Junge Vinschger, die etwas bewegen: Schaut euch die ganze Welt an!

Publiziert in 44 / 2011 - Erschienen am 7. Dezember 2011
Lisa Pichler hat vor einigen Monaten die Oberschule in Schlanders mit dem Prüfungsergebnis 100/100 abgeschlossen. Nun will sie über ein auch vom Malser Apotheker Johannes Fragner Unterpertinger unterstütztes Projekt zu einem Einsatz nach Kamerun gehen. Wir haben mit Lisa über ihre Einstellungen und die Motivationen nach Kamerun zu gehen, ge­sprochen. Du willst nun in ein fernes Land gehen. Was bedeutet Dir Deine Familie? Lisa Pichler: Ich bin ein Einzelkind. Meine Familie bedeutet mir alles. Das sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Ich weiß genau, dass ich mich immer auf sie verlassen kann und dass sie nichts dafür als Gegenleistung verlangen. Wie siehst Du die Entwicklung, alles und jedes am Geld und am finanziellen Erfolg zu messen? Meist ist es heute so, dass man für alles eine Gegenleistung erwartet. Freundschaft oder Nächstenliebe spielt kaum noch eine Rolle. Unsere Gesellschaft ist am Konsum orientiert. Die Werte, die eigentlich zählen, kommen zu kurz. Hat diese Meinung auch damit zu tun, dass Du nun nach Kamerun gehen willst? Ich denke, dass wir bei Menschen, die nicht so viel haben wie wir, die nicht so konsumorientiert sind, jene Werte finden können, die eigentlich im Leben zählen sollten. Was wäre Dein Traum, den Du in Deinem Leben gerne verwirk­lichen möchtest? Mein Traum ist es, einfach ein glückliches Leben zu führen, viel mit zu nehmen, viele Freunde zu finden, viel kennen zu lernen. Ist das für Dich Glück? Ja, das ist für mich Glück. Gibt es noch andere Gründe, warum Du nach Kamerun gehen möchtest? Ich möchte von meinem Glück etwas an andere weitergeben und ich möchte eine andere Kultur kennen lernen. Was wirst Du in Kamerun machen? Ich werde mich vor allem mit Kindern beschäftigen, in einem Waisenhaus oder in einer Schule und auch bei Projekten mithelfen. Du hast mit 100/100 Punkten maturiert. Wie ist Dir das gelungen? Das war eigentlich nicht so schwierig. Ich glaube, dass das jeder erreichen kann, wenn er will. Ich war auch nicht immer fleißig, aber mein Sprachtalent hat mir sicher geholfen. Wie viele Sprachen sprichst Du jetzt? Englisch, Französisch, Italienisch und Deutsch. Latein zählen wir nicht mit. Weißt Du schon, welches Studium Du beginnen möchtest? Ich möchte Wirtschaft studieren, am liebsten in England. Es zieht mich eher weiter weg. Fühlst Du Dich nicht wohl in Südtirol? Doch schon. Wenn jemand mich fragt, ob Südtirol meine Heimat ist, dann antworte ich: Heimat ist für mich kein Ort, sondern ein Gefühl. Heimat ist für mich dort, wo meine Freunde sind, wo Menschen sind, die mich lieben, wo meine Familie ist. Wie siehst Du die Nachkriegsgeneration, was haben sie gut gemacht, was weniger gut? Sie mussten früher in italienische Schulen gehen. Heute haben wir deutsche und italienische Schulen. Dass wir hier in Italien leben, ist einfach ein Faktum, darum sollte man auch richtig Italienisch können. Man sollte den alten Hass gegen Italien beiseite lassen und die Sprache trotzdem ordentlich lernen. Ich finde, dem Italienischunterricht, so wie wir ihn haben, fehlt es an Systematik und das ist auch häufig der Grund für diese Ablehnung. Was würdest Du Deinen Altergenossen empfehlen? Schaut euch die ganze Welt an, nicht nur das, was wir hier haben. Das bringt auch zum Nachdenken. Ich würde mich natürlich auch darüber freuen, wenn jemand unsere Projekte unterstützen will: mydonate.bt.com/fundraisers/givinghope Interview: Friedrich Haring Zur Person Name: Lisa Pichler Geboren: 1992 Wohnort: Sulden Tätigkeit: Studentin Hobby: Schreiben, vor allem Prosa Familie: Ledig Motto: Lebe jeden Tag, als wäre es dein letzter.
Friedrich Haring

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