Sulden
Publiziert in 4 / 2005 - Erschienen am 3. März 2005
[K] Fotos: Florian Peer, Text: Andrea Perger [/K]
[F] Vom Bergbauerndorf zur Tourismushochburg [/F]
Ortsnamensbedeutung: Erstmals urkundlich erwähnt 1304 als "Sulden", Mundart: "Suldn", amtl. ital. Name: "Solda". Entweder aus dem lateinischen "solidus" mit der Bedeutung "Brachland, unbebautes Land" oder aus dem lateinischen "soldus", "Münze", also "Gebiet, für das eine bestimmte Steuer zu bezahlen ist".
Quellen: "Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte" von Egon Kühebacher 1991
"Vinschgau" von Josef Rampold, Auflage 1997
"Sulden" von Josef Hurton, 2004
"Die Bergführer von Sulden und Trafoi, Legende und Geschichte" von Andrea Kuntner 2004
[F] Historisches [/F]
Wie die meisten Hochtäler des Vinschgaus wurde auch das Suldental relativ spät zur Dauersiedlung. Erst etwa um 1100 nach Christus ließen sich hier Bauern endgültig nieder. Ursprünglich verirrten sich nur Jäger, vor allem im Herbst in dieses Hochland. Später, als die Bevölkerung in der Talsohle ständig wuchs und somit das Weideland gebraucht wurde, diente Sulden als Alm. Durch seine flache Struktur war es hierzu weit besser geeignet als die Gegend um Außersulden. Nach den Hirten kamen die Bergleute, die um Sulden das begehrte und wertvolle Eisenerz abbauten, sowie die Holzarbeiter. Das Brennmaterial wurde unter anderem für die Schmelzöfen in Prad, Stilfs und Sulden gebraucht, in denen das Eisenerz verhüttet wurde. Um 1100 ließen sich Bauern dauerhaft in Sulden nieder. Hier erhielten sie von Seiten des Landesfürsten, der die Besiedelung des Hochtales zur Erweiterung seines Einflussbereiches förderte, Grund und Boden als Lehen. Dass im dichter besiedelten Talboden immer wieder Epidemien wie die Pest ausbrachen förderte zudem die Besiedelung der abgeschiedenen Hochtäler. Aber selbst nach Errichtung der Dauersiedlung blieb Sulden noch lange Zeit recht abgeschieden, es war nur über einen Saumpfad erreichbar. So beschwerten sich 1825 Bauern aus Sulden über den schlechten Zustand des Weges, den man mit einem Pferd nicht passieren konnte. Erst 1892 wurde die erste befahrbare Straße fertig gestellt und im Zuge dessen die erste Postverbindung nach Sulden eröffnet. 1936 kam das erste Telefon in das Suldner Postamt.
Einen dunklen Teil der Geschichte von Sulden und Umgebung markieren die hier erbittert geführten Kämpfe während des Krieges. Hier wurde nicht nur gegen den Feind, sondern gerade gegen die Naturgewalten, die Kälte, den Hunger, die Verzweiflung, kurz der Kampf ums Überleben, ausgetragen. Unvorstellbar, was hier Soldaten erlitten und ertrugen. In einem Bericht ist zu lesen: "Oft mussten sich die Leute etwa alle 10 Minuten gegenseitig auf erfrorene Körperteile genau kontrollieren[…]", oder "Man fühlt sich hier oben von der Welt abgeschnitten."
[F] Dorfzahlen [/F]
Verzeichnete der Tourismusort in der Wintersaison 1971/72 66.037 Nächtigungen, so waren es in der Wintersaison 2002/03 201.884. Die Wintersaison mit den meisten Nächtigungen war jene von 1994/95 (203.117), der Großteil der Gäste stammen aus Deutschland (ca. 62 %) und Italien (30%).
[F] Dorfleben [/F]
Die einstige bäuerliche Bevölkerung in Sulden führte ein karges und von Entbehrungen gezeichnetes Leben im abgelegenen Hochtal, das nur über einen unwegsamen Pfad erreichbar war. Der erste Wagen kam erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach Sulden. Vorher musste jede Last auf den Rücken eines Pferdes gebunden werden. So wurde auch die Heuernte eingefahren. Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass Sulden nur eine Anhäufung einzelner Höfe war. Heute begegnet uns ein völlig verändertes Dorfbild. Sulden ist gezeichnet vom Hightech der Superlative, unzählige Touristen strömen das ganze Jahr über in das einst so verlassene Hochtal. Entbehrungen gibt es heute keine mehr, das Tal ist gut erschlossen, der Tourismus ein sicheres finanzielles Standbein. Sulden ist beliebt bei seinen Gästen. Alle Altersgruppen, Gesellschaftsschichten und beinahe alle Nationen sind vertreten. Doch über diese Moderne hinaus versuchen die Suldner, den ursprünglichen Charakter ihres Dorfes zu wahren. In Sulden setzte der alpine Tourismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Die Hochlage und die beeindruckende Bergwelt um Sulden begünstigten das Einsetzen des Fremdenverkehrs. Die ersten Besucher im Suldental waren Forscher und Alpinisten wie der Pionier Julis Payer. Die Gäste von heute werden nach wie vor von der einmaligen Bergkulisse angezogen. Die Ortlererstbesteigung jährte sich 2004 zum 200sten. Mal, zahlreiche Bücher erschienen zu diesem Thema und ein regelrechter Run auf den "höchsten Spiz im ganzen Tyrol" (Peter Anich 1765, Kartograph) setzte ein. Wobei heute kundige Führer und Hightech die Besteigung um vieles erleichtern. Trotzdem bleibt eine Ortlerbesteigung eine alpine Hochleistung, zumal der Mensch hier den Naturgewalten unterworfen ist.
Die Sektion Sulden des Weißen Kreuzes wurde 1974 gegründet und zählt um die 45 Freiwillige Helfer und Helferinnen, sowie 2 Angestellte. Im Jahr 2002 konnte der Dienst den Sitz im neu errichteten Zivilschutzgebäude beziehen.
Die Freiwillige Feuerwehr besteht in Sulden seit 1965. Ihr Haupteinsatzgebiet liegt in der Hilfe bei Lawinen, Vermurungen und dergleichen. Im sozialen Leben des Dorfes spielt die Feuerwehr eine große Rolle, so organisiert sie jährlich mehrere Veranstaltungen.
Für Sulden ebenfalls von großer Bedeutung ist der Berg-rettungsdienst, der jährlich einige Einsätze zu bestreiten hat. Gemeinsam mit Lawinensuchhunden haben die Helfer bereits einige Leben gerettet, Extrembergsteiger Messner beschreibt sie als "unverzichtbare Notwendigkeit" und lobt den Dienst. In Sulden werden jährlich professionell Lawinensuchhunde ausgebildet, deren feiner Geruchssinn bei der Suche nach Vermissten und Verschütteten unbezahlbar ist.
[F] Wanderung [/F]
Sulden lockt jährlich eine Schar von Wanderern an. Das Dorf ist Ausgangspunkt einer ganzen Reihe von Routen, deren Schwierigkeitsgrad stark variiert. Von der Gipfeltour für Routinierte bis zur Familienwanderung empfiehlt sich das Bergdorf. Interessantes Informationsmaterial dazu ist im Tourismusbüro erhältlich, auch in Wanderbüchern taucht Sulden regelmäßig auf. Informieren Sie sich und besuchen Sie die Bergwelt, die seit Generationen Alpinisten fasziniert.
[F] Vorschau:
17.03.05 - Taufers i.M. [/F]
Andrea Perger