Bedürfnisse des alten Menschen

Publiziert in 5 / 2004 - Erschienen am 11. März 2004
[F] Die Lebenserwartung steigt durch die Errungenschaften der modernen Medizin jährlich an. Eine erfreuliche Nachricht, doch Meldungen über hilflose oder verwahrloste alte Menschen stimmen nachdenklich. Muss man Angst vorm Altwerden haben? von Andrea Perger [/F] In einer Gesellschaft, die den jungen, gesunden und produktiven Menschen als Idealbild sieht, nehmen alte Menschen nicht immer den Stellenwert ein, den sie meist verdienen. Im Gegensatz zu anderen Kulturen, die dem alten, weisen Menschen mit dem größten Respekt begegnen, sieht der westliche Kulturkreis das Altern leider viel zu oft als eine Art unausweichliche Krankheit an. Das Gefühl nutzlos und auf fremde Hilfe angewiesen zu sein erfüllt uns mit Angst. Doch mit der richtigen Einstellung, Vorbereitung und Hilfe von außen kann auch dieser Lebensabschnitt eine sehr schöne Zeit werden. [F] "Die neuen Alten" [/F] Die Generation der alten Menschen nimmt einen nie da gewesenen Stellenwert ein. Nicht nur die Zahl der alten Menschen steigt kontinuierlich an, sondern auch die Selbstständigkeit konnte durch Fortschritte in der Medizin und Altenversorgung erheblich verlängert werden. Wir alle wünschen uns für uns und unsere Angehörigen einen schönen Lebensabend. Um nicht plötzlich vor unerwarteten Problemen zu stehen, sollte rechtzeitig an alles gedacht werden. [F] An Morgen denken [/F] Ein Schlaganfall, ein Herzinfarkt, ein Sturz, … ein Mensch kann sehr schnell zum Pflegefall werden. Oft sind die Angehörigen mit dieser Situation überfordert. Meist fehlt das Wissen um die richtige Versorgung oder durch die Berufstätigkeit die Zeit. Außerdem darf die Pflege eines Menschen nicht unterschätzt werden, denn viele Krankheitsbilder bedürfen einer 24-Stunden-Betreuung, und die verlangt den pflegenden Angehörigen teilweise Ungeheuerliches ab. Eine Überforderung schadet nicht nur dem Pflegenden, sondern auch dem Gepflegten. Hilfe von außen ist sinnvoll und wird in vielfältiger Form angeboten. Neben den unten beschriebenen pflegerischen Hilfen sieht die Sozialgesetzgebung auch finanzielle Unterstützung in vielfältiger Form vor. Rechtzeitiges Informieren hilft für den Fall der Fälle. Dabei ist wichtig auszuloten, welche Unterstützung im individuellen Fall die beste ist. [F] Der Hauspflegedienst [/F] Der Hauspflegedienst ermöglicht die Betreuung eines Menschen in seiner vertrauten Umgebung mit Unterstützung durch fachkundiges Personal von außen. Diese Art der Versorgung ermöglicht es, dem Menschen ohne große Umstellung, die zum Beispiel ein Heimeintritt bedeutet, so weit wie möglich seine Selbstständigkeit zu erhalten. Für die Angehörigen ist der Hauspflegedienst oft eine große Entlastung. Dabei wird nicht nur physische Unterstützung geboten, auch psychologisch fühlen sich sowohl pflegende Angehörige, wie auch die betreuten Menschen selbst gestärkt. Dieser Dienst bietet jedoch immer nur eine Unterstützung in der Versorgung eines alten Menschen. Werden die Pflegemaßnahmen umfangreicher, sodass sie nicht mehr zu Hause geleistet werden können, erleichtert der Hauspflegedienst in vielen Fällen auch den Einstieg in die Pflege im Heim. [F] Ein Heimplatz [/F] Die Wartelisten für die Heimaufnahme sind teilweise sehr lang. Wer sich erst kurzfristig um die Aufnahme bewirbt, wie etwa nach der Entlassung aus einem Krankenhaus, kann nicht mit einer sofortigen Aufnahme rechnen. Christof Tummler, Leiter des Heimes in Schlanders, spricht von Tragödien, die sich teilweise in seinem Büro abgespielt haben. Doch da die Bettenanzahl und damit auch der Personalstand fix vorgegeben sind, kann ein Mensch nicht einfach so aufgenommen werden. Hier ist rechtzeitiges Ansuchen das Um und Auf. Bei einer Anfrage kann angegeben werden, ob der Heimplatz sofort