„Mehr Gästebetten sind das Um und Auf“
Publiziert in 21 / 2013 - Erschienen am 5. Juni 2013
Mit dem Sommerskilauf ist es endgültig vorbei.
Der Gletscherschwund ist nur eines der Probleme
Nachdem der Sommerbetrieb bereits in den vergangenen 7 Jahren aus klimatischen Gründen, sprich Gletscherschwund, teilweise ausgesetzt werden musste, bleibt das Schnalser Skigebiet im heurigen Sommer erstmals offiziell geschlossen. Die Entscheidung, von einem Ganzjahresbetrieb auf Saisonbetrieb umzustellen, war laut Florian Kiem - er wurde kürzlich als Präsident der Schnalstaler Gletscherbahnen AG bestätigt -, aus mehreren Gründen notwendig und richtig: „Nur mit größtem Aufwand, auch finanzieller Natur, ist es uns gelungen, den Sommerskilauf in den vergangenen Jahren einigermaßen zu gewährleisten. Wir hatten im Hochsommer teilweise nur 30 Skifahrer am Gletscher, der immer mehr zurückwich.“ Aus wirtschaftlicher Sicht habe es keine Alternative gegeben. Die Zahl der Gletscherskigebiete in den Alpen, die auch im Sommer in Betrieb sind, ist fast auf Null geschrumpft. „Wir sind nun bestrebt, mit der Saison im Herbst so früh wie möglich zu beginnen und sie nach Absprache und in Zusammenarbeit mit den Betrieben eventuell bis in den Mai hinein zu verlängern. „Wirklich gut lief der Sommerskilauf nur bis Ende der 90er Jahre. Dann ging es schrittweise abwärts. Abgesehen vom Schneemangel und dem Gletscherschwund ist der Trend, im Sommer Ski zu fahren, allgemein abgeflaut,“ sagt Bürgermeister Karl Josef Rainer. In den vergangenen Jahren sei das Gletscherskigebiet fast nur mehr von Skiclubs und Trainingsmannschaften genutzt worden. Die jüngste Wintersaison sei wegen Schneemangels erst Ende Oktober angelaufen. Heuer wird der Skibetrieb voraussichtlich am 3. Oktober beginnen.
Mitarbeiterstab
um 17 Personen reduziert
Die Einstellung des Sommerbetriebs wirkt sich natürlich auf die Belegschaft der Gletscherbahnen AG aus. „Den Gewerkschaften hat die Firmenleitung vor wenigen Monaten mitgeteilt, dass eine Überkapazität von 22 Mitarbeitern bestehe,“ so ASGB-Fachsekretär Richard Goller. „In zahlreichen Aussprachen zwischen Gewerkschaften und Firmenleitung unter Miteinbeziehung von Gemeindepolitikern und Tourismusvertretern des Tales sei es gelungen, „die Entlassungen von 22 auf 17 zu reduzieren, mit der Garantie, im Herbst wieder einen befristeten Arbeitsvertrag für die Wintermonate zu erhalten“, erklärt Goller. Am 5. Mai wurde ein Abkommen unterzeichnet. Für die Betroffenen habe man unter anderem auch eine Abfindung in Höhe von 2.600 bis 4.700 Euro erreicht. „Es tut natürlich auch uns Leid, Arbeitsplätze abbauen zu müssen, aber es war unausweichlich,“ sagt Florian Kiem. Im Winter werden weiterhin 85 Personen beschäftigt, „die Zahl der Angestellten im Sommer mussten wir aufgrund der Umstellung von 52 auf 35 reduzieren.“
„Wir können nur hoffen, dass die Betroffenen bis zum Ende der garantierten Winterarbeitszeit neue Arbeitsplätze finden,“ sagt der Bürgermeister. Bedenklich sei die Situation allemal: „Schnals ist eine abwanderungsgefährdete Gemeinde. Die Zahlen liefern den Beweis: am 1. Jänner 2011 hatte unsere Gemeinde 1.337 Einwohner, am 1. Jänner 2012 waren es 1.296 und bis jetzt ist ein weiterer Rückgang auf 1.293 zu verzeichnen.“ Die Hauptgründe für den Rückgang ortet Karl Josef Rainer in der Talflucht und im Rückgang der Geburten. Um den Ausfall des Sommerskibetriebs wettzumachen, kann sich auch Rainer vorstellen, den Winterbetrieb nach Möglichkeit bis zum Frühsommer laufen zu lassen und das Skigebiet möglichst früh zu öffnen, sprich Ende September oder spätestens Anfang Oktober. Den Hochsommer könnte man mit einem verstärkten Wanderangebot überbrücken.
