Am 8. Februar wurde das neue obere Zugseil der Seilbahn nach St. Martin eingezogen.
Die Arbeiten an der Bergstation, wo die Seilwinde stationiert war, konnten am Bildschirm in der Talstation mitverfolgt werden.
Benedikt Staffler bei der letzten Kontrolle vor dem Einzug des neuen Seils.
Der Motorenraum mit den zwei neuen Bremskompressoren (im Hintergrund rechts).
Im Bild (v.l.): die Doppelmayr-Mitarbeiter Benedikt Staffler und Laurentius Winkler (er war schon beim Neubau der Seilbahn vor 20 Jahren dabei), die für die Seilbahn zuständige Gemeindereferentin Irmgard Gamper und Dienstleiter Markus Wellenzohn.

„So gut wie neu“

Revisionsarbeiten auf der Zielgeraden. Zugseil neu eingezogen.

Publiziert in 3 / 2023 - Erschienen am 14. Februar 2023

Latsch - Seit dem 28. November 2022 ind die Arbeiten zur 20-jährigen Generalrevision der Seilbahn von Latsch nach St. Martin im Kofel voll im Gang. Vorbereitende Arbeiten, unter anderem in der Tal- und Bergstation, waren schon im Vorfeld durchgeführt worden, wobei die Seilbahn zum Großteil in Betrieb bleiben konnte. Dies galt auch für die Kontrollarbeiten an den Stützen. Die Hauptarbeiten, wie sie eine 20-jährige Revision vorsieht, haben Ende November begonnen. Die Laufwerke, das Gehänge, die Kabinen und weitere transporttaugliche Bestandteile der Seilbahn wurden in die Werkstätte der Firma Doppelmayr gebracht, um auf Herz und Nieren geprüft bzw. angepasst und erneuert zu werden.

Neue Elektrosteuerung

Das Herzstück der Revisionsarbeiten ist die vollständige Erneuerung der Elektrosteuerung. Hierfür musste und muss nicht nur im Doppelmayr-Werk gearbeitet werden, sondern vor allem an der Berg- und Talstation. Vollständig neu in der Talstation ist unter anderem der Schaltraum. „Im Untergeschoss wurden auch zwei neue Bremskompressoren, ein dritter Motor für den Notantrieb eingebaut sowie viele weiteren Neuerungen durchgeführt“, erklärte der Dienstleiter der Seilbahn, Markus Wellenzohn, am 8. Februar dem der Vinschger. Sollte in Zukunft der Strom ausfallen, kann die Seilbahn trotzdem fahren. Viel Zeit zum Reden und Erklären hatte er nicht, denn am 8. Februar wurde von Arbeitern der Firma Doppelmayr das neue obere Zugseil eingezogen. Diese Arbeit zog natürlich die Aufmerksamkeit aller auf sich. Das neue Stahlseil, hergestellt in der Schweiz, ist rund 2.200 Meter lang, hat einen Durchmesser von 26 Millimetern und wiegt über 6.000 Kilogramm. Eingezogen wurde es mit einer Seilwinde, die an der Bergstation aufgestellt worden war. Meter für Meter wurde das neue Seil - angekoppelt an das alte - über das Tragseil in die Höhe gezogen. Für das alte Seil war dies die letzte Fahrt, denn es wurde an der Bergstation eingerollt und ist seither Alteisen. Wie der Doppelmayr-Mitarbeiter Benedikt Staffler bestätigte, müssen das Tragseil und das Gegenseil (unteres Zugseil) nicht ausgetauscht werden. Für Laurentius Winkler, ebenfalls Mitarbeiter von Doppelmayr, war der Einzug des neuen Seils eine Art „Wiedersehen“, denn er war bereits beim Bau der neuen Seilbahn vor nunmehr etwas über 20 Jahren dabei.

