Linde im Alter von 18 Jahren.
Geheiratet haben Linde und Adalbert 1950.
Bei der goldenen Hochzeit.
Linde mit ihren Söhnen Peter (links) und Georg.
Linde und Adalbert mit dem Enkel Simon.

„Di Plima kimmp ...

… Brettr aweck und Hudern fir“. Adelinde Wielander Wwe. Laimer blickt auf ein bewegtes Leben zurück.

Publiziert in 19 / 2024 - Erschienen am 22. Oktober 2024

Schlanders - Dass ältere Menschen nicht mehr alle Daten und Namen schnell abrufen können, ist mehr als normal. Auch Adelinde Wielander Wwe. Laimer kommt manchmal ins Stocken, wenn man sie zum Beispiel fragt, wann genau sie geheiratet hat. An wichtige Spuren aber, die ihr das Leben ins Gedächtnis und Gesicht geschrieben haben, erinnert sich Linde vom gleichnamigen Hotel in der Göflanerstraße in Schlanders bis heute gut und genau. „Mein Vater, der Metzger Heindl in Latsch, hat im ganzen Vinschgau mit Kitzen und Fellen gehandelt“, erzählt sie uns frisch frisiert und in bester Laune in der Bar im „Hotel zur Linde“.  Dabei war Linde erst 9 Jahre alt, als ihr Vater 1934 bei einem Motorradunglück in Schlanders das Leben verlor. Ein Lastkraftwagen habe ihn erfasst und gegen einen Maurer gedrückt. Linde war als drittes von 4 Kindern am 27. November 1924 geboren worden. Für die Mutter Marianne war es alles andere als leicht, 4 minderjährige Kinder großzuziehen. Linde: „Es gab 3 bis 4 Kühe am Hof, eine Grünwiese und den Herren-Acker.“ Dass auch die Kinder schon früh mitanpacken mussten, lag auf der Hand. Lebhaft in Erinnerung hat Linde, die am 27. November 100 Jahre alt wird, den Ausspruch, wie er bei nahenden Unwettern in den Mund genommen wurde: „Di Plima kimmp, di Plima kimmp, Brettr aweck und Hudern fir.“ Damit sollte die Hofstelle vor dem Wasser geschützt werden. Zu den Arbeiten, die Linde schon als Kind verrichtete, gehörte das Tränken der Kühe. Um über die Runden zu kommen, hat ihre Mutter während der Zeit des Faschismus italienische Gemeindeangestellte in Miete aufgenommen. Das besserte das geringe Einkommen aus dem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb zumindest ein bisschen auf.

„Mein Bruder war Bürgermeister“

Nicht vergessen sollte man, im Bericht – „wenn denn einer geschrieben wird“ – zu erwähnen, „dass mein Bruder Heinz Bürgermeister war.“ Heinz Wielander, geboren am 26. Mai 1920, war das älteste Kind der Familie. Er war von 1952 bis 1971 Bürgermeister von Latsch. Außerdem war er von 1964 bis 1969 Vizepräsident und dann bis 1985 Präsident des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau. Damals wurden in Latsch und weit darüber hinaus Meliorierungsarbeiten durchgeführt. Heinz ist 2005 gestorben. Auch die zwei weiteren Geschwister von Linde, Josefine (geboren 1922) und Rita (geboren 1927) leben nicht mehr. „Ich war immer die kränklichste der Geschwister, bin aber immer noch da“, sagt Linde mit einem Anflug von Ironie.