Beschneiung weiter ausbauen
„Wir haben kürzlich das Gletscherskigebiet Kaunertal besichtigt. Dieses Skigebiet ist auch von der Größe her mit dem unseren vergleichbar. Was aber die natürlichen Voraussetzungen betrifft, sind diese im Schnalstal eigentlich besser, so etwa die Zufahrt,“ sagt der Bürgermeister. Andere Dinge, wie etwa die Nutzung gewisser Synergien, funktionieren im Kaunertal besser. Man sollte daher den Mut haben, Dinge, die im Kaunertal gut funktionieren, auch auf das Schnalstal zu übertragen. Als einen der Punkte nennt Karl Josef Rainer die Beschneiung: „Im Kaunertal wird fast bis auf den höchsten Punkt hinauf beschneit.“ Zum Thema Beschneiung erinnert Florian Kiem daran, dass die Vollversammlung der AG im Jahr 2010 eine Kapitalerhöhung von 2,3 Mio. Euro beschlossen hat, um Bescheiungsanlagen zu errichten. Es wurden für ca. 1,9 Mio. Euro Aktien gezeichnet – rund 1,5 Mio. Euro davon von Aktionären, die nicht Schnalser sind -, sodass der erste Bauschritt „Beschneiung Talabfahrt“ vollständig ausgeführt werden konnte. Die Umsetzung des zweiten Bauschritts „Beschneiung Hintereis“ stehe noch bevor. Eine nicht unerhebliche Schwierigkeit in Kurzras sieht der Bürgermeister in den komplizierten Eigentums- und Pachtverhältnissen: „Es fehlt sozusagen eine Stabilität. Ohne Stabilität kann kein Land ‚regiert’ werden“. Tatsache ist, dass sich in Kurzras ortsfremde Hotelketten angesiedelt haben. Die Gemeinde ist an der Gletscherbahnen AG nur mit ca. 5% beteiligt. Der Großteil der Aktien steht im Besitz von Nicht-Schnalsern. Die von den Hotelketten generierte Wertschöpfung fließt zum Teil ebenfalls ab. Außerdem zahlen nicht alle Betriebe den Mitgliedsbeitrag an den Tourismusverein. Michl Gurschler vom „Piccolo Hotel Gurschler“, der jüngste Sohn des Skigebiet-Pioniers Leo Gurschler, warnt vor einer Entwicklung in Richtung Billig-Tourismus. Es sei auf Qualität zu setzen, in der Gastronomie ebenso wie in anderen Bereichen: „Was wir brauchen sind Gäste, die Qualität suchen und bereit sind, dafür auch entsprechend zu zahlen.“ In der Einstellung des Sommerskilaufs sieht Gurschler eher einen Imageschaden als einen finanziellen: „Die Betriebe werden ein paar Angestellte weniger beschäftigen und selbst die Ärmel noch weiter hochkrempeln müssen.“ Auch Gurschler sieht im Ausbau des Programms für den Hochsommer eine mögliche Alternative. Etwa im Bereich Mountainbiken. Es sei bedauerlich, dass sich die Gletscherbahnen AG hierfür nicht öffnen wolle, „obwohl es sicher ein Superangebot wäre, wenn zum Beispiel Mountainbiker hochgebracht werden könnten und die Abfahrtspiste als Downhill-Strecke nützen könnten.“ Bedauerlich sei laut Gurschler, „dass wir hier in Kurzras irgendwie als abgekapselte Insel angesehen werden. So manchen ist offensichtlich noch immer nicht bewusst, dass sich negative Entwicklungen auch weiter draußen im Tal auswirken.“
Florian Kiem sieht in der Schaffung neuer Gästebetten das Um und Auf für die weitere Entwicklung von Kurzras und Hand in Hand damit auch der Gletscherbahnen AG. Er verweist auf die Ergebnisse einer fundierten Studie, welche die AG von einem renommierten Beraterunternehmen aus München erstellen ließ. Demnach wären für die Gemeinde Schnals ca. 3.000 Betten ideal. Diese gehe auch aus dem Leitbild der Gemeinde Schnals aus dem Jahr 2007 hervor. Zurzeit sind es ca. 2.200, Tendenz sinkend. Die Landesregierung hat der Schaffung 550 neuer Betten zugestimmt. Einen positiven Schritt hat die AG laut Kiem mit dem Bau des „Caravan Parks“ gesetzt. Die Gesellschaft könne und wolle nicht selbst Beherbergungsbetriebe bauen und führen. Wohl aber könne und wolle sie die Entwicklung in diese Richtung fördern, etwa in der Form der Bereitstellung von Grundflächen, die der AG gehören. In der genannten Studie wird empfohlen, dass in Kurzras 2 Hotelbetriebe entstehen sollten, und zwar in einer Mindestgröße von jeweils 100 Zimmern, sprich 200 Betten.