„De facto eine neue Seilbahn“

Die erste Seilbahn von Latsch nach St. Martin wurde im fernen Jahre 1958 gebaut. 2002 wurde sie neu errichtet „und nach dem Abschluss der Revisionsarbeiten werden wir de facto wieder eine neue Seilbahn haben“, freute sich die für die Seilbahn zuständige Gemeindereferentin Irmgard Gamper, die den Seileinzug ebenfalls mitverfolgte. Die Gemeinde Latsch, die Eigentümerin der Seilbahn nach St. Martin, hatte bereits 2021 rund 450.000 Euro in die Überdachung der Bergstation - mittlerweile auch ein architektonischer Blickfang -, das neue Zutrittssystem an der Tal- und Bergstation, Wartungsstiegen und Anpassungsarbeiten investiert. 90% der Ausgaben deckte das Land. Einen Beitrag im selben Ausmaß erhofft sich die Gemeinde auch für die Kosten der derzeit laufenden Generalrevision. Für „Seilbahnen des allgemeinen öffentlichen Transportdienstes“ – die Seilbahn nach St. Martin ist eine solche – ist ein Beitrag seitens der Autonomen Provinz Bozen im Ausmaß von 90% vorgesehen. Zusammen mit der Mehrwertsteuer geht die Gemeinde von Gesamtausgaben in Höhe von ca. 2,5 Mio. Euro aus. „Vom Land erwarten wird uns 1,8 Mio. Euro“, so Irmgard Gamper.

Der weitere Zeitplan

Zu den nächsten wichtigen Schritten der Revisionsarbeiten gehören die Rückführung und Montage der penibel kontrollierten, teilweise angepassten bzw. erneuerten Kabinen, der Laufwerke und des Gehänges. Für die Zeit vom 23. bis zum 29. März ist die Abnahme-Phase vorgesehen und nach den Probefahrten soll die Seilbahn ab dem 1. April wieder regelmäßig fahren. Besonders stark harrt diesem Termin natürlich die Bevölkerung der Bergfraktion St. Martin entgegen. Nicht leicht war es laut Irmgard Gamper, für die Zeit während der Schließung einen Ersatzdienst für die Beförderung der Schulkinder und Oberschüler auf die Beine zu stellen. Am Ende sei es dann doch gelungen, zwei Unternehmen mit dem Schülertransport zu beauftragen. Ebenfalls wieder über die Seilbahn sollen ab April die ca. 1.000 Liter Milch zu Tal gebracht werden, die auf den Bergbauernhöfen in St. Martin täglich gemolken werden. Zudem werden auch wieder etliche Pendler, die derzeit noch die rund 15 Kilometer lange Straße nutzen, um ins Tal und zurück zu kommen, auf die Seilbahn umsteigen.

„Lebensader“ für die Bergfraktion

Für St. Martin ist die Seilbahn, mit der man in rund 7 Minuten von 639 auf 1.740 Metern Meereshöhe gelangt, in vieler Hinsicht eine Art „Lebensader“. Die Seilbahn nach St. Martin ist zusammen mit dem Sessellift Tarscher Alm, der vom Tourismusverein betrieben wird und normalerweise im Mai in Betrieb geht, auch von nicht unerheblicher touristischer Bedeutung. Beide Bahnen haben sich zusammen zur Marke „Bergbahnen Latsch“ entwickelt. In der Zeit vor der Coronapandemie beliefen sich die Frequenzen der Seilbahn nach St. Martin auf 110.000 bis 120.000 pro Jahr. Im Jahre 2022 kam man auf fast dieselbe Auslastung, was zeigt, wie sehr Einheimische aus ganz Südtirol und Gäste aus aller Herren Länder die Seilbahn schätzen. Vor allem Wanderer und auch Mountainbiker nutzen die Seilbahn. Die Panorama-Höhenwege im Umkreis von St. Martin finden viel Zuspruch. Hand in Hand mit dem Abschluss der Revisionsarbeiten erhofft sich die Gemeinde auch wieder eine Rückkehr zu Jahresumsätzen, wie sie vor den Corona-Jahren üblich waren. Damals belief sich der Jahresumsatz auf durchschnittlich 500.000 Euro. Froh ist die Gemeindeverwaltung darüber, dass das Gasthaus an der Bergstation und die Bar an der Talstation schon seit fast 20 Jahren von derselben Pächterin (Angelika Holzknecht) geführt werden. Bemühen will sich Irmgard Gamper auch um eine neue Außengestaltung, „sodass die Talstation auch von außen einladender wirkt.“

Josef Laner

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.