Ansicht von Schloss Lichtenberg in der von Hans Freiherr Khuen-Belasi und vom Salzburger Fürsterzbischof Johan Jakob Khuen-Belasi 1575 erbauten Kapelle zur Hl. Christina. Deutlich zu sehen das Rondell, die große Kapelle über dem Burgtor, geweiht den Hl. Johannes und Jakobus, der überdachte Zugang zur Kapelle, eine Zinnenmauer hinter dem Hildbrandsturm mit Walmdach, dahinter die Südwand des Großen Palas.
Architekt Kurt Stecher beim Gang durch die Ruine mit St. Christina auf Pinet im Hintergrund, in der Bildmitte der Stumpf des Südturmes, vermutlich der frühere Bergfriet, rechts der heute überdachte Kleine Palas.
Schloss Lichtenberg im Jahre 2008. Die Sicherung der Stützmauer des Schlossgartens (Bildmitte) ist im Gange. Die Umfassungsmauer und die Reste des Hildbrandsturms (im Vordergrund) sind gesichert und die Südwand des großen Palas stabilisiert (im Bild oben).

Nun kommt Leben in das Schloss

Schloss Lichtenberg wird aufgewertet und zugänglich gemacht.

Publiziert in 36 / 2019 - Erschienen am 22. Oktober 2019

Prad - Erst als es gefährlich wurde für die Lichtenberger, wurden sie wieder auf „die prächtige Burgruine“ über ihren Köpfen aufmerksam. Am Karfreitag des Jahres 1955 gab sie einen lauten „Hilfeschrei“ oder ein Staub aufwirbelndes „Todesröcheln“ von sich. Teile der äußeren, südöstlichen Umfassungsmauer, die Ringmauer zwischen Hildbrandsturm und Südturm und Teile der Türme selbst stürzten in die Tiefe und bedrohten die darunterliegenden Häuser. Das damals zuständige staatliche Denkmalamt ließ in den Jahren 1962 bis 1965 erste Sicherungsmaßnahmen durchführen. Mit dem Prader Gastwirt Alois Karner trat 1980 ein Mann auf den Plan, dem die Ruine mehr bedeutete als ein Steinbruch. Zusammen mit Lichtenberger Heimatpflegern regte er die Gründung des Vereins „Burg Lichtenberg“ an. Die Firma Engelbert Dietl aus Lichtenberg begann mit Sanierungsarbeiten. Der Nationalpark Stilfserjoch zeigte Interesse und wollte sich an der Finanzierung beteiligen. Es ergaben sich aber Missverständnisse zwischen den Absichten des Vereins, dem Nationalpark und den Besitzern, den Grafen Khuen-Belasi. Dadurch wurden die Arbeiten an der Ruine nur mehr mit bescheidenen Mitteln des Landesdenkmalamtes weitergeführt. 

Das Wirken des Kuratoriums

Ein besonderes Zeichen setzte 1986 die Schützenkompanie, indem sie am Rondell den doppelköpfigen Kaiseradler Maximilians, die Kette des Ordens zum Goldenen Vlies, den Ordenspatron Andreas mit Astkreuz, die Wappen von Neuösterreich, von Tirol und das Allianz-Wappen des „kaiserlichen Rates“ Pankraz Khuen-Belasi und seiner Frau Potentiana von Firmian am Rondell festigen und auffrischen ließ. Dass man sich wieder konkret mit der größten Dynasten-Burg Südtirols, dem ehemals landefürstlichen Bollwerk gegen den Churer Bischof und der 3.266 Quadratmeter umfassenden, privaten Ruine Lichtenberg beschäftigte, war in erster Linie den guten Beziehungen des Grafen Georg Enzenberg zu den Besitzern, den Vettern Gregor Christoph und Ivo Khuen-Belasi, zu verdanken. Beigetragen haben außerdem die Kompetenz und Überzeugungskraft des Archäologen Hans Nothdurfter und das Auftreten einiger geschichts- und kunstinteressierter Prader und Lichtenberger Bürger. 1993 kam es zur Gründung des „Kuratoriums Schloss Lichtenberg“. Den Vorsitz übernahm Graf Enzenberg. Gründungsmitglieder waren Gregor und Ivo Grafen Khuen-Belasi, der damalige Bürgermeister Herbert Gapp, sein Kulturreferent Josef Hofer, der Vorsteher der Fraktion Lichtenberg, Anton Wallnöfer, Robert Koch-Waldner, Prad, Manfred Lechner, Lichtenberg, und Kurt Stecher, Prad. Die schwierigen Sicherungsarbeiten wurden mit Kompetenz und Gefühl von der Baufirma Albrecht Ebensperger durchgeführt. Laut Architekt Stecher, seit 1996 Kuratoriumspräsident, wurden fast 1,5 Millionen Euro über 8 Baulose zwischen 1995 und 2011 in Sanierung und Sicherung investiert. Die Kosten wurden zu 84 % vom Landesamt für Bau- und Kunstdenkmäler, zu 11 % über das Landesgesetz 27 und zu 5 % von privaten Spendern wie Graf Enzenberg, Brauerei Forst, Stiftung Südtiroler Sparkasse, Kiwanis-Club Vinschgau und Landeshauptmann Luis Durnwalder aufgebracht. Nicht zu vergessen sind die materiellen Leistungen der Eigenverwaltung Lichtenberg und der Gemeindeverwaltung Prad, die die Burgruine mit den wichtigsten Infrastrukturen wie Strom, Wasser, Abwasser und sanitären Anlage versorgt hatte.

