Gegenteil. Ich wollte aber nicht die nächsten Jahre damit verbringen im Europacup herumzufahren, sondern ein neues Kapital aufschlagen. Daher legte ich mein Hauptaugenmerk darauf, bis zum Saisonende möglichst viel Rennpraxis im Skicross zu sammeln. Bei meiner ersten Teilnahme an einem Europacuprennen in Deutschland wurde ich auf Anhieb guter Zwölfter, danach versuchte ich einfach bei Wettkämpfen Punkte zu ergattern. Weitere kleine Achtungserfolge waren der zweite Rang bei den Österreichischen Meisterschaften, Platz sechs bei den Tschechischen Meisterschaften und auf Anhieb überraschenderweise auch der Italienmeistertitel.
Was sind nun deine weiteren Ziele?
Ich wurde für die nächste Saison fix in die italienische Weltcupmannschaft für Skicross einberufen und kann mich nun ganz in Ruhe auf diese neue und interessante Aufgabe konzentrieren. Ich mache nichts lieber als Sport und das natürlich auch auf hohem Niveau. Da Skicross seit 2010 auch olympisch ist, gibt es tolle Perspektiven. Daher wäre es mein Traum, bei den Olympischen Spielen in Sotschi an den Start zu gehen. Zuvor werde ich aber probieren, mich für die WM im nächsten Winter zu qualifizieren. Sollte ich in dieser Sportart wirklich Fuß fassen, wären die legendären X Games in Aspen natürlich ein Highlight.
Was macht den Reiz dieser Sportart aus?
Es ist einfach eine Menge Action dahinter. Die große Faszination für mich als Athleten liegt unter anderem darin, dass man jederzeit weiß, wie man im Rennen liegt. Liegst du in einem Lauf in Front, dann kannst du dieses Rennen einfach in vollen Zügen auskosten und genießen. Man bekommt einen extremen Adrenalinschub. Liegt man hinten, dann kann man im Verlauf des Rennens immer noch versuchen, sich an die erste Stelle heranzupirschen. Im alpinen Skisport hingegen weißt du eigentlich immer erst im Ziel, wie es einem ergangen ist. Die Herausforderung, zu viert über eine schnelle Piste zu fahren, ist sehr groß. Mit zunehmender Rennpraxis lernt man auch im Kampf Mann gegen Mann ständig dazu. Was das Skifahren selbst anbelangt bin ich sicher ganz vorne mit dabei. Was ich aber noch verinnerlichen muss, ist der Start, der beim Skicross auch über Sieg oder Niederlage entscheidet. Ich werde daher den Sommer dazu nutzen, um diese Defizite auszumerzen und an der Starttechnik zu feilen. Während man im alpinen Skisport das Tempo vor allem in den Kurven macht, beschleunigt man im Skicross über die Wellen und Sprünge. Ich habe nun wieder große Ziele vor Augen und werde alles in die Waagschale legen, um diese dann hoffentlich auch zu verwirklichen.
Interview: Rudi Mazagg

Rudi Mazagg