Im Bild (v.l.): Hermann Brenner, Ernst Andres, Markus Hauser, Christian Tscholl und Herbert Andres vor der neuen Hütte.

Ein rundum gelungenes Werk

Publiziert in 30 / 2015 - Erschienen am 2. September 2015
Neue Hütte auf der Oberen Tschenglser Alm fertiggestellt. „Ungute“ Anzeigen führten zu Mehrkosten. Tschengls - Wenn die Hütte verfällt, der „Gongl“ zusammenbricht und das Vieh ausbleibt, ist es um den Weiterbestand jeder Alm geschehen. Nicht so auf der Oberen Tschenglser Alm. Dort wurde vor knapp 15 Jahren der „Gongl“ neu errichtet. Nun konnte auch die neue Almhütte fertiggestellt werden. Drei Sommer lang haben Mitglieder der Tschenglser Fraktionsverwaltung und viele Tschenglser ehrenamtlich ­gerackert, um die Hütte an einem neuen Standort neu zu errichten. Zur Entscheidung, die Hütte neu zu bauen, hatte sich die Fraktionsverwaltung mit Präsident Christian Tscholl an der Spitze vor rund 5 Jahren durchgerungen. „Obwohl wir schon bald darauf ein Dekret des Amtes für Landwirtschaft in der Hand hatten, wonach das Land bereit ist, 70 Prozent der im Projekt vorgesehenen Gesamtkosten in Höhe von ca. 220.000 Euro zu übernehmen, taten wir uns mit der Entscheidung gar nicht so leicht“, sagte Christian Tscholl kürzlich im Beisein weiterer Fraktionsvertreter sowie des früheren Vizebürgermeisters Markus Hauser bei einer Besichtigung der neuen Hütte. Keine leichte Entscheidung Zweifel gab es vor allem deshalb, weil die Almbestoßung von Jahr zu Jahr abgenommen hatte. Dass man die Ausführung des Projektes dann doch in Angriff nahm, sei nicht zuletzt auf die Mahnung zurückzuführen, die auch heute noch von älteren Tschenglsern zu hören ist: „Auf die Alm müsst ihr immer schauen“. Als sich Ernst Andres von der Fraktionsverwaltung dann bereit erklärte, den Neubau der Hütte zu koordinieren und voranzutreiben, wurde im Sommer vor drei Jahren mit den ersten Arbeiten begonnen. Es galt, Aushubarbeiten vorzu­nehmen und ein starkes Fundament mit Beton und Eisen zu errichten. Für das Mauerwerk im Umkreis der Hütte wurden vorwiegend Steine jener Hütte verwendet, die nach der Errichtung der kürzlich ebenfalls abgebrochenen zweiten Hütte übrig geblieben waren. „Dass viel Eigenleistung anfallen würde, war uns von Anfang an klar“, stimmten Christian Tscholl und sein Mitverwalter Ernst Andres überein: „Abgesehen von der Anfertigung der Holzbauteile, den Materialkosten und der Hubschrauberflüge vom Standort auf 1.700 Metern bis zur Oberen Alm, die auf 2.050 Metern liegt, wurden alle Arbeiten ehrenamtlich durchgeführt“. Das Ziel war es, mit ca. 160.000 Euro zuzüglich der Kosten für die Einrichtung auszukommen, was in Summe in etwa dem zugesicherten Landesbeitrag entsprach. Selbst der Transport des Materials bis zur Stelle, wo es der Hubschrauber übernahm, wurde ehrenamtlich durchgeführt. Tscholl: „Alle, die gefragt wurden, ob sie bereit wären, mit ihrem Traktor auszuhelfen, sagten sofort zu.“ Fast das halbe Dorf half mit Laut Ernst Andres hat im Rahmen des Neubaus der Hütte „fast das halbe Dorf“ mitgeholfen. Insgesamt waren während der vergangenen 3 Sommer über 130 Hubschrauberflüge notwendig. Die Montage und alle weiteren Arbeiten wurden ehrenamtlich vor Ort ausgeführt. Die Obere Alm ist übrigens nur zu Fuß erreichbar. Von der Unteren bis zur Oberen Alm braucht man ca. 1 Stunde. Etwas länger dauert es für jene, die viel zu tragen haben. Getragen wurde während der vergangenen 3 Sommer oft und viel. Ernst Andres etwa hat die Schaufel eines Kleinbaggers