„Kein Billig-Tourismus,
sondern durchdachtes Konzept“
„Von Billig-Tourismus kann keine Rede sein,“ so Kiem. Beim geplanten Bau eines „Explorer-Hotel“ (siehe der Vinschger Nr. 36 vom 10.10.2012) gehe es darum, jungen und jung gebliebenen Wintersportlern, die es vorziehen, sich täglich auf den Pisten zu tummeln, eine trendige Unterkunft mit einem bestimmten Niveau zu bieten. Ergänzend dazu sei der Bau eines Restaurants bei der Kurzalm vorgesehen. Wie berichtet, hat der Gemeinderat für die Umsetzung der 100-Zimmer-Struktur (Übernachtung mit Frühstück; 70 Euro pro Tag und Person) die Zulassungskriterien mit Stimmenmehrheit abgeändert. Die Änderung des Bauleitplans wurde in die Wege geleitet und die Landesraumordnung hat ihr Gutachten erstellt. Nun muss noch die Landesregierung entscheiden. Kiem geht davon aus, dass das Vorhaben mit einer Gesamtinvestition von knapp 9 Mio. Euro nicht mehr heuer, sondern erst 2014 umgesetzt wird.
Investor gesucht
Noch kein Investor ließ sich bisher für den Bau eines Hotels gehobener Klasse (mindestens 4 Sterne) finden. Dieses Hotel sollte laut Studie oberhalb des Zirm-Komplexes entstehen. „Hotelbetreiber aus Deutschland wären bereit, das Hotel zu führen,“ sagt Kiem. Der Knackpunkt seien die ca. 27 Mio. Euro, die investiert werden müssten. Die ins Auge gefassten neuen Strukturen sollten in Kurzras eine so genannte „Leuchtturmfunktion“ mit positiver Strahlkraft für die bestehenden Betriebe übernehmen. Auch weitere positive Faktoren nennt Kiem: neue Arbeitsplätze, mehr Umsatz für die Aufstiegsanlagen und andere mehr.
Im für Kurzras erstellten Masterplan sieht der Bürgermeister ein wichtiges Dokument: „Es zeigt uns, wie das räumliche und wirtschaftliche Konzept zur Weiterentwicklung von Kurzras aussehen muss, damit Kurzras sowohl als Skigebiet, aber auch als Bergdorfdestination den Anschluss nicht verliert und den ihm zustehenden Stellenwert im Tal wieder bekommt.“ Zu den angepeilten Maßnahmen gehören zum Beispiel eine Verschönerung des Ortsbildes, eine Verkehrsberuhigung, zusätzliche Angebote für die Gäste und weitere flankierende Maßnahmen. „Nur mit der Schaffung neuer Betten lässt sich das Problem nicht lösen,“ ist Karl Josef Rainer überzeugt. Auf die Frage, ob der Masterplan nicht in irgendeiner Schublade landen wird, meinte der Bürgermeister: „Das hofft niemand. Die Umsetzung kann aber nur gelingen, wenn alle betroffenen Akteure in Kurzras dazu gewillt sind und auch tätig werden. Die Einsetzung einer Steuerungsgruppe ist vorgesehen. Auch wenn nur einige der Maßnahmen Schritt für Schritt Wirklichkeit werden, wäre schon sehr viel getan.“
Josef Laner