Bürgermeister Karl Josef Rainer ist Arbeiten gewöhnt. Man sieht es seinem Schreibtisch an.

Tourismus als Motor und Sorgenkind im Schnalstal

Publiziert in 29 / 2014 - Erschienen am 27. August 2014
Die Verwaltungsperiode 2010-2015 neigt sich dem Ende zu. „Der Vinschger“ eröffnet die Interview-Reihe mit dem Bürgermeister der Gemeinde Schnals. Schnals - Bürgermeister Karl Josef Rainer erwähnt es immer wieder. Das Schnalstal sei eines der schönsten Hochtäler der Alpen. „Wenn man weit herumgekommen ist“, fügt er gern hinzu. Das hier folgende Gespräch drehte sich um den Tourismus und zwangsläufig um Kurzras, obwohl nur wenige der 1.293 Einwohner im Talschluss leben. Dass in diesem Interview Landwirtschaft, Kultur oder Handwerk kaum aufscheinen, darf man nicht dem Bürgermeister ankreiden. Die Schuld liegt beim Fragesteller und natürlich an der Tatsache, dass das Schnalstal und seine Wirtschaftszweige tatsächlich am Tourismus hängen. der Vinschger: Herr Bürgermeister, können Sie sich die Schlagzeile „Er hat sich erfolgreich für sein Tal eingesetzt“ erwarten? Sie haben sie sich 2010 gewünscht. Karl Josef Rainer: Eines kann ich ehrlich sagen, ich habe alles gegeben. Ein Programm zu 100 Prozent umsetzen, ist aber - glaub ich - noch keinem Bürgermeister gelungen. Nennen Sie ein Vorhaben, Projekt oder eine Maßnahme, auf die Sie besonders stolz sind! Dass ich fast alle Tage im Jahresablauf für die Gemeinde da war, für alle Bürger erreichbar, dass die Sprechstunden ausgeweitet, regelmäßig in allen Fraktionen Bürgerversammlungen abgehalten und die Anregungen der Bürger aufgegriffen wurden, erlaub‘ ich mir als Pluspunkte zu registrieren. Nennen darf ich auch die guten Kontakte mit der Landesregierung und mit deren Ämtern, es war für meine erfolgreiche Arbeit als Bürgermeister wichtig. Wo haben Bürger konkret mitreden können? Z.B. beim Tourismusentwicklungskonzept, dem TEK. Das war noch vor 2010. Beim Erstellen des Masterplanes für Kurzras konnten alle, die nur irgendwie mit dem Tourismus zu tun hatten, Vorschläge einbringen. Beim Bau der Kegelbahn war es der Sportverein, beim Bau der Kühlzelle die Jägerschaft. Das Projekt „Stille“ in ­Karthaus ging von der Leitbildgruppe des Kulturvereins aus. Dasselbe kann man zur Erweiterung des Vereinshauses und der Verlegung der öffentlichen WC‘s in Katharinaberg sagen. Das sind nur einige Beispiele. Seit 2010 sind auch in allen drei Fraktionen Leitbildgruppen tätig. Im TEK war die Rede von einer Aufbruchsstimmung, die das Tal brauche. Hat Ihre Verwaltung dafür gesorgt? Dass es die braucht, war mir immer bewusst. Der Tourismus ist Säule und Motor der Wirtschaft im Tale. Daher hab ich den Bereich auch zur Chefsache erklärt und als Ressort übernommen. Als Gemeindeverwaltung unterstützen wir den Tourismusverein kräftig. Ich versuchte bei allen Treffen und Diskussionen anwesend zu sein. Im Gemeinderat haben wir die Grundaussage getroffen, dass bei der Bettenzuweisung an neue Betriebe 4-Sterne-Qualität ­Voraussetzung sei. Wir haben auf meine Initiative drei Jahre lang am Masterplan für Kurzras gearbeitet. Keinen Einfluss hatten wir auf den Eigentümerwechsel bei der Gletscherbahn. Dann haben die Verwalter ihre Arbeit ja getan, aber ist es zu einer Aufbruchsstimmung gekommen? Ja, die hat sich eingestellt. Vor allem durch den Wechsel im Skigebiet. Viele haben gemeint, jetzt werden sie sofort steigen, die Nächtigungen. Aber um in Kurzras den Karren auf Vordermann zu bringen, braucht es Konzept, Zeit und Mittel. In die Hotellerie und in die Anlagen ist viel zu investieren. Deswegen ist der Masterplan „Kurzras“ ein Richtung weisendes Instrument zur nachhaltigen Weiterentwicklung dort und Verbesserung des Dorfbildes. Kurzras muss mehr den Charakter eines alpinen Sportdorfes bekommen. Was bedeutete der Besitzerwechsel für Sie persönlich? Es hat mich innerlich beruhigt. Es sind Einheimische zum Zug gekommen. Auch die Nachbarn in Nordtirol zähle ich dazu. Ich bin mir aber bewusst, dass sich nicht alles von heute auf morgen ändern kann. Wir Schnolser müssen dafür sorgen, dass die neuen Eigner den historischen Hintergrund des Seilbahnbaues bei der Weiterent­wicklung nicht aus den Augen verlieren. Die Bahn ist gebaut worden, um im Schnalstal Arbeitsplätze zu schaffen und die