hochgetragen, um nur eines der vielen Beispiele zu nennen. Der „Lohn“ aller freiwilligen Helfer beschränkte sich ausschließlich auf die Kost. Die war allerdings vorzüglich, denn gekocht hat der frühere Almmeister und Hirte Andreas Peer. Als äußerst ungut und ungerechtfertigt erachten die Fraktionsverwalter die Tatsache, dass ein Zimmerei-Unternehmer aus Tschengls im Zusammenhang mit dem Neubau der Hütte nicht nur die Arbeitssicherheit verständigte, sondern auch Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft und dem Rechnungshof machte. Die Verwalter geben zu bedenken, dass die Fraktion eine öffentliche Verwaltung ist und sich an die Bestimmungen zu halten habe, wie sie für öffentliche Ausschreibungen vorgesehen sind. Im Einreichprojekt sei für die neue Hütte zwar eine Ständerbauweise vorgesehen gewesen, doch ausgeschrieben habe man den Neubau in Vollholzbauweise. Die Änderung in Ständerbau­weise, die eine Einsparung von ca. 20.000 ermöglichte, erfolgte im Nachhinein mit einer Variante. Es wurden 5 lokale Firmen zur Angebotslegung eingeladen. 2 davon haben sich beteiligt. Den Zuschlag bekam eine Firma aus Prad mit einem Abgebot von 11,99 Prozent. Prügel in den Weg gelegt „Der Zimmerei-Unternehmer aus Tschengls, der immer wieder versuchte, uns Prügel in den Weg zu legen, hat kein Angebot hinterlegt“, so die Vertreter der Fraktion. Aufgrund der Anzeigen sei die Fraktion immer wieder zu kleineren Varianten gezwungen worden, sodass am Ende Mehrkosten in Höhe von ca. 8.000 Euro zu bestreiten sind. „Es ist schon traurig und in höchstem Maß ungut, wenn man Arbeitssicherheitsbeamte ruft, um auf über 2.000 Metern Kontrollen vorzunehmen“, ärgern sich Tscholl und Andres. Die Vertreter der Fraktion und alle freiwilligen Helfer hätten um Gottes Lohn gearbeitet, um eine neue Almhütte zu bauen. Ohne Zusammenhalt und die Mithilfe vieler wäre so ein Unterfangen überhaupt nicht möglich gewesen. Es stelle sich grundsätzlich die Frage, ob die Verwalter einer Fraktion wie Tschengls, die übrigens ohne jegliche Entschädigung für die Allgemeinheit arbeiten, in Zukunft überhaupt noch bereit sind, derartige Aufgaben zu übernehmen. „Keiner von uns arbeitet für sich selbst“ Tscholl: „Die Alm gehört der Fraktion und somit allen ­Tschenglsern. Keiner von uns arbeitet für sich selbst.“ Groß ist der Ärger auch deshalb, weil die Auszahlung der zweiten Hälfte des eingangs erwähnten Landesbeitrages aufgrund der Anzeigen derzeit noch blockiert ist. Dieser Umstand wiege auch insofern schwer, als dass die Fraktion Tschengls keineswegs „reich“ ist, sondern dass sie im Gegensteil Schulden hat. Trotz aller Prügel will man sich aber keineswegs unterkriegen lassen. Die neue Hütte mit Küche, Aufenthaltsraum, sanitären Anlagen, eigenem Raum für den Hirten Herbert Andres sowie über einem Dutzend Schlafstellen im Obergeschoss kann mit Fug und Recht als gelungenes Werk bezeichnet werden. Der Holzzaun rund die Hütte wurde von der Forstverwaltung bzw. dem Nationalpark errichtet. Schon allein der Duft des Zirbenholzes in der neuen und übrigens ganzjährig zugänglichen Hütte lässt so manche Sorgen vergessen. Zurzeit halten sich 18 Rinder (Galtvieh), ca. 150 Ziegen, rund 450 Schafe und ein Pony auf der Oberen Alm auf. In Kürze werden sie vor dem Abtrieb noch auf der Unteren Alm weiden. Die alte Hütte, die Herbert Andres 1967 als Hirt bezogen hatte, wurde in diesen Tagen abgebrochen. Natürlich ehrenamtlich. Sepp
Josef Laner

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