Vinschger Skigebiete: späte Erlösung
Publiziert in 31 / 2006 - Erschienen am 13. Dezember 2006
Sie warten und zittern seit Wochen und die meisten haben auch nach den 25-40 Zentimetern Neuschnee vom 8. auf den 9. Dezember noch nicht ausgezittert. Es geht um die sprichwörtliche Wurst, es geht ums Weihnachtsgeschäft. Eigentlich hält man weniger nach Schneewolken Ausschau, sondern hofft ganz einfach auf Minusgrade. In der Ortler-Ski Arena mit sieben Gebieten im Vinschgau blickte man seit Wochen aufs Thermometer, hörte sich Wettermeldungen an und suchte im Internet erwartungsvoll nach Kaltlufteinbrüchen. Nicht wenige haben sich im meteorologischen Lexikon kundig gemacht und nach einer Definition des Begriffes Inversion bemüht, jenem Wetter–phänomen, das im Tal zu Minus- und in der Höhe zu Plusgraden führt. Die gesamte Armada an Schneekanonen war in den meisten Skisportzentren bis zum Feiertag Maria Empfängnis am 8. Dezember nur in wenigen Nächten, ja teilweise nur über Stunden im Einsatz.
Im „Skiparadies mit Naturschnee“: Am härtesten haben die Wetterkapriolen wohl im Skigebiet Sulden zugeschlagen. Dort musste nicht nur der „1. Finstral-Slalom“ abgesagt werden, es entfielen auch die „Skispass-Woche“ und das „Board-Weekend“ mit Ein–weihung des neuen „Funparks“. Sogar die über 3.000 Meter hoch gelegenen Pisten am Madritschjoch hatten geschlossen. Einzig am Kanzellift schafften es eingefleischte Skisportanhänger, trotzdem dem Skivergnügen nachzugehen – sogar nach drei Regentagen.
Tief drinnen im Tol: Eher gelassen sah man es am Freitag, 8. Dezember an der Talstation von Maseben in Langtaufers. Im kleinsten Skigebiet der Ortler Ski Arena hatte man immer schon die Absicht, erst um Weihnachten zu eröffnen. Die Wirtsleute im Gasthof Weißkugel und deren einziger Gast machten sich wenig Sorgen um die trüben Aussichten an der Talstation mit Regen und plus 1,5°C; sie werden mit erneuerten Liftanlagen zum „Christkindl“ starten.
Der Wetterscheide am nächsten: Wenn es in Schöneben ein Problem gab, dann weniger wegen der 3,5 Plusgrade am 8. Dezember an der Talstation, sondern wegen der „vermaledeiten“ Telefon- und Internetverbindungen. Eine Stunde lang hatte Alfred Plangger vergebens versucht, die Service-Nummer der Telekom anzuwählen. Was die Eröffnung am 16. Dezember angeht, sehe er keine Probleme. Sprach’s und stellte am PC-Bildschirm die aktuellste „Web-Cam-Aufnahme“ ein. Ein völlig verschneiter oberer Abschnitt war zu sehen. „Wir sind begünstigt, bei uns war es etwas kälter als bei unseren Mitbewerbern und wir konnten dadurch auch entsprechend beschneien“.
Die Alm für Familien: Der Chef der Haider-Alm AG, Alfred Waldner, hatte gerade seine Pizzeria eröffnet und als Koch nicht sehr viel Zeit, sich trüben Gedanken hinzugeben. Bei plus 4,5° C, bei Wind und Regen und einer braunen Abfahrtspiste vor Augen hätte er Gründe genug gehabt, aber die drei Mailänder Paare mit Kindern, die zu „San Ambrogio“ im Vinschger Oberland den Schnee suchen wollten, hatten gerade zu einem üppigen Mittagsmahl angesetzt. Zu überlegen sei es schon, ob am 16. Dezember geöffnet werden könne, meinte Waldner. „Wenn die Abfahrt nicht befahrbar ist, wird es schwierig.“
Einfach Watles: An der Talstation des Skigebiets Watles auf 1.750 Metern über dem Meer zeigte die Quecksilbersäule am 8. Dezember 4 Wärmegrade an. Aus dem Nebel ragten die Reste eines Beschneiungsversuches am unteren Ende der Talabfahrt. Drei Schneekanonen starrten untätig ins graue Nichts. Zwei Mitarbeiterinnen machten sich zögernd daran, den Iglu zum 16. Dezember eröffnungswürdig zu gestalten. Präsident Fritz Raffeiner versprach mit fester Stimme: „Am 16. wird eröffnet, wie immer.“
Im Reich der Gletscher: Der Geschäftsführer der Schnalstaler Gletscherbahnen, Helmut Sartori, möchte nicht einen normalen Winter mit dem heurigen Saisonauftakt vergleichen, „...aber im Verhältnis haben wir gut gearbeitet. Die 15 Zentimeter der letzten Novembertage waren uns natürlich sehr willkommen.“ Derzeit habe es 25 Zentimeter Neuschnee im Tal; alle 12 Aufstiegsanlagen samt Rodelbahn seien in Betrieb.
Und bei den Nordischen: Während man im „Nordischen Skizentrum Schlinig“ den Italiencup zuerst verschieben und dann absagen musste, scheint man im Biathlon-Zentrum Martelltal haarscharf an einer Absage des Italiencups, am 15. Dezember vorbei geschrammt zu sein. Am Samstag, 9. Dezember, ab 10 Uhr fing es im Plimatal bis in tiefe Lagen ausgiebig an zu schneien. Das größere Problem für die Loipenbauer war aber bisher weniger der fehlende Schnee, sondern eher der ungefrorene Boden. Auch die Naturbahnrodler saßen auf Nadeln und mussten am Sonntag, 10. einsehen, dass der am 15. Dezember vorgesehene Welt-Cup-Auftakt auf der Gumpfrei-Bahn in Tarsch verschoben werden muss.
Günther Schöpf