Es geht nicht um Gewinn, sondern um Integration
Publiziert in 37 / 2013 - Erschienen am 21. Oktober 2013
Erste Vinschger Sozialgenossenschaft des Typs B stellt sich vor. Gasthof „Malserhof“ wird seit September von der VISO geführt.
Mals - Während Sozialgenossenschaften des Typs A Begleitungs-, Bildungs- und Beratungsdienste anbieten, steht bei Sozialgenossenschaften des Typs B die Integration von Menschen mit Behinderungen im Mittelpunkt. Eine Sozialgenossenschaft des Typs A gibt es im Vinschgau bereits seit einiger Zeit. Es ist dies die sozialpädagogische Einrichtung SOVI. Die erste Sozialgenossenschaft des Typs B ist die Vinschger Sozialgenossenschaft VISO. Sie wurde am 11. Juli 2013 gegründet. Am 11. Oktober stellte sie sich im Gasthof „Malserhof“ in Mals vor. Dieser Gasthof wird seit September von der VISO geführt. Weiters verrichten VISO-Mitarbeiter/innen Reinigungsdienste in Mals und Schlanders. Weitere Aktivitäten sind geplant.
Viele halfen mit
Die Gründung der VISO ist auf das Bemühen mehrerer Initiativen zurückzuführen. Zum einen beschäftigte sich eine Gruppe um Landesrat Richard Theiner und Bürgermeister Dieter Pinggera, seines Zeichens auch Bezirksreferent für Soziales, um Möglichkeiten der Integration von Menschen mit Behinderungen in die Arbeitswelt. Eine weitere Initialzündung für die VISO kam von Giorgio Vallazza, dem Koordinator des Zentrums für psychische Gesundheit. Zusätzlich dazu wurde im Rahmen des ESF-Projektes „Assistenzplattform für alte und behinderte Menschen“ unter der Projektträgerschaft der Genossenschaft für Weiterbildung und Regionalentwicklung ein breites Forum eingerichtet, wobei neben den zwei genannten Initiativgruppen weitere Akteure dazu kamen, zum Beispiel die Sozialdienste der Bezirksgemeinschaft Vinschgau. Es bildete sich so ein Netzwerk verschiedener Institutionen und Organisationen: Bezirksgemeinschaft, Sozialdienste, Lebenshilfe Vinschgau, Genossenschaft für Weiterbildung und Regionalentwicklung und andere mehr.
Integrationsquote liegt
bei 50 Prozent
„Die VISO ist ein genossenschaftlich organisiertes Unternehmen, das nicht gewinnorientiert ist, sondern das Ziel verfolgt, sozial benachteiligte Personengruppen in die Arbeitswelt zu integrieren“, sagte VISO-Präsident Sascha Plangger. Ihre konkrete Tätigkeit hat die VISO am 1. September aufgenommen. Sie führt seither den Gasthof „Malserhof“ in Mals. Im Gasthof, den die VISO gepachtet hat, sind seit September 40 Schüler der Sportoberschule untergebracht. 6 Mitarbeiter/innen wurden angestellt sowie ein Praktikant aus der „Geschützten Werkstatt“ in Prad. Drei Mitarbeiter/innen zählen zur Zielgruppe der sozial benachteiligten Personen. Die Integrationsquote liegt somit bei 50 Prozent. Die weiteren 3 Mitarbeiterinnen sind Frauen, für die familienfreundliche Arbeitsbedingungen geschaffen wurden. Zwei Frauen wurde dadurch der Wiedereinstieg in die Arbeitswelt ermöglicht. Zusätzlich zur Führung des „Malserhofes“ verrichtet die VISO auch Reinigungsdienste in der Gemeinde Schlanders (Musikschule Schlanders und Kindergarten Kortsch) und in Mals (Bibliothek). Wie Sascha Plangger und VISO-Vizepräsident Peter Grassl ankündigten, ist die VISO bestrebt, ihren Aktionsradius im Vinschgau in Zukunft auch auf die Bereiche Gastronomie, Landwirtschaft und Multiservicedienstleistungen auszudehnen. Es sollen demnach weitere sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten und notwendige Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche die soziale Integration in die Arbeitswelt und den beruflichen Wiedereinstieg unterstützen. „Sozial benachteiligte Menschen können sehr wohl arbeiten. Wer es nicht glaubt, kann gerne hierher kommen und sich davon selbst überzeugen“, so Plangger.
Zwei wichtige Aspekte
Landesrat Theiner verwies sowohl auf den sozialen Aspekt, als auch auf den wirtschaftlichen: „Es gibt große Probleme, Menschen mit Behinderungen in die Arbeitswelt zu integrieren. Viele möchten zwar, können es aber nicht. Zusätzlich zu diesem sozialen Aspekt spielt aber auch der wirtschaftliche eine nicht unerhebliche Rolle.“ Theiner erinnerte daran, dass alle öffentlichen Körperschaften ab dem nächsten Jahr 2 Prozent der Aufträge an Sozialgenossenschaften vergeben müssen. Die Führung des „Malserhofes“ und der weiteren Dienste, welche die VISO verrichtet, nannte Theiner als tolles Beispiel dafür, „wie Inklusion dezentral funktionieren kann.“ Auch Bezirkspräsident Andreas Tappeiner freute sich im Namen des Schlanderser Bürgermeisters und Bezirksreferenten Dieter Pinggera, dass es gelungen ist, eine Sozialgenossenschaft des Typs B im Vinschgau aufzubauen: „Die Vinschger haben auch in diesem Bereich selbst Hand angelegt, so wie es im Vinschgau üblich ist.“ Zusätzlich zu öffentlichen Körperschaften können übrigens auch Private als Auftraggeber von Diensten an Sozialgenossenschaften fungieren.
Großer Kraftakt
Stefan Hofer, des Präsident des Dachverbandes für Soziales und Gesundheit, nannte die Gründung der VISO bzw. den Beginn der Tätigkeiten als „großen Kraftakt“, der sich aber gelohnt hat. Dank der Mithilfe vieler sei es gelungen, eine Genossenschaft aufzubauen, „die außerordentlich gut arbeitet.“ Rechtlich abgesicherte Arbeitsverhältnisse seien auch deshalb von großer Bedeutung, weil damit eine soziale Absicherung im Alter geschaffen wird, „denn Menschen mit Behinderungen werden heutzutage im Gegensatz zu früheren Zeiten Gott sei dank immer älter.“ sepp
Infos
VISO
Der VISO-Verwaltungsrat besteht aus 6 Personen: Helmut Haller, Amalia Wallnöfer, Josef Gruber, Georg Horrer, Sascha Plangger und Peter Grassl. Sascha Plangger (Präsident) und Peter Grassl (Vizepräsident) teilen sich derzeit auf ehrenamtlicher Basis die Geschäftsführung und die pädagogische Leitung. Kooperationspartner sind: Bezirksgemeinschaft (Sozialdienste), Genossenschaft für Weiterbildung und Regionalentwicklung, Zentrum für psychische Gesundheit, Arbeitsvermittlungszentrum, Vinschger Gemeinden, Lebenshilfe. Kooperationen mit weiteren Akteuren, wie z.B. mit der SOVI, werden angestrebt. Zur Genossenschaft gehören arbeitende Mitglieder (Personen, die für ihre Arbeit bezahlt bzw. eine kollektivvertragliche Entlohnung bekommen), ehrenamtliche Mitglieder sowie unterstützende Mitglieder.
Josef Laner