Abwanderung zu stoppen. Im Grunde geht es immer um dasselbe und deswegen ist uns Kurzras so wichtig. Haben die Athesia AG und die Schröcksnadel-Gruppe schon Konzepte und Projekte vorgestellt? Sie haben Arbeitern, Verbänden und interessierten Bürgern einen Fragekatalog vorgestellt. „Brainstorming“ nennt man so etwas. Was ich für sehr gut gefunden habe. Es war eine erste Orientierungsphase. Eine Fülle von Ideen ist aufgetaucht; manche haben sich natürlich überschnitten. Wenn die Gesellschaft das alles umsetzt, werden Athesia und Schröcksnadel viel Gutes getan haben. Sie möchten vor allem die vier, fünf Wochen Skilauf der Frühsommersaison einführen. Hochsommerskilauf kommt ja nicht mehr in Frage. Konkret steht das Projekt zur Erneuerung des Lazaunliftes. Mit dem Grund­besitzer sind Verhandlungen im Gange. An der Bergstation auf Grawand soll der Zugangsbereich für die Skifahrer neu gestaltet werden. Ausschau gehalten wird nach neuen Pistentrassen für die bestehenden Anlagen. Die Beschneiung soll ­flächendeckend werden. Es wird auch neue Hotelbetten brauchen. Also ist die Zeitungsmeldung, dass es ab Juni 2015 wieder Sommerskilauf geben wird, nicht korrekt? Hier ist der Frühsommer-Skilauf gemeint. Wie geht‘s mit den Betrieben weiter, die nicht Mitglieder des Tourismusvereines sind und keine Beiträge zahlen? Durch die Ortstaxe hat sich die Angelegenheit zum Teil geregelt. Aber schon vorher ist es uns gelungen, einen Kompromiss zu schließen. Die Hotelbetreiber haben für die Nutzung öffentlicher Strukturen durch ihre Gäste einen Beitrag entrichtet. Seit 1991 wird von einer Stagnation des Tourismus im Schnalstal gesprochen. Genau seit der Entdeckung des Ötzi. Also hat er, haben der archeoParc, die Zusammenarbeit mit Meraner Land und die ARGE Schnalstal wenig gebracht? Die Gründe sind vielschichtig. In erster Linie ist der Ausfall der Privatzimmervermieter nicht so ohne weiteres zu kompensieren. Dann natürlich der Rückgang des Sommerskilaufes und nicht zu vergessen die wirtschaftliche ­Situation. So haben die Übernachtungszahlen abgenommen. Leider war Ötzi kein Skifahrer, aber für den Bekanntheitsgrad und den Kulturtourismus war und ist er Gold wert. Sieht man die Statistik differenzierter, wird klar, dass das mittlere und äußere Schnalstal sehr viel durch den Wander- und Kulturtourismus dazu gewonnen haben. Das Thema Mountainbiker ist noch nicht so aktuell in Schnals. Wie ist es mit dem Bauprojekt „Explorer-Hotel“ in Kurzras weiter gegangen? Sie haben sich im Gemeinderat ja nicht durchsetzen können mit dem Anspruch, nur ein 4-Sterne Haus käme in Frage. Es ist still geworden, es hat sich nichts getan, man hat nichts mehr gehört. Persönlich kennen gelernt oder getroffen von der Kette habe ich niemand. Auch unter den Mehrheitseignern der Gletscherbahnen war das bis jetzt nie ein Thema. Aufgetaucht ist auch der Gedanke einer Fusion der Tourismusvereine Schnals und Naturns. Was steckt konkret dahinter? Es ist einmal angedacht worden, aber es gab nie konkrete Verhandlungen. Nützliche Formen der Zusammenarbeit gibt es aber durchaus. Noch einmal zurück zum Medienheld Ötzi. Wie steht es um die Erweiterung des archeoParc? Unser Bezugspunkt zum Ötzi und zur Urgeschichte ist der archeo­Parc. Dort sind wir auf gutem Wege, die Erneuerung bzw. Erweiterung konkret anzugehen. Der betroffene Grund ist ja im Besitz der Gemeinde. Dafür haben wir, und jetzt auch die Landesregierung, Geldmittel bereit bereitgestellt. Die Vernetzung archeoParc Schnals und „Archäologie Museum“ Bozen funktioniert sehr gut. Nun zur wichtigsten Frage. Steigt Karl Josef Rainer 2015 wieder in den „Bürgermeisterring“? Ich habe mich eingearbeitet. Ein fleißiger Ausschuss stand und steht mir zur Seite. Wir haben eine Menge laufender Projekte. Es warten viele Maßnahmen, die wir in naher und nächster Zukunft anzugehen haben. Da denk ich mir, es wäre gut für die Gemeinde, wenn da keine Unterbrechung kommen würde. Sicher wäre es schwierig, den Motor wieder neu zu starten. Zwar stehen wir noch einige Monate vor der Wahl, aber ich habe derzeit ein gutes Gefühl. Doch es sind auch die drei Fraktionen, die bei der Aufstellung der Kandidaten mitbestimmen. Interview Günther Schöpf
Günther Schöpf

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