oder eben erst bei Bedarf gewünscht wird. Ist es dann soweit, ist der Antragsteller in der Warteliste entsprechend vorne und kann aufgenommen werden. Durch den Neubau von Heimen in Mals und bald auch in Laas verfügt der Vinschgau über landesweit relativ viele Heimplätze im Verhältnis zur Einwohnerzahl, so dass die Versorgung des alten Menschen auch in Zukunft gesichert ist. Das Heim als Ort der Abschiebung zu betrachten ist ebenfalls völlig falsch. Die Überlegung einen Angehörigen zur Pflege in ein Heim zu geben, fällt nie leicht. Viele Angehörige haben zu Unrecht ein schlechtes Gewissen, schämen sich teilweise sogar. Dabei hat sich die Pflegesituation gerade in den letzten zwanzig Jahren entscheidend verbessert. Im Heim kann dem alten Menschen eine Rundum-Versorgung auf hohem Niveau geboten werden. Diese wird nicht auf "satt, warm, sauber" beschränkt, sondern längst nach ganzheitlichen Aspekten sowohl auf körperliche als auch psychische Bedürfnisse ausgerichtet. Der Mensch als solcher steht im Mittelpunkt, darf und soll sich nach seinen eigenen Möglichkeiten wohl fühlen. Es wird auch niemand (!) gegen seinen Willen aufgenommen. Christof Tumler: "Viele Menschen möchten von sich aus ins Heim, da sie sich hier sicher und versorgt fühlen. Vor dem Heimeintritt gibt es zahlreiche Gespräche, Probewohnmöglichkeiten, sowie weitere Maßnahmen um diesen so sanft und individuell wie möglich zu gestalten." Dennoch ist ein Heimeintritt ein einschneidendes Ereignis, vor dem alternative Möglichkeiten überdacht werden sollten. [F] Die Tabus [/F] Die ältere Generation hat sich zu einer neuen Gesellschaftsschicht entwickelt. Diese ist dabei ihre Rolle neu zu definieren und verfügt über ein gestärktes Selbstwertgefühl. Damit ist es Zeit, mit einem der größten Tabus, jenem der Sexualität im Alter zu brechen. Obwohl bei vielen Menschen die Lust mit fortschreitendem Alter abnimmt, sind alte Menschen längst keine geschlechtslosen Menschen. Neben der Sexualität wird auch über den Tod kaum gesprochen. Viele fürchten ihn, möchten schon gar nicht in Anwesenheit ihrer älteren Angehörigen darüber sprechen. Aber es ist wichtig sich frühzeitig mit diesem Thema auseinanderzusetzen, die Zeit nutzen sich zu verabschieden, Wichtiges nicht ungesagt zu lassen. [F] Pflegenotstand [/F] So sehr sich die einzelnen Einrichtungen auch um gleichbleibende Qualität bemühen, ist es doch eine Tatsache, dass es an qualifiziertem Personal mangelt. Sowohl an Altenpflegern, als auch an Krankenpflegern fehlt es seit Jahren. Viele geben ihren Beruf nach einiger Zeit wegen Überlastung auf, die Burn-out-Quote ist unter Pflegern relativ hoch. Steigt die Anzahl der Pflege-bdürftigen weiter, bei gleichbleibender Anzahl von Pflegekräften erwarten uns in Zukunft große Probleme, deren Vorläufer sich bereits bald bemerkbar machen könnten. [F] Der Zukunft gelassen entgegensehen [/F] Neben den oben genannten Pflegemöglichkeiten gibt es weitere unterstützende Dienste für alte Menschen (Altenwohnungen, Essen auf Rädern, ...). Mit der richtigen Vorbereitung sollten wir uns nicht vor dem Altern fürchten. Die meisten Menschen erleben diesen Lebensabschnitt als einen sehr schönen, im Gespräch mit älteren Menschen haben mir eigentlich alle versichert, dass ich mich auf diesen Teil meines Lebens ruhig freuen darf. [K] Weitere Informationen zu diesen Themen erteil die Bezirksgemeinschaft sowie die verschiedenen Heime. Dieser Text entstand durch die konstruktiven Gespräche mit älteren Menschen und die Erfahrungen im Bereich der Altenpflege von: Christof Tumler, Leiter des Heimes in Schlanders Hilde R., Monika P., Anita A., Herta T. Altenpflegerinnen Rosamunde Patscheider seit 3 Jahren pensionierte Pflegerin und Präsidentin des Kosortiums Schluderns- Laas [/K]
Andrea Perger

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