Streitbeilegung ist in greifbarer Nähe
Publiziert in 31 / 2007 - Erschienen am 12. September 2007
Im so genannten „Vinschger Stromkrieg“, der seit fast 10 Jahren anhält, bahnt sich nun doch eine endgültige Streitbeilegung an. „Hoffentlich auch mit ‚Tiroler Handschlag’ zwischen allen Beteiligten“, gibt sich der noch immer etwas skeptische Grauner Bürgermeister Albrecht Plangger zuversichtlich. Einen großen Schritt weiter gekommen sei man mit dem Beschluss der Landesregierung vom 3. September. Die Landesregierung hat nämlich das neue Auflagenheft zur Reschenstausee-Konzession, in dem unter anderem auch die Umweltmaßnahmen verankert sind, im Sinne der acht Anrainergemeinden genehmigt. Die Landesregierung hätte die Konzessionsverlängerung und das Auflagenheft bereits eine Woche vorab genehmigen sollen. Weil gemäß der damaligen Beschlussvorlage laut Plangger aber vorgesehen war, einen für die Anrainergemeinden wichtigen Landesregierungsbeschluss aus dem Jahr 2002 zu streichen, war es auf Betreiben von Landesrat Richard Theiner zu einer Vertagung gekommen. Im Zuge der Beschlussfassung vom 3. September wurde der gewünschte Passus wieder mit aufgenommen, sodass es nun zu keinen weiteren Unsicherheiten zu Ungunsten der Anrainergemeinden mehr kommen dürfte.
Gemäß dem Beschluss vom 3. September bleibt die Seledison AG bis 2031 Inhaberin der Reschenstauseekonzession mit den Kraftwerken Glurns und Kastelbell. An dieser Konzession sind die Vinschger Gemeinden mit insgesamt 8 Prozent beteiligt. Zu jahrelangem Streit ist es im Zusammenhang mit dem Umweltplan bekommen. Obwohl schon vor 5 Jahren vereinbart wurde, dass die Seledison AG in einem Zeitraum von 25 Jahren rund 30 Millionen Euro in Form von Umweltmaßnahmen zugunsten der 8 Anrainergemeinden auszugeben hat, kam es bisher zu keinen konkreten Maßnahmen. „Einen Umweltplan, wie er ursprünglich geplant war, gibt es jetzt nicht mehr“, sagte Albrecht Plangger dem „Vinschger“. Es hätte auch keinen Sinn, einen auf 25 Jahre ausgelegten Plan zu genehmigen, „denn was hilft uns so ein Plan, wenn wir erst in 25 Jahren unser Geld sehen.“ Im nun genehmigten Auflagenheft sind Dreijahrespläne vorgesehen. Im Artikel 10 ist klar festgeschrieben, dass die Umweltmaßnahmen von den Gemeinden aufgrund von Dreijahresplänen durchgeführt werden, und zwar im Einvernehmen mit der Seledison und dem Land. Abgesehen von zwei großen Umweltmaßnahmen (Fischtreppe Laas sowie Schwall/Sunk-Optimierung auf der Etsch- bzw. Puni-Strecke Schluderns-Laas) können die Anrainergemeinden selbst festlegen, für welche umweltrelevanten Maßnahmen sie die Geldmittel einsetzen wollen. Die Geldmittel sollen ab heuer fließen, und zwar in Form von jährlichen Beiträgen („canoni ambientali“) in Höhe von je 1,2 Millionen Euro pro Jahr, wobei die Gemeinde Graun jeweils 400.000 Euro bekommt und die 7 weiteren Anrainergemeinden Mals, Glurns, Schluderns, Laas, Schlanders, Latsch und Kastelbell-Tschars ingesamt 800.000 Euro (siehe auch Grafik). Dieser jährliche „Umweltzins“ soll gemäß dem Auflagenheft ab heuer für insgesamt 24 Jahre fließen. Weiters sind Beiträge für das Beregnungsprojekt „Untere Malser Haide“ vorgesehen.
