Ein Bergtal krempelt die Ärmel hoch
Publiziert in 24 / 2012 - Erschienen am 20. Juni 2012
Mit der „Südtiroler Erdbeerwelt“ im Freizeitzentrum Trattla will Martell zum landesweiten Kompetenzzentrum für Beeren werden.
Martell – Seit dem Herbst 2011 hatte sich in Martell eine Steuerungsgruppe zu 5 Zukunftsforen getroffen, um zusammen mit der Beratungsfirma „innovate“, der Gemeinde Martell und der Regionalentwicklungs-Genossenschaft Martell 3B auszuloten, wo die Stärken und Schwächen des Tals liegen und in welche Richtung sich die Gemeinde entwickeln soll. Als große Idee wird im Konzept „Martell 2020“ das Schlagwort „Paradies Martell“ genannt. Aufgebaut wurde dabei auf das bestehende ESF-Projekt für kommunale Wirtschaftsentwicklung „Berge-Beeren-Biathlon“ 2004-2006 unter der Projektleitung von Martin Stricker und Leander Regensburger. „Einige der Ideen und Ansätze wurden bereits in Angriff genommen,“ sagte Bürgermeister Georg Altstätter am 11. Juni im Freizeitzentrum Trattla. Dort wird zurzeit an der „Südtiroler Erdbeerwelt“ gebaut. „Wir möchten, dass unser Tal zum landesweiten Kompetenzzentrum für Beeren wird,“ führte MEG-Geschäftsführer Peter Gamper aus. Die Erdbeerwelt mit einem Schauproduktionsraum, einem Gastronomiebetrieb, einem Geschäft, in dem örtliche Produkte angeboten werden, und mit weiteren Einrichtungen entsteht als Gründerzentrum neben dem Nationalparkhaus „culturamartell.“ Die MEG wird in Zusammenarbeit mit Michael Seibstock (Seibstock Delicatessen) für den Bereich Produktveredelung zuständig sein. Das Zentrum soll in Zusammenarbeit mit der Laimburg zu einer Versuchs-, Beratungs- und Tagungsstätte werden. Der Bürgermeister dankte dem Landesrat Thomas Widmann und der Landesregierung für die finanzielle Unterstützung, „die wir auch weiterhin brauchen werden.“
8 Kilometer langer Erdbeerweg
Das Freizeitzentrum soll laut Peter Gamper zum Einfallstor für das Tal werden, die Erdbeerwelt zum Herzstück und Ausgangspunkt für den „Südtiroler Erdbeerweg“. Während der Bau der Erdbeerwelt bis zum Herbst 2012 abgeschlossen sein soll, wird der Erdbeerweg im Zuge des Südtiroler Erdbeerfestes 2012 (23. und 24. Juni) offiziell eröffnet. Der 8 km lange Rundweg verbindet Bauernhöfe in der Talsohle und bietet anhand von Informationstafeln und Erlebnisstationen Einblick in die Vielfalt der Landwirtschaft und die Geschichte des Beerenanbaus. Die Idee für einen Erdbeerthemenweg lag seit dem Projekt „Berge-Beeren-Biathlon“ in der Schublade und wurde nun im Rahmen von Leader4 von der Arbeitsgruppe, bestehend aus Vizebürgermeister Josef Maschler, Helene Kuenz und Leander Regensburger, sowie Konzeptberater Arnold Karbacher überarbeitet und umgesetzt. Oft genannt werden im Konzept „Martell 2020“ auch die Themen Berge und Biathlon, zwei weitere Bausteine, auf die das abwanderungsgefährdete Bergtal bereits seit einiger Zeit setzt. In Hintermartell steht der Bau einer Rollerbahn an, der neue Themenweg „Wald-Berg-Bauer“ wird am 15. Juli eröffnet. Die im Konzept genannten Vorschläge sind vielfältig und bauen auf bekannte Kernthemen auf: landschaftliche Vielfalt, typische Produkte, Slow Food, Nationalpark, Qualitätstourismus. „In Anlehnung an die große Idee ‚Paradies Martell’ wurden auch ‚paradiesischer Themen’ entwickelt,“ sagte Petra Schneider von „innovate“. Es sei auch angedacht worden, die Hotel-Ruine „Paradies“ einer neuen Nutzung zuzuführen. Gespräche mit Margherita Fuchs von Mannstein seien im Gang. Neben Schneider stimmten auch der Bürgermeister, SVP-Ortsobmann Roland Gluderer und Landesrat Widmann darin überein, dass es darum gehe, zumindest einen Teil der Ideen auch umzusetzen. „Träumen darf man, es wurden interessante Ansätze erarbeitet, die wir konkret angehen wollen,“ so Gluderer.
Laut Widmann habe das Martelltal ein riesiges Potential. Nutzen müsse es die Bevölkerung: „Wenn die Bevölkerung nicht will, kann die Politik nichts tun.“ Martell habe im Rahmen der landesweiten Initiative „Lebendige Orte“ das beste Projekt präsentiert. Mehrfach gefallen ist bei der Pressekonferenz das Wort Abwanderung. Laut Volkszählung 2011 nahm die Einwohnerzahl in Martell von 2001 bis 2011 um 1,3% ab. In der Gemeinde Stilfs waren es -9,2%, in Schnals -5,7%).
Gemeinsame Vermarktung
Das 2007 für die Vermarktung der Äpfel eingeführte Erfolgskonzept „VI.P 3“, das vor einigen Jahren auch auf die Marillen ausgedehnt wurde, wird ab heuer erstmals auch bei der Vermarktung von Erdbeeren, Kirschen und Blumenkohl greifen. Peter Gamper schätzt, dass 2012 ca. 1 Million Kilogramm Erdbeeren geerntet werden können.
Spendenaktion
Im Zuge des Südtiroler Erdbeerfestes 2012 wird eine Spendenaktion zu Gunsten der Familie Fleischmann vom Pircha-Hof durchgeführt. Der Neubau des Hofs ist am 1. Juni 2012 abgebrannt. Peter und Kathya Fleischmann waren dabei, ein neues Haus zu errichten. Peters Vater Heinrich war einer der Erdbeer-Pioniere. Er ist nach einem Schlaganfall seit mehreren Jahren ans Bett gefesselt.
Sepp Laner
Josef Laner