Peter P. Pramstaller (links) bei der Arbeit

Film veranschaulicht Genforschungsprojekt

Publiziert in 5 / 2006 - Erschienen am 8. März 2006
Bozen/Vinschgau – Die Suche nach Genen, die Krankheiten verursachen, sowie die wissenschaftliche Erforschung von Zusammenhängen zwischen Genen, Umwelteinflüssen und Krankheitsbildern sind die Ziele des Forschungsprojekts GenNova an der Europäischen Akademie (EURAC) in Bozen. Seit 2001 widmet sich das an der EURAC angesiedelte Institut für Genetische Medizin unter der Leitung des Neurologen Peter P. Pramstaller der Genforschung. Das „Rohmaterial“ beziehen die Forscher aus der Vinschgauer Bevölkerung der Orte Stilfs, Martell und Langtaufers. Die Basisärzte unterstützten das Projekt. Der Historiker Gerd Klaus Pinggera aus Stilfs, einer der derzeit 16 Projekt-Mitarbeiter, hatte gemeinsam mit seinem Team die geschichtlichen Daten erhoben und die Stammbaumforschung durchgeführt. Was hinter dem GenNova-Projekt steckt, belegt der 45-minütige Dokumentarfilm „Das Geheimnis der Bergbauern“, den die Regisseurin Katrin Kramer aus Berlin im Auftrag der Fernsehsender ZDF und ARTE im Laufe des vorigen Jahres gedreht hat. Erstmals gezeigt wurde der Film am 22. Februar an der EURAC in Bozen. Am 2. März war der Film im Sender ARTE zu sehen, wo er am 9. März um 17.20 Uhr wiederholt wird. Eine weitere Ausstrahlung ist dann auch im ZDF vorgesehen, deren Sendezeit wird frühest möglich mitgeteilt. „Wir haben es hier mit einem beeindruckenden Forschungsprojekt von Menschen, mit Menschen und für Menschen zu tun,“ sagte die Regisseurin unmittelbar vor der Filmpremiere. Sie sei über einen Artikel in der Zeitschrift „National Geographic“ auf das Südtiroler Genforschungsprojekt aufmerksam geworden. Sie hege Hochachtung für die komplexe Arbeit der Forscher und tiefen Respekt vor der bergbäuerlichen Bevölkerung. „Die Leute haben selbstbewusst mitgemacht, ließen sich von Kopf bis Fuß untersuchen und gaben ihre Familiengeschichte preis,“ sagte Katrin Kramer. Das Vertrauen der Vinschgauer Bevölkerung in die Genforscher sei groß. Ihr Film wolle nicht zuletzt auch eine kleine Liebeserklärung an Südtirol sein. Die Forschungsvoraussetzungen in Stilfs, Martell und Langtaufers waren laut Peter P. Pramstaller geradezu ideal, „denn es gibt nur wenige Gründerfamilien und somit eine große Ähnlichkeit des Erbmaterials.“ Die Umwelteinflüsse seien zudem über viele Jahrhunderte hinweg nahezu gleich geblieben. Das Zusammenwirken zwischen Genen, Umwelt und Krankheit lasse sich unter diesen Bedingungen ideal untersuchen. Sämtliche Daten seien jetzt gesammelt und geordnet. Derzeit werde in den hoch spezialisierten Labors an der Auswertung der Daten gearbeitet. Er hoffe, im Spätsommer bzw. Herbst dieses Jahres in die drei Dörfer und zu den Hausärzten zurückkehren und über den bisherigen Forschungsstand berichten zu können. Mit dem GenNova-Projekt soll versucht werden, auf dem Gebiet der Genetik und der Epidemiologie einen entscheidenden Beitrag zur Aufklärung genetischer und umweltbedingter Krankheitsursachen zu leisten. Die Forschungsergebnisse sollen eine wichtige Grundlage für die verbesserte Früherkennung, Prävention und Behandlung von häufigen Krankheiten bilden. Der Zweck des Films sei es, die komplexe Forschungsarbeit auf einfache Art und Weise einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Dies unterstrich auch EURAC-Präsident Werner Stuflesser. Es sei erfreulich, dass die Regisseurin versucht hat, diese komplexe Materie „über die Schiene der betroffenen und untersuchten Personen“ aufzubereiten. Dank zollte Werner Stuflesser dem Landesassessorat für Gesundheitswesen und der Stiftung Südtiroler Sparkasse, die den Großteil der Kosten des gesamten GenNova-Projektes tragen. Im Anfangsjahr (2001) wurden für das Projekt 150.000 Euro ausgegeben, im Vorjahr waren es rund eine Million Euro. Das Institut für Genetische Medizin arbeitet auch auf internationaler Ebene mit renommierten Forschungszentren in den USA und in Deutschland zusammen und kooperiert zudem mit weltweiten Forschungsprogrammen der gleichen Art (Island, Finnland, Sardinien), die schon seit einigen Jahren erfolgreich durchgeführt werden. Das Publikum zollte dem Dokumentarfilm viel Applaus. Die Regisseurin und ihr Team haben es verstanden, zu allererst die Menschen in Szene zu setzen. Zum einen die Menschen am Berg in ihrer Originalität und Spontaneität und zum anderem die Forscher, die am Computer Familienstammbäume nachzeichnen und menschliches Erbgut miteinander vergleichen, in den Labors Gen-Untersuchungen vornehmen oder sich mit Bioethik auseinandersetzen. Die Dokumentation bewegt sich in einem interessanten Spannungsfeld zwischen Hightech-Forschung und archaischer Lebensweise. Sie zeigt, wie kompliziert und schwierig die Suche nach Krankheitsgenen ist und fragt auch nach den ethischen Rahmenbedingungen des Südtiroler Gen-Projektes.
Josef Laner

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