Gemeinden beteiligen sich an Kosten für Beregnung „Untere Malser Haide“
An diesem Projekt beteiligen sich die Anrainergemeinden mit Geldmitteln aus dem Umweltplan in Höhe von 1,2 Millionen Euro (dies entspricht dem Umfang der 1. „Umweltzins“-Rate 2006, sodass nur noch 24 Raten übrig bleiben). Weiters tragen die Anrainergemeinden das Beregnungsprojekt mit Führungskosten von insgesamt 1 Mio. Euro (10 Raten ab 2008) mit. 50 Prozent dieser Kosten entfallen dabei auf die Gemeinde Mals. Die Seledison ihrerseits soll das Beregnungsprojekt mit 4,3 Mio. Euro aus Eigenmitteln unterstützen.Albrecht Plangger ist zwar froh, dass nun eine Streitbeilegung in greifbare Nähe gerückt ist, „doch Grund zum Frohlocken haben wir nicht.“ Infolge der jahrelangen Verzögerungen seien rund 20 Prozent der ursprünglich zugesagten Geldmittel verloren gegangen: „2,2 Millionen Euro für die Beregnung, die Mitbeteiligung an der Fischtreppe und an der Schwall/Sunk-Optimierung, die verspätete Auszahlung usw.“ Froh ist der Grauner Bürgermeister, dass die Umweltmaßnahmen nun von den Gemeinden umgesetzt werden können, und zwar im Interesse der Gemeinden und nicht im Interesse der Betreibergesellschaft der Kraftwerke.
Damit der Streit definitiv beigelegt werden kann, wird jetzt noch gewartet, bis das Auflagenheft vom Landeshauptmann und dem Präsidenten der Seledison unterzeichnet ist. Dasselbe gilt für das Einvernehmensprotokoll mit dem Bonifizierungskonsortium Vinschgau, das die Beregungsanlage „Untere Malser Haide“ bauen wird. Nicht zuletzt wird auch die baldige Zahlung des heurigen „Umweltzinses“ in Höhe von 1,2 Mio. Euro (abzüglich der im Jahr 2004 an einige Gemeinden überwiesenen Vorauszahlungen) erwartet. Das Paket mit den Umweltmaßnahmen der 8 Anrainergemeinden für den ersten Dreijahrszeitraum 2007-2009 ist den koordinierenden Landesbeamten Hermann Berger (Amt für zentrale Dienste) und Hans Unterholzner (Amt für Stromversorgung) bereits übermittelt worden.
Im Rahmen der Klausurtagung der Vinschger Bürgermeister am 7. September haben die Bürgermeister der 8 Anrainergemeinden eine einseitige Verpflichtungserklärung unterzeichnet. Darin erklären sich die betreffenden Bürgermeister bereit, das Beregnungsprojekt mit Mitteln aus dem Umweltplan mitzutragen. Weiters verzichten die Bürgermeister der Gemeinden Graun, Mals und Glurns ausdrücklich auf jegliche Sonderbeteiligung an der Wertschöpfung des zur Energieerzeugung nutzbaren Wassers über ihre bestehende Beteiligung an der Seledison AG hinaus. Das heißt, dass die Seledison das durch die Beregnungsumstellung ersparte Wasser frei nutzen kann. Zudem geben sich die Bürgermeister mit der Konzessionsverlängerung bis 2031 einverstanden und verpflichten sich, keine rechtlichen Schritte für die bisher von den Gemeinden geforderte Konzessionsdauer vom 10.05.1998 bis 09.05.2028 zu setzen, soweit die Restfinanzierung der Beregnung „Untere Malser Haide“ (4,3 Mio. Euro) aus Eigenmitteln der Gesellschaft Seledison zur Verfügung gestellt wird.
„Blankoschecks“ oder „ungedeckte Schecks“ wollen Albrecht Plangger und die weiteren Bürgermeister keine mehr entgegennehmen. Sie werden die einseitigen Verpflichtungserklärungen daher erst dann hinterlegen, sobald der „Umweltzins“ 2007 auf dem Schatzamt der Gemeinden eingetroffen ist und sobald das Auflagenheft sowie weitere Abkommen unterzeichnet sind. „Dann aber soll die Sache unbedingt mit einem formalen Akt und mit ‚Tiroler Handschlag’ abgeschlossen werden“, so Albrecht Plangger.
Josef Laner