Albrecht Plangger (links) und Ludwig Schöpf lauschen den Ausführungen von Marco Balzano
Ludwig Wilhalm vom Klopairhof dankte Marco Balzano für dessen Roman und schenkte ihm seine „Erinnerungen als Bergbauer“
Florian Eller überraschte Marco Balzano mit den Schindeln des alten Pfarrturmes

Eine denkwürdige Buchvorstellung

Nun haben auch die Menschen eine Stimme, die um den Grauner Kirchturm gelebt haben. 

Publiziert in 29 / 2018 - Erschienen am 4. September 2018

Graun - Man muss Ludwig Schöpf Recht geben. „Es war fast ein denkwürdiger Abend oder einer, der unter die Haut ging“. Nicht, weil es wieder um die Geschichte ging; nicht, weil wieder der Turm im Wasser Mittelpunkt war. Nein, diesmal ging es um die Person, die sich mit dem Turