„Raiter“

Publiziert in 19 / 2011 - Erschienen am 18. Mai 2011
Es gibt Wörter, die weder außergewöhnlich klingen, noch auf den ersten Blick den Eindruck vermitteln, eine besondere Bedeutung zu besitzen. „Raiter“ ist so ein Fall. Wäre mit dem Wort lediglich ein Mensch hoch zu Ross gemeint, würde man es vielleicht eher in einem Rechtschreibwörterbuch nachschlagen und wohl kaum im Zusammenhang mit dia­lektalen Ausdrücken erwähnen. Doch hinter „Raiter“ steckt wesentlich mehr. Zum Beispiel die Pallnraiter, das große, runde Sieb zum Trennen von Heu und Heublumen. Sieht man es jedoch auf ein Stadeltor oder auf eine Straße gemalt, so wird man Zeuge eines alten Brauchs. Belegt ist dieser zum Beispiel für Schlinig, aber auch für andere Vinschger Orte und sogar für Pfunds im Oberen Gericht. Es war am Vorabend einer Hochzeit üblich, eine stilisierte Raiter an das Tor des Stadels oder auf die Straße vor dem Heimathaus der Braut oder des Bräutigams zu malen. Oft ist dies mit Teerfarbe geschehen und ebenso oft wurde zusätzlich mit Pfeilen oder Sägemehl die Richtung der Verflossenen angegeben. Wahrscheinlich wollte man damit ein symbolisches Aussieben im Zuge der Partnerfindung andeuten. Viel Bedeutung für ein einfaches Wort. Und wenn einem nichts mehr einfällt, wie mir jetzt gerade, dann ist das nicht viel mehr als „a Furz in dr Raiter“. Und ich hoffe, dass deshalb niemand „räart wi‘a rinnete Raiter“. z
Christian Zelger
Christian Zelger

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