Sauber und billig
Publiziert in 10 / 2002 - Erschienen am 24. Mai 2002
Bei der Klärung der Abwässer könnte innerhalb der Bezirksgemeinschaft gutes Geld eingespart werden. Derzeit bestehen im Vinschgau drei Abwasserverbände mit jeweils eigenen Führungsstrukturen: Obervinschgau, Prad und Mittelvinschgau. Zugleich werden mehrere kleine Anlagen von den dortigen Gemeinden betrieben: St. Valentin, Matsch, Sulden, Schnals mit Kurzras. Eine Studie hat unter anderem den Vorschlag unterbreitet, die Führungsstrukturen auf eine zu reduzieren.
von Erwin Bernhart
Etwa 50.000 Euro im Jahr könnten bei der Abwasserbewirtschaftung unverzüglich eingespart werden. Zu dieser Prognose kommt eine Studie, die von der Bezirksgemeinschaft in Auftrag gegeben wurde und die seit Anfang März dieses Jahres vorliegt. Vor allem im Verwaltungsbereich sei, laut Studie, eine Flurbereinigung zu begrüßen, was soviel heißt, dass alle Kläranlagen im Bezirk Vinschgau (vom Reschen bis Tschars) von einer Führungs- bzw. Verwaltungsstruktur gelenkt werden könnten.
Das vorsichtig formulierte „könnten“ ist im Tal, in dem die Kirchtürme des Öfteren höher sind, als im Rest des Landes, gerechtfertigt. Vorerst soll sich eine Arbeitsgruppe eingehend mit der Studie und deren mögliche Auswirkungen beschäftigen und innerhalb eines halben Jahres dem Bezirk einen Bericht vorlegen. Die Arbeitsgruppe, bestehend aus dem Kastelbeller BM Sepp Alber, dem Schnalser BM Hubert Variola, dem Prader E-Werkspräsidenten Georg Wunderer, dem Stilfser VizeBM Hartwig Tschenett und dem Obmann des Abwasserverbandes Obervinschgau Alois Riedl, ist aus sämtlichen betroffenen Regionen zusammengestellt und wurde anlässlich eines Bürgermeistertreffens eingesetzt.
Die Eisacktaler haben einen Zusammenschluss schon erfolgreich vorgemacht, um einzusparen und auch um mögliche Übernahmen durch Private oder durch andere Gesellschaften vorzubeugen. Der Trend, so in der Studie “Abwasserbewirtschaftung im Vinschgau - Analysen und Perspektiven der Organisationsstruktur“, gehe eindeutig „zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen im Ver- und Entsorgungsbereich“. Auch das Land rüstet in allen Bereichen zur Übernahme von Umwelt-, Energie-, Wasser- und Telekommunikationsbereichen. Auch davor, dass durch landesweite Gleichmacherei, lokale Synergieeffekte und auch die lokale Wertschöpfung auf der Strecke bleiben könnten, will man sich im Vinschgau wappnen.
Einig sind sich die Wasserbewirtschafter mit Sicherheit in dem Punkt, dass das Wasser so sauber als möglich der Natur zurückgegeben werden soll. Diese Haltung wird sich, so ist anzunehmen, auch mit jener der Bürger des Tales decken. Ein weiterer Punkt wird die Zustimmung der Bevölkerung und den Abwasserverwaltern finden: die Klärung sollte so billig wie möglich von statten gehen.
