Gruppenbild ehemaliger „Grenzer“

Nostalgie an der Grenze

Publiziert in 18 / 2012 - Erschienen am 9. Mai 2012
Reschen – Ein Treffen an der Grenze, initiiert von Santa ­Kumar Saundaranayagam, für all diejenigen, die von 1978 bis 2003 an der Grenze zu Österreich ihren Dienst abhielten, führte über 80 ehemalige und noch diensthabende Beamte am Sonntag, 29. April, in Reschen zusammen. Zahlreiche ehemalige „Grenzer“ reisten von weit her, um Kollegen und Freunde wiederzusehen – aus Triest und Udine, von Sardinien oder aus Apulien, aus Brixen, Bozen und Verona. Wer nicht bis zuletzt an der kontrollierten Grenze dabei war, wer nicht zur Finanzpolizei, den Carabinieri, dem Zollamt, dem ACI, der Polizei, den dort arbeitenden Speditionen, den Wirten, Kellnern, Hoteliers und Geschäftsfrauen gehörte, die den kleinen Raum zwischen zwei Ländern beruflich teilten, der wird jene Nostalgie, mit der diese Grenze behaftet ist, kaum nachvollziehen können. Ein eigener Kosmos traf sich und schloss Freundschaften, manch einer heiratete über die Grenze hinaus nach Nord- und Südtirol oder Skandinavien. Santa Kumar Saundaranayagam verschlug es 1978 nach Reschen, er arbeitete jahrzehntelang auf der Grenze und ist heute noch in Reschen glücklich. Der bis Juni amtierende Chef der Carabinieri Reschen, Vito ­Guadagnano, und Santa Saundaranayagam­ kennen sich seit 1980: „Es war Santas Idee, noch einmal ein großes Treffen zu organisieren – wir hatten damals viel gemeinsam unternommen und waren nicht nur Kollegen, sondern wurden zu Freunden.“ Mit einer Messe in der Reschener Pfarrkirche, die den verstorbenen Grenzern und Grenzbeamten Italo Salfino, Willi Grebmer und Anton Wallnöfer gewidmet war, begann das Wiedersehen. Nach einem Aperitif an der Grenze, unterstützt von Martina und Rosmarie Nassberger, die seit Mitte der 70er Jahre dort ein Geschäft führen, ging die Feier bis in die frühen Abendstunden im Hotel Mohren weiter. Saundaranayagam sieht das Wegfallen der Grenzkontrollen nicht positiv: „Der Respekt ist nicht mehr da – das fängt damit an, dass früher 50 km/h gefahren wurde, wenn 50 km/h gefahren werden sollte. Viel Positives kann ich nicht erkennen, für das Gastgewerbe war das nicht nur gut.“. Die Hemmschwelle Grenze habe gut funktioniert, bestätigt auch Guadagnano, der jedoch schlussfolgert, dass „wir 2012 so emanzipiert sein sollten, ein Europa ohne Grenzen zu bestreiten“.
Katharina Hohenstein

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