Vom „Streitberger“ in die Schweiz

Wie man Kuchen backt, hat Linde als junges Mädchen in der „Konditorei Streitberger“ in der Museumstraße in Bozen gelernt. Nach dieser Lehrzeit machte sie sich auf in die Schweiz, genauer gesagt nach Zürich, wo sie sich im Restaurant „Pelikan“ in der Pelikanstraße, das es heute noch gibt, zur Gouvernante hocharbeitete. Während der Jahre in Zürich hat Linde von der Pike auf alles gelernt, was man in einem Restaurant- bzw. Hotelbetrieb können muss. Die Arbeit in der Küche gehörte ebenso dazu, wie der Empfang der Gäste in der Rezeption, die Bedienung und viele weitere Bereiche mehr. Zumal es damals verboten war, über den Reschen in die Schweiz zu fahren, musste Linde immer den Zug nehmen, um über Bozen, Mailand und Chiasso nach Zürich zu gelangen. Dort hat sie auch Dinge kennengelernt, die zu dieser Zeit in Latsch noch kaum bekannt waren, wie etwa das Kino, das mondäne Gesellschaftsleben, das Saunieren und viele weitere Dinge.

Zur Belustigung der „Nazi-Bonzen“

Nach ihren Lern- und Erfahrungsjahren in der Schweiz kehrte Linde nach Latsch zurück. Obwohl sie eigentlich die Absicht hatte, nach Schweden auszuwandern und sich dort eine Zukunft aufzubauen, blieb sie in ihrer Heimat. Sporadisch ausgeholfen hat sie während der letzten Zeitspanne des Nationalsozialismus im Hotel Paradiso in Hintermartell, wo mitunter auch „Nazi-Bonzen“ logierten, die sich wünschten, dass junge hübsche Frauen zu ihrer Belustigung in Dirndln tanzten und sangen. In der Zeit nach dem Krieg wurde Linde nahegelegt, auch im familiären Umfeld, dass es an der Zeit sei, an das Heiraten zu denken. Es war am 28. Dezember 1950, als sich Adelinde und Adalbert Laimer aus Schlanders in der Pfarrkirche in Latsch das Ja-Wort gaben. 1951 wurde ihr Sohn Peter geboren, 1959 folgte Georg. Adalbert war erst Ende der 1940er Jahre nach langer russischer Kriegsgefangenschaft völlig „ausgemergelt“ und spindeldürr nach Hause gekommen.

Der Traum vom „Tee-Grill-Room“

Ihren Traum, nach Schweizer Muster einen „Tee-Grill-Room“ zu errichten, konnte Linde zwar nicht verwirklichen, doch sie hat es geschafft, in der Göflanerstraße in Schlanders einen Baugrund zu erwerben und mit Hilfe ihres Mannes das „Hotel zur Linde“ mit 38 Betten zu bauen. Das Hotel wurde 1967 eröffnet. Es war damals der erste Betrieb in Schlanders mit Duschen und Toiletten in allen Zimmern. Adalbert, der eigentlich Bäcker war und diesen Beruf aufgrund einer Mehlallergie aufgeben musste, war mittlerweile im Versicherungsbereich tätig geworden. Für Linde war es stets wichtig, selbst etwas aufzubauen und zu unternehmen. 1985 sind ihr Sohn Peter und dessen Frau Renate in den Betrieb eingestiegen. Im Laufe der Jahre von der Eröffnung bis heute hat es immer wieder Erneuerungen und Umbauarbeiten gegeben. Wie sich das Hotel mit seinen mittlerweile 70 Betten heute präsentiert, kann man bei einem Tag der offenen Tür erleben, zu dem die Familie Laimer anlässlich des 100. Geburtstages der Seniorchefin am 27. Oktober einlädt.

Die „gute Seele“

Linde ist nach wie vor die „gute Seele“ im Haus, unterhält gute Beziehungen zu den Enkelkindern und der gesamten Familie und tut das, was sie noch tun kann. Dazu gehört auch das Erzählen so mancher Anekdoten. So etwa jene mit dem Schäferhund „Nicki“, der nur selten ohne ihren Mann Adalbert, der übrigens 2004 gestorben ist, anzutreffen war. Als „Nicki“ eines Tages plötzlich verschwunden war – er konnte damals aufgrund seines Alters schon fast nichts mehr sehen – war es Linde, die den Hund entdeckte. Er war in das Schwimmbad gefallen und kam nicht mehr heraus. Linde gelang es, ihn mit einem Netz aus dem Schwimmbad zu fischen.

Josef Laner

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