Im Bild links der Landschaftsplan mit den Änderungsvorschlägen der SVP. Diese Vorschläge wurden von der Landesregierung zum größten Teil übernommen; im Bild rechts der ursprüngliche Vorschlag der 1. Landschaftsschutzkommission.

„Das ist das Aus für die ‚Prader Sand’“

Publiziert in 20 / 2006 - Erschienen am 27. September 2006
Der Landeshauptmann bezeichnete den Landschaftsplan der Gemeinde Prad, der erst seit wenigen Tagen rechtskräftig ist, als einen „für alle tragbaren Kompromiss“. Ganz anders sehen das die „Initiativgruppe Prader Sand“ und eine Reihe von Vereinen, Verbänden und Umweltorganisationen. „Die Landesregierung hat das ‚Biotop Prader Sand’ auf fast die Hälfte zusammengestutzt und zahlreiche Vorschläge der 1. Landschaftsschutzkommission gestrichen,“ heißt es in einer gemeinsamen Presseaussendung der Initiativgruppe, der Arbeitsgemeinschaft für Vogelkunde und Vogelschutz Südtirol, des CAI (Club Alpino Italiano), der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA, des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz, des Heimatpflegeverbandes Südtirol, des Umweltbundes Südtirol (Legambiente), der AVS-Sektion Prad, der Umweltschutzgruppe Vinschgau und des WWF Trentino-Südtirol. „Der Beschluss der Landesregierung berücksichtigt nur vordergründige wirtschaftliche Interessen,“ stimmten Dominique Wallnöfer, Rudi Maurer und Udo Thoma am 21. September bei einem Presse­gespräch in Prad überein. Sie sind zusammen mit Wunibald Wallnöfer und Karl Bernhart die fünf Gemeinderatsmitglieder der Liste „Für Prad“. Diese Liste hatte sich seinerzeit aus der „Initiativgruppe Prader Sand“ heraus formiert. „Bei der ‚Prader Sand’ wurden nur das Flussbett und kleine Uferbereiche als Biotop ausgewiesen. Die angrenzende letzte Trockenau Südtirols und weitere besonders wert­volle Areale, darunter auch die Lichtenberger Au, sollen keinerlei Schutz erhalten,“ heißt es in der Aussendung. „Sogar das Ansuchen eines privaten Grundeigentümers, der dort erhebliche Flächen besitzt und eine Unterschutzstellung beantragt hat, wurde abgelehnt,“ sagte Rudi Maurer. Die Landesregierung sei auf die Stellungnahmen zum Landschaftsplan kaum eingegangen und habe Anträge großteils unbegründet abgelehnt. „Mit der vom Land be­schlossenen Reduzierung des Biotops von 50 auf 30 Hektar ist mit Ausnahme des Bachbettes praktisch fast nichts mehr geschützt,“ kritisierte Udo Thoma. Er verwies auf nationale und internationale Fachstudien, welche die große Bedeutung der „Prader Sand“ für den Artenschutz belegen. Um diesen Lebensraum langfristig zu schützen, müssen auch die bestehenden Sand- und Kiesflächen als Ganzes berücksichtigt werden. Eine Verkleinerung der Trockenaue hätte negative Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem „Prader Sand.“ Im IBA (Important Bird Area)-Gutachten des Sachverständigen Leo Unterholzner heißt es: „Der Flusslebensraum Prader Sand gehört zu den prioritären Lebensräumen und erfüllt die Kriterien der FFH-Richtlinie für die Ausweisung als Natura 2000 Gebiet und als ‚Besonderes Vogelschutzgebiet’.“ (FFH bedeutet Flora Fauna Habitat). Auch auf das Prader Leitbild verweist Udo Thoma. Darin ist unter anderem festgeschrieben, „dass die ‚Prader Sand’ und die ‚Kultur’ unter Schutz gestellt werden sollen. Ziel ist es, die Einzigartigkeit der Fluss­landschaft soweit wie möglich zu erhalten. Die „Prader Sand“ und auch die „Kultur“ müssen laut Thoma immer als Ganzes gesehen werden. Als „vordergründiges wirtschaftliches Interesse“ ist laut den drei Gemeinderäten unter anderem die Ausweisung einer 5 Hektar großen Fläche für den Schotterabbau im Bereich der Lärchensamenplantage anzusehen. „Die Plantage ist nur rund 3 Hektar groß und ‚im Bereich’ kann vieles bedeuten,“ sagt Rudi Maurer. Hand in Hand mit der Ausklammerung der Talsohle aus dem Nationalpark würden schon erste Flächen „geopfert“, so auch mit dem geplanten Bau eines neuen Fischteichs. Dabei habe der Nationalparkrat bereits 2004 beschlossen, dass ökologisch wertvolle Lebensräume wie die „Prader Sand“ oder weite Teile des ehemaligen Munitionsdepots in Tschengls im Zuge der Neuabgrenzung des Parks als Landesbiotope ausgewiesen werden sollen. Aber nicht nur die Landes­regierung steht im Schussfeld der Kritik, sondern auch der Prader Gemeindeverwaltung wird vorgeworfen, sich über den Willen der Bevölkerung hinweggesetzt zu haben. „Die Gemeindeverwaltung hat nie klar gesagt, was sie mit der ‚Prader Sand’ vorhat, obwohl sie ganz offensichtlich bestimmte Hinterabsichten hatte,“ sind Maurer, Thoma und Wallnöfer überzeugt. Es sei bewusst Geheimnistuerei betrieben worden. Die Umweltverbände sind „bestürzt über die Vorgangsweise der Landesregierung und der Gemeindeveraltung und werden für den Schutz dieser einzigartigen Lebensräume weiterhin kämpfen.“ Es gebe noch Mittel, auch jetzt noch. Den Beschlussantrag der Grünen, den Landschaftsplan zu revidieren und in seiner von der 1. Landschaftsschutzkommission genehmigten Form endgültig zu verabschieden, hat der Landtag am 20. September mit nur ganz knapper Mehrheit abgelehnt (11 Ja, 13 Nein, 2 Enthaltungen). „Somit bleiben wertvolle und seltene Naturlebensräume ohne Schutz und der Willkür der Grundbesitzer anheim gestellt,“ beanstanden die Grünen. Der Prader Bürgermeister Hubert Pinggera sagte auf Anfrage, „dass wir mit dem Landschaftsplan, wie ihn das Land genehmigt hat, gut leben können.“ Das Land habe die vom Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossenen Anträge großteils übernommen. Jene Flächen, die nicht mehr als Biotop eingestuft sind, seien jetzt als Bannzone geschützt.
Josef Laner

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