Georg Wunderer vom E-Werk Prad, das auch die Kläranlage verwaltet und führt, findet eine Studie dieser Art positiv: „Das Wo und das Wie die Kläranlagen sinnvoll kooperieren können ist jetzt genau herauszufinden. Dort, wo Einsparungen möglich sind, sollen sie auch gemacht werden“. Hubert Variola, der gleich mehrere Kläranlagen zu betreuen hat, einmal die Anlagen in Schnals und Kurzras als Bürgermeister und zum Zweiten über den Sonderbetrieb der Gemeinde Latsch die Kläranlage Mittelvinschgau in Tschars, erwartet sich von der Studie nicht allzuviel. Mit einer Verwaltung für den gesamten Vinschgau wäre er einverstanden. Einsparungspotenzial sieht er vor allem im Beireich der Energiekosten, die zwischen 20 und 30% der Gesamtkosten einer Kläranlage ausmachen können. Wenn etwa das VEK (Vinschger Energiekonsortium), in dem die Gemeinden des Tales vertreten sind, die Führung übernähme, könnte mit billigemStrom dieser Kostenpunkt erheblich reduziert werden. Schwieriger wird es, Einsparungen beim gemeinsamen Einkauf von Bedarfsmaterial zu erzielen. Die derzeit vorhandenen acht Anlagen (St. Valentin, Glurns, Prad, Sulden, Matsch, Kurzras, Schnals und Tschars) sind samt und sonders aus verschiedenen Materialien aufgebaut. Variola bringt es mit einem Beispiel auf den Punkt: „Keine Anlage hat die gleiche Sauerstoffanlage.“
Auf der anderen Seite haben alle ähnliche Probleme, vor allem den Klärschlamm betreffend. Die Entsorgung läuft auf verschiedenen Schienen: Während die große Anlage Mittelvinschgau in Tschars ihren Klärschlamm eindickt (bis zu 47 % Trockensubstanz) und dann mit Containern nach Verona abtransportierten lässt, bringen die Schnalser ihren Schlamm auf den hauseigenen Skipisten aus. In Prad wird der Schlamm mit einer Intensivrotte bis auf 90% Trockensubstanz aufbereitet. „Unser Klärschlamm hat derart gute Qualität, dass er sogar gegen Bezahlung abgenommen wird“, beschreibt Georg Wunderer die derzeitige Situation.
Für eine thermische Verwertung, der Verbrennung des Schlammes, spricht nicht nur die mögliche Energieausbeute, sondern auch die derart „negative Stimmung in der Landwirtschaft“, so Variola, die eine Ausbringung des Schlammes in Kulturgütern nicht zulässt, und dies, obwohl der Schlamm „weniger Schwermetalle enthält, als der Kunstdünger“, umreißt Hubert Variola das Dilemma. Seine Berechnungen haben ergeben, dass das Ausbringen auf den Skipisten nicht billiger kommt als der Transport nach Verona. Für eine zentrale thermische Verwertung aller Kompostschlämme des Landes spricht sich Variola aus, auch „weil die Schlammmengen im Vinschgau für eine lokale Verbrennung zu gering sind“. Der Aufwand eine eigene Verbrennungsanlage im Vinschgau zu bauen, würde in keinem Verhältnis zur zu verwertenden Schlammmenge stehen. Die Klärschlammproblematik ist ein Feld, welches beim gemeinsamen Auftreten der Kläranlagen mit Sicherheit besser in Angriff genommen werden könnte.
Die Bezirksgemeinschaft Vinschgau könnte, laut Bezirkspräsident Sepp Noggler, die zentrale Verwaltung übernehmen, müsse aber nicht. Denkbar wäre auch die schon bestehende Struktur des VEK, so dass die Synergieeffekte mit der Energiezufuhr von billigem Strom möglichst groß seien. Auch sei, abgesehen von den bereits tätigen Klärwärtern, eine Betreuung durch Fachpersonal, welches sich ausschließlich der Thematik Kläranlage widmen könnte, durchaus sinnvoll und effizient, zumindest effizienter als die jetzige Situation.
Rund 200.000 Euro werden im gesamten Vinschgau für die Verwaltung der bestehenden Anlagen pro Jahr ausgegeben. Enthalten sind in diesem Betrag unter anderem die Vergütungen der Verwaltungsebenen, der Sekretäre und der Rechnungsrevisoren. „Genau diese Ausgaben haben uns dazu bewogen, diese Studie in Auftrag zu geben“, begründet Noggler die Grundlage, auf der die Arbeitsgruppe nun weiterarbeiten soll.
Im Juni schon werden bei der Klausurtagung der Bürgermeister des Tales möglicherweise die Weichen für künftiges Handeln gestellt werden.
Erwin Bernhart