Die Möglichkeiten der EU

Seit 18. Juli 2018 wurden eine neue Ebene oder besser neue Möglichkeiten zur Erhaltung und Aufwertung des Schlosses erreicht. Zwischen Gregor und Ivo Grafen Khuen-Belasi als Vertreter der Besitzer-
dynastie und Bürgermeister Karl Bernhart für die Gemeinde Prad wurde ein Leihvertrag über 15 plus 10 Jahre abgeschlossen. Damit wurde der Weg frei für eine öffentliche Nutzung und für eine Förderung im Rahmen des grenzüberschreitenden Entwicklungsprogrammes INTERREG der Europäischen Union. Ein knappes Jahr nach Vertragsunterzeichnung lag die „frohe Kunde“ auf dem Tisch: Schloss Lichtenberg aus dem 13. Jahrhundert in der Gemeinde Prad gehört zusammen mit der Festung Nauders aus dem 19. Jahrhundert in der Gemeinde Nauders zu den „wichtigen Bauwerken der ‚Terra Raetica‘“ und wird als erhaltenswert und förderungswürdig eingestuft. Schloss Lichtenberg schaffte es am 17. September 2019 an die Spitze der Tagesordnung im Prader Gemeinderat. Zufrieden, ja ein wenig stolz teilte Bürgermeister Karl Bernhart dem Rat mit, dass es mit „Schloss Lichtenberg endlich weitergehe“. Man sei trotz harter Konkurrenz aus dem Veneto und dem Friaul unter die ersten 6 vom „Interreg-Programm Italien-Österreich“ geförderten Projekte gefallen. Zu verdanken sei dies unter anderem der gelungenen, „bürokratischen Begleitung“ durch Gemeinderat Klaus Wallnöfer und dem jahrzehntelangen, ehrenamtlichen Wirken von Kurt Stecher. Unter dem Projekttitel „Kulturhistorische und touristische Aufwertung bedeutender Bauwerke in der Terra Raetica Schloss Lichtenberg und Festung Nauders“ stünden nun aus staatlichen und europäischen Geldtöpfen knapp 500.000 Euro zur Verfügung, wie Architekt Kurt Stecher bei der Präsentation des Vorprojekts mitteilen konnte. Einführend wies er auf eine eher unbekannte, historische Verbindung nach Nauders hin. Nicht die Festung in der Innschlucht war dabei der Aufhänger, sondern Schloss Naudersberg und dessen Pfandherr Jakob Khuen-Belasi, ein Sohn des 1. Khuen auf Lichtenberg und Vater des späteren Salzburger Fürsterzbischofs Johann Jakob Khuen-Belasi. Die Familie musste der Ruf begleitet haben, vertrauenswürdige und tüchtige Verwalter zu stellen. Immerhin verwaltete sie mit Lichtenberg und Naudersberg 2 lukrative, aber im 16. Jahrhundert durch Religionswirren auch unruhige, landesfürstliche Außenposten. Die Gerichtsherrschaft Naudersberg umfasste damals die Herrschaft Tarasp, das Unterengadin zwischen Martinsbruck und Pontalt bei Zernez und reichte über den Reschenpass bis zum Langkreuz. Die noch freiherrlichen Khuen-Belasi verwalteten sozusagen das Kernland der heutigen „Terra Raetica“. 

Schloss Lichtenberg als Erlebnis

Diesem geschichtlichen Hintergrund wollen die Architekten Ivo Graf Khuen-Belasi und Kurt Stecher im geplanten Schlossrundgang auch Rechnung tragen. „Die Baumaßnahmen müssen bis zum Jahr 2022 abgeschlossen sein“, teilte Kuratoriumspräsident Stecher dem Gemeinderat in Prad mit. Darunter fallen die Regelung des Besucher-Zuganges, die Sicherungsmaßnahmen durch Anbringen von Gittern und Geländern, das Einrichten von Toilettenanlagen in den ehemaligen Stallungen und der Ausweis von Veranstaltungsbereichen wie dem Großen Palas mit Schlossgarten – bisher das „Scheibenschlag-Platzl“ der Lichtenberger, den Südturm und den Kleinen Palas. Die originalen Spuren und Reste der berühmten Wandmalereien von 1400, heute zum Großteil im Innsbrucker Museum Ferdinandeum, dürfen in den abzusichernden Bereichen des bergseitigen Palas besichtigt werden. „Die eigentlichen Attraktionen werden aber in der Begehung des originalen Wehrganges der Nordringmauer und im Besuch des Festungsturmes, des Rondells, bestehen“, erklärte Stecher. Das Rondell werde überdacht und durch eine Stahl-Holzkonstruktion mit 3 neuen Decken versehen. Dort würden die archäologischen Fundstücke, die im Laufe der Sanierungsarbeiten von den Archäologen Hans Nothdurfter und Thomas Tischer gefunden und gesichert wurden, neben den Kopien des Fresken-Zyklus ausgestellt. „Im Rondell reisen wir an die Ursprünge des Lichtenberger Burghügels und weisen eine Besiedelung nach, die in die Römerzeit zurück reicht“, teilte Stecher mit. 

Günther Schöpf

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