Emotionen hoch vier
Publiziert in 31 / 2015 - Erschienen am 9. September 2015
Rebellische Frauen, flirtende Männer, karrieregeile Gatten und ein Gelangweilter, der unversehens als Mordverdächtiger im Psychothriller landet: Vier emotionsgeladene Stücke unter dem Motto „Gefühlt“ bietet die neue Spielzeit des Südtiroler Kulturinstituts in Schlanders.
SChlanders - Weiblich, jung und wütend, das sind die vier Frauen, die in Sibylle Bergs neuem Stück „Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen“ auftreten. Im Chor rebellieren die vier gegen die „gut aussehenden Menschen da draußen“ – und üben Rachelust. Der Zwang zum erfolgreichen Leben, Ängste und Sehnsüchte spiegeln sich in ihren Monologen wider: Sie erzählen von nächtlichen Prügeltouren durch die Stadt, Körperkult und Fitnesswahn, Shoppingexzessen zwischen den BWL-Vorlesungen und dem Vertrieb von Pseudo-Potenzmitteln übers Internet. All die Frauenbilder, wie sie Medien und Werbeindustrie produzieren, dreht Sibylle Berg durch den Fleischwolf. Die Fachzeitschrift „Theater heute“ kürte „Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen“ 2014 zum deutschsprachigen Stück des Jahres. Sebastian Nübling führte Regie bei der Uraufführung am Berliner Maxim Gorki Theater. Die erfolgreiche Inszenierung bildet am 15. Oktober den Auftakt der neuen Spielzeit des Südtiroler Kulturinstituts in Schlanders.
Prominenter Weibsteufel
Welcher Ort wäre geeigneter für die Premiere einer Inszenierung von Karl Schönherrs „Der Weibsteufel“ als das Kulturhaus „Karl Schönherr“ in Schlanders? Zu erleben ist sie am 25. November. Thomas Rohmer inszeniert das Stück für die Theatergastspiele Fürth, prominent besetzt mit Christine Kaufmann, Alexander Radszun und Daniel Buder. „Der Weibsteufel“ handelt von einem Ehepaar in den Tiroler Bergen: Sie ist eine schöne Frau. Er ist ein kränkelnder Mann, aber erfolgreicher Schmuggler. Die Grenzjäger wollen ihm das Handwerk legen. Deshalb soll ein junger, gutaussehender Kerl der Frau den Kopf verdrehen, um an den Mann heranzukommen. Als dieser von dem Plan erfährt, ermuntert er seine Frau, auf das Spiel einzugehen. Währenddessen will er zur letzten Tour aufbrechen. Doch aus der taktischen Annäherung entwickeln sich echte Gefühle. Und aus der scheinbaren Freizügigkeit des Mannes wird brennende Eifersucht.
Der 1867 im Tiroler Axams geborene Karl Schönherr erzählt die Geschichte einer Frau, die zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen Treue und dem Reiz des Abenteuers, zwischen Recht und Unrecht hin- und hergerissen ist.
Männer und Karriere
Eine Meisterin der gutbürgerlichen Paarkämpfe ist die französische Autorin Yasmina Reza. Das Staatstheater Kassel gastiert mit ihrer Komödie „Drei Mal Leben“ in Schlanders. Das Stück spielt in der Wohnung von Henri und Sonja, die überraschend Besuch erhalten. Henris Arbeitskollege Hubert und dessen Frau Ines stehen vor der Tür. Einen Tag zu früh! Also wird hastig ein Essen improvisiert. Der Astrophysiker Henri hofft, dass Hubert für seine Beförderung ein gutes Wort einlegen könnte. Doch dann platzt Hubert mit der Neuigkeit heraus, dass Henris Forschungen dieser Tage möglicherweise schon von einem Konkurrenten veröffentlicht wurden. Henri verliert die Fassung. Drei Jahre Arbeit umsonst, die Hoffnung auf eine wissenschaftliche Karriere dahin? Oder hat Hubert die Geschichte nur erzählt, um Henri auf die Probe zu stellen? Ein Duell um gesellschaftliches Ansehen, um Macht und am Ende sogar um die Ehen beginnt. Die Besonderheit dieser Komödie: Yasmina Reza führt uns drei Versionen des Abends mit unterschiedlichem Ausgang vor: als Komödie, als Farce und als Drama.
Hitchcock als Komödie
Aus dem Hitchcock-Klassiker „Die 39 Stufen“ machte Patrick Barlow ein turbulentes Bühnenwerk, das mit dem Thrillergenre spielt und Komik mit Spannung verbindet. Die Inszenierung von Anatol Preissler am Stadttheater Ingolstadt beendet am 19. April die Saison. Hauptfigur des Stücks ist Richard Hannay, der in London die schöne und geheimnisvolle Annabella Schmidt kennenlernt, die sich hilfesuchend an ihn wendet. Sie sei Spionin und einer Verschwörung auf der Spur. Hannay glaubt ihr kein Wort, aber er nimmt sie mit nach Hause. Noch in derselben Nacht fällt ihm Annabella in die Arme – sterbend, mit einem Messer im Rücken und ihrem Geheimnis auf den Lippen. Damit endet Hannays langweiliges Leben. Schon bald steht er unter Mordverdacht und hat nicht nur die feindlichen Agenten, sondern auch Scotland Yard auf den Fersen. Eine rasante Verfolgungsjagd auf offener Bühne beginnt.
Neben dem Abendprogramm zeigt das Südtiroler Kulturinstitut auch zwei Stücke für Kinder und Jugendliche in Schlanders, die beide vom Consol Theater Gelsenkirchen inszeniert werden: Sibylle Bergs erstes Kinderstück „Mein ziemlich seltsamer Freund Walter“ und das Jugendstück „Nathan“, frei nach Gotthold Ephraim Lessing. Das hochkarätige Programm ist nur dank der Unterstützung durch die Kulturabteilung der Südtiroler Landesregierung, der Stiftung Südtiroler Sparkasse, vieler privater Sponsoren, der „Unternehmerinitiative Wirtschaft & Kultur – Schlanders“ sowie durch die enge Zusammenarbeit mit dem Kulturhaus „Karl Schönherr“ möglich. Red
Das Programm
Donnerstag, 15. Oktober 2015
Sibylle Berg: „Es sagt mir nichts, das sogenannte
Draußen“
Maxim Gorki Theater, Berlin
Mittwoch, 25. November 2015
Karl Schönherr: „Der Weibsteufel“
Theatergastspiele Fürth
Donnerstag, 28. Jänner 2016
Yasmina Reza: „Drei Mal Leben“
Staatstheater Kassel
Freitag, 22. April 2016
John Buchan und Alfred Hitchcock: „Die 39 Stufen“
Stadttheater Ingolstadt
Alle Aufführungen finden um 20 Uhr im Kulturhaus „Karl Schönherr“ in Schlanders statt. Der „Kulturbus Obervinschgau“ fährt kostenlos vom Reschen nach Schlanders und zurück. (Anmeldungen: 0473-831190)
Abonnementverkauf:
am 17. September von 9.30 bis 12 Uhr im Büro der Ferienregion Obervinschgau in Mals und von 14 bis 17 Uhr im Kulturhaus „Karl Schönherr“ in Schlanders; sowie vom 18. bis 30. September direkt im Südtiroler Kulturinstitut
Einzelkarten:
ab dem 23. September bei Athesia-Ticket
oder www.kulturinstitut.org
Informationen:
Südtiroler Kulturinstitut, Schlernstraße 1 (Waltherhaus), Bozen
Tel: 0471-313800; info@kulturinstitut.org; www.kulturinstitut.org
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