Im Bild (v.l.): Sepp Noggler, Franz Locher, Siegfried Rinner, Leo Tiefenthaler, Kurt Sagmeister, Arnold Schuler, Albrecht Plangger, Herbert Dorfmann und Raimund Prugger (am Rednerpult).

Rede und Antwort

Vertreter des Bauernbundes und der Politik stellen sich der Diskussion.

Publiziert in 16 / 2018 - Erschienen am 2. Mai 2018

Schluderns - Bei Informations- und Diskussionsversammlungen ist es meistens so, dass das Publikum zunächst mit Referaten „vollgestopft“ wird. Anders ist es beim „bäuerlichen Informationsabend“, den der Bauernbund-Bezirk Vinschgau vor ca. eineinhalb Jahren zum ersten und am vergangenen 20. April zum zweiten Mal veranstaltet hat, dieses Mal im Kulturhaus in Schluderns. Neben dem Obmann und Direktor des Bauernbundes, Leo Tiefenthaler und Siegfried Rinner, stellten sich auch der EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann, der Kammerabgeordnete Albrecht Plangger, Landesrat Arnold Schuler, Regionalassessor Sepp Noggler, der Direktor der IDM-Einheit West, Kurt Sagmeister, sowie der bäuerliche Landtagskandidat Franz Locher den Fragen der Landwirte.

„Pflänzchen“ soll nicht welken

SBB-Bezirksobmann Raimund Prugger, der den Abend moderierte, erinnerte eingangs an die gute Zusammenarbeit mit Vinschgau Marketing. Im Zuge der Neuorganisation der Tourismusverbände wurde Vinschgau Marketing aufgelöst. Nun bildet der Vinschgau zusammen mit dem Bezirk Meran die IDM-Einheit West. Zur Frage von Prugger, ob das „Pflänzchen“, das zusammen mit Vinschgau Marketing gewachsen sei, nun welke, meinte Sagmeister: „Das hoffe ich nicht. Im Nachhinein betrachtet kam die Reform fast etwas zu früh. Aber es wird dennoch gut weitergehen. Die Leute sind dieselben und die Projekte werden weitergeführt.“ Absolut positiv gewesen seien während der Zeit von Vinschgau Marketing die Treffen des Fachbeirates. Auch in Zukunft sollte man nicht übereinander, sondern miteinander reden.

Die „Wolf-Runde“

Die ersten Fragen aus dem Publikum bezogen sich auf das Thema Wolf, dem Prugger eine Sonder-Runde einräumte. Aus den Wortmeldungen der Bauern war klar herauszuhören, dass der Wolf alles eher als willkommen ist, dass er die Weidewirtschaft und Berglandwirtschaft insgesamt bedrohe, dass er für die Bevölkerung und die Gäste eine Gefahr darstelle und dass Herdenschutzmaßnahmen in Berggebieten, wie man sie in Südtirol vorfindet, kaum umsetzbar und langfristig keine wirkliche Lösung seien. „Die Großraubtiere, vor allem aber der Wolf, sind ein Riesenproblem“, sagte Tiefenthaler. Wenngleich es „extrem schwierig“ sei, politische Mehrheiten für ein wolf- und bärenfreies Land zu finden, speziell in Brüssel und Rom, müsste es zumindest gelingen, „gefährliche Tiere entnehmen zu können, sonst werden die Almen nicht mehr bewirtschaftet.“ Es bestehe dringender Handlungsgebedarf.

Forderungen aus Martell

Besonders Almvertreter und Bergbauern aus Martell gaben sich ernsthaft besorgt: „Wir fürchten um unsere Tiere und um den Weiterbestand der Almen und kleinen Bergbauernhöfe.“ Politische Bemühungen zur Lösung des Problems seien zwar lobenswert und gut, aber nicht umsetzbar, „deshalb werden wir uns mit Herdenschutzmaßnahmen behelfen müssen.“ Und hierzu wurde ein Forderungskatalog vorgelegt: 600 Meter Zaun für jede der 8 Almen in Martell für die Errichtung von Koppeln; 8 Personen, die bei Bedarf die Zäune aufstellen; mobile oder fixe Unterkünfte als eventuelle Nachtkoppeln; Hubschrauber-Flüge für den Transport von Zäunen und anderem Schutz-Zubehör und weitere Forderungen. Alle Maßnahmen sollten zu 100 Prozent finanziert werden. In weiteren Wortmeldungen wurde sinngemäß gefordert: weg mit Wolf und Bär.

„Regelung unerlässlich“

Schuler ist überzeugt, „dass Südtirol mit seinen Almen, dem Wanderwegenetz und anderen touristischen Infrastrukturen kein Lebensraum für Großraubtiere ist.“ Die Tourismusbranche habe sich in diese Sache bisher „zu ruhig verhalten.“ Mit der Wolf-Petition werde versucht, sich Gehör zu verschaffen: „Die Städter denken anders als wir.“ Ein wolffreies Südtirol werde es laut Schuler nie mehr geben: „Kurzfristig können wir nur vorbeugen, also Herdenschutzmaßnahmen setzen.“ Langfristig sei eine Regulierung anzustreben, „wie es sie auch bei anderen Wildtieren gibt.“ Unter Regulierung sei nicht nur der Abschuss von Problemtieren zu verstehen, sondern „geregelte Entnahmen, um die Population in Grenzen zu halten.“ Zu 100 Prozent finanziert werde nur ein in Taufers geplantes Herdenschutz-Pilotprojekt, sonst könne man nicht alles zur Gänze zahlen: „Es werden Kriterien aufgesetzt, in welchem Ausmaß und Umfang Maßnahmen mitfinanziert werden.“ Herdenschutz-Pilotprojekte sollen auch dazu dienen, überzeugende Argumente für die Forderung nach einer Regulierung des Wolf-Bestandes in die Hand zu bekommen

„Kein Kompromiss möglich“

Plangger sieht in der Frage des Wolfes keine Möglichkeit eines Kompromisses: „Entweder die Leute passen sich dem Wolf an, wie ich es in den Abruzzen gesehen habe, oder umgekehrt.“ Klare Worte fand er auch zum Thema Bären: „Die Trentiner haben das Problem verursacht und die Trentiner sollen es lösen.“ Eine politische Lösung des Problems in Rom oder Brüssel sei in weiter Ferne. Plangger: „Was wir jetzt tun können, ist natürlich nicht Schießen, aber Maßnahmen wie das Vergrämen sind möglich.“ Es gehe darum, „die Grenzen zum Trentino zu sichern.“ Dass es zum Thema Wolf möglichst rasch eine Lösung braucht, unterstrich auch Dorfmann, „wobei selbstverständlich nur an gesetzliche Lösungen zu denken ist.“ Den Druck auf eine gesetzliche Lösung sei aufrecht zu erhalten. Der Wolf werde nicht „importiert“, sondern komme von allein. Für Dorfmann sind alle Wölfe Problemwölfe. Locher meinte, „dass aus Rom und Brüssel nichts zu erwarten ist.“ Im Sarntal warten 108 Almen auf eine rasche Lösung. Und auch etwas populistisch wurde Locher: „…dann müssen wir halt ein paar Schuss kaufen.“ 

Hoffen auf Händedruck

Mehrere Wortmeldungen bezogen sich auf den Pflanzenschutz und speziell auf die umstrittene Spritzmittel-Verordnung der Gemeinde Mals. Schuler und Tiefenthaler bedauerten, dass nun die Angelegenheit vor Gericht ausgetragen wird, „anstatt sich zusammenzusetzen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen“, zum Beispiel in Richtung Bio-Region Obervinschgau. „Wir haben die Notwendigkeit, auf alles, was nicht sein muss, zu verzichten, längst erkannt“, so Tiefenthaler. Es gelte, „unabhängig vom Fall Mals noch mehr auf eine moderne Ausbringetechnik zu setzen und mit Hausverstand vorzugehen, ohne den Nachbar zu stören. Das ist das Gebot der Stunde im ganzen Land.“ In Mals sei der Bogen überspannt worden. Schuler hofft, dass es trotz aller bisherigen Divergenzen zu einer gemeinsamen Lösung kommt. Er habe sich mehrfach mit dem Malser Bürgermeister Ulrich Veith getroffen und glaube, „dass wir uns eines Tages wieder werden die Hand reichen können.“ Allerdings sei es jetzt, „wo die ganze Welt nach Mals schaut“, für Veith schwierig, „einen halben Schritt zurückzugehen und gemeinsam nach vorne zu schauen.“ Aus dem Publikum kam die Anregung, im Falle einer gemeinsamen Lösung „alle Bauern mitzunehmen.“

Wasser, Rente, Biken

Neben Wolf, Bär und Pflanzenschutz brachten die Landwirte noch viele weitere Themen aus Tapet. So etwa den Wassernutzungsplan und andere Neuerungen im Bereich Wasseruhren und Wassernutzung insgesamt. Wie Rinner mitteilte, seien die sogenannten „Trockengebiete“, für welche eigene Maßnahmen vorgesehen werden, noch nicht ausgewiesen worden. Nicht im Regen stehen lassen werde der Bauernbund seine Mitglieder auch in Sachen elektronische Rechnungslegung, die ab 2019 greifen soll. Zur Feststellung, dass viele Bäuerinnen und Bauern mit einer miserablen Rente auskommen müssten, meinte Plangger, dass in Rom diesbezüglich wenig zu erwarten sei, „weil schlicht und einfach kein Geld da ist.“ Plangger plädiert für einen „solidarischen Weg im Land, um kleineren Bergbauern, die Höfe mit bestimmten Erschwernispunkten bewirtschaften, bei der Rente etwas nachhelfen zu können.“ Ein weiteres Thema waren die Biker und die Fahrzeuge, mit denen die Bergräder immer öfter und an immer mehr Orten in die Höhe transportiert werden, damit die Biker dann zu Tal „preschen“ können, mitunter auch auf Wanderwegen oder durch Privatgründe. „Das mit den Hängern ist tatsächlich ein Problem, das sich verschärft hat“, räumte Sagmeister ein. Er verwies aber auch darauf, dass es im Vinschgau nur mehr Bike-Karten mit den offiziellen Routen gibt. Zum Tourismus insgesamt bemerkte ein Diskussionsteilnehmer, „dass die Wertschätzung der Tourismusbranche der Landwirtschaft gegenüber zu gering ist.“

Mehr Rotwild-Abschüsse

Mit einer gewissen Genugtuung teilte Prugger mit, dass es gelungen sei, zusammen mit der Jägerschaft und der Forstbehörde einen Konsens dafür zu erzielen, die Abschussquoten beim Rotwild von Laas abwärts um 20 und von Laas aufwärts um 10 Prozent zu erhöhen. Damit soll vor allem im Untervinschgau die zu hohe Rotwilddichte reduziert werden. Nicht gefehlt haben bei der über dreistündigen Diskussion auch Themen und Anliegen, die nicht nur den Bauern, sondern der gesamten Bevölkerung unter den Nägeln brennen. So etwa die Gesundheitsreform, die laut Plangger „aufgezwungen wurde und total danebengegangen ist“, oder die nicht mehr länger tragbaren Zustände bei der SAD.

Josef Laner

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