Abhaken und nach vorne schauen
VI.P-Direktor Sepp Wielander

„Hoffentlich bleibt es bei diesem einen Jahr“

Publiziert in 37 / 2015 - Erschienen am 21. Oktober 2015
VI.P-Direktor Sepp Wielander: „Nach miserablen Preisen für die Apfelernte 2014 gilt es jetzt trotz allem nach vorne zu schauen.“ Die Erntemenge 2015 ist zufriedenstellend. Die Qualität und die inneren Werte sind gut. der Vinschger: Herr Wielander, in einem Gespräch, das Sie im heurigen Sommer mit unserer Zeitung führten, haben Sie festgestellt, dass die Auszahlungspreise für die Apfelernte 2014 sicher nicht als zufriedenstellend zu bezeichnen sind. Waren die Erlöse tatsächlich außergewöhnlich gering? Sepp Wielander: Ja, das war tatsächlich so, teils sogar noch schlimmer als wir im Frühjahr gedacht hatten. Die Preise sind nun einmal miserabel, ohne schwarz zu malen, und wir können nur hoffen, dass es bei diesem einen Jahr bleibt. Dabei hilft es uns auch nicht zu wissen, dass wir im Vergleich zu allen anderen Regionen Europas besser liegen. Fakt ist: um fortschrittlichen Obstbau betreiben zu können, müssen wir Gewinne machen, wenn auch kleine, und nicht rote Zahlen schreiben. Ob die Bilanz für die Bauern stark oder weniger stark „rot“ gefärbt ist, ist hier nicht die Frage. Abhaken und nach vorne schauen, das ist jetzt die Devise. Wir haben bereits die neue Ernte mit einer anzunehmenden besseren Ausgangsposition im Blickfeld. Was muss sich ändern, damit die Preise wieder steigen? Sobald das Angebot die Nachfrage übersteigt, ist man eigentlich hilf- und machtlos. Bei ausge­glichenen Verhältnisse haben wir Waffen, sprich Argumente genug, aber sobald die negative Psyche des Überangebotes Überhand nimmt, ist die gesamte Branche in allen Ländern beim betreffenden Produkt wie gelähmt. In diesem Falle wäre der einzige Schritt, den Markt europaweit so zu regulieren, dass das Überangebot nicht zum Frischmarkt gelangt. Aber dazu fehlen die notwendige Lobby, die Courage und die gesetzlichen Voraussetzungen. Denn Preisabsprachen bzw. jedes gemeinsame Handeln, das den Konsumenten willkürlich höhere Preise abverlangt, ist strengstens verboten.                                                    Die Ernte 2015 ist so gut wie „im Scherm“. Im Vorjahr belief sich die Gesamtmenge im Einzugsgebiet der VI.P auf ca. 350.000 Tonnen. Wie viele Tonnen wurden heuer von den Bäumen geholt? Wir im Vinschgau haben im Vergleich zu manchen anderen Regionen dieselbe gute Menge des vergangenen Jahres geerntet, also erneut 350.000 Tonnen. Damit können wir sicherlich zufrieden sein. Wie sieht es mit der Größe und inneren Qualität der neuen Ware aus? Die gesamte Qualität kann zweifelsohne als gut bezeichnet werden, und zwar von der Größe und Farbe her bis hin zu den inneren Werten. Wie hoch ist der Anteil der Bio-Ware und wie groß ist die Nachfrage nach Bio-Äpfeln? Der Anteil  beträgt rund 8% an der Gesamternte mit steigender Tendenz. Heute wie heute stehen wir ziemlich genau im Einklang mit leicht steigender Nachfrage einerseits und steigenden Produktionsmengen andererseits. Setzt sich der Trend, bei neuen Anpflanzungen vermehrt auf rote Sorten zu setzen und weniger auf Golden Delicious, weiterhin fort? Ja. Diese Botschaft ist eindeutig bei allen angekommen und wird nicht nur wahrgenommen, sondern auch umgesetzt. Wie stark hat sich im Vinschgau bisher der Anteil der Clubsorten entwickelt? Gibt es in diesem Bereich noch Potential? Wenn man sich die vergangenen drei Jahre vor Augen führt, kann man eindeutig erkennen, dass sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um an Clubsorten heranzukommen. Somit wurden mittlerweile bei Kanzi, Ambrosia und Envy die uns zur Verfügung stehenden Mengen auch angepflanzt. Aber das Sortenkarussell dreht sich weiter und wir werden gemeinsam mit dem gesamten Südtiroler Netzwerk nichts unversucht lassen und jene Sorten, dies sich für unser Tal eignen, auch für die Anpflanzung empfehlen. Und der Bauer wiederum wird diese Empfehlung mit Zuversicht aufnehmen. Im Vinschgau haben sehr viele Obstbauern auf neue Techniken umgestellt, um die Abdrift zu vermindern. Es wurden neue Geräte gekauft bzw. bestehende umgerüstet. Nach Angaben des Südtiroler Apfelkonsortiums kommt die neue Technik im Vinschgau auf 85% der Anbauflächen zum Einsatz. Werden auch die restlichen 15% folgen? Es liegt heute schon auf der Hand, dass wir, wenn nicht schon in einem Jahr, dann spätestens in zwei Jahren zu 100% umgestellt haben werden. Diese Maßnahme wird von allen für vernünftig und zukunftsorientiert empfunden. Die Dauer von 2 Jahren ist aber verständlich, da dies auch mit Investitionen verbunden ist und somit im eigenen Haushalt eingeplant werden muss. Seitens der VI.P wurde und wird immer wieder darauf gepocht, dass man gegen „schwarze Schafe“ in den eigenen Reihen streng vorgehen möchte. Gibt es Bauern, die sich nicht an die neuen Richtlinien zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln halten bzw. wird tatsächlich kontrolliert? Mir ist vorläufig kein absichtliches Vergehen bekannt. Die angekündigten Kontrollen werden klarerweise tatsächlich durchgeführt. Nehmen wir einmal an, dass es in der Gemeinde Mals tatsächlich zum Verbot bestimmter Pflanzenschutzmittel kommt: was raten Sie jenen, die im Gemeindegebiet von Mals konventionellen Apfelanbau betreiben? Diese Frage habe ich mir schon erwartet. Erstens gehe ich nicht davon aus, dass irgendjemand die von der EU und vom Staat zugelassenen Pflanzenschutzmittel verbieten kann. Und nicht zugelassene Mittel werden ohnehin nicht verwendet. Die Bezeichnung „bestimmte Pflanzenschutzmittel“, so wie von Ihnen angedeutet, bezieht sich normalerweise ohnehin nur auf die nicht zugelassenen und somit ist die Frage eigentlich hinfällig. Sollte so ein Beschluss wider Erwarten tatsächlich wirksam werden, dann wird es wohl so sein, dass sich ein jeder Bauer, der integriert anbaut oder Bio-Bauer ist, sich diese „ bestimmte Mittelliste“ ansehen muss, um daraus die Schlussfolgerung ziehen zu können, wie es mit der Produktion von Obst und Gemüse auf seinem eigenen Hof weitergehen soll und kann. Noch einmal zurück zum Thema Vermarktung.: wird es erneut schwierig werden, die Ernte abzusetzen? Ich denke, dass wir heuer schon andere Voraussetzungen haben als im letzten Jahr. Wir haben  weniger Äpfel in Europa , die europäische Konjunktur scheint sich etwas zu beleben und die Ware im Vinschgau wird mit fortschreitender Saison haltbarer sein als jene der Talsohle, wo man mit dem Abverkauf auf Grund des heißen Sommers zügiger vorankommen muss. In Schlanders wurden am 17. Oktober die ersten Apfelwochen eröffnet. Die VI.P trägt diese Initiative mit. Was verspricht sie sich davon? Ich sehe dabei nicht, dass wir ein Geschäft machen können, nein bei Gott nicht. Wir wollen einfach unter Beweis stellen, dass die Obstwirtschaft zum Vinschgau und somit auch zu Schlanders gehört und dass der Bevölkerung und den Besuchern allgemein nahe gebracht wird, welch gute Lebensmittel der Obstbauer zu produzieren im Stande ist. Um zu zeigen, mit welch hoher Technologie die Verarbeitung der Äpfel erfolgt, wurde auch ein Besuch der GEOS mit eingeplant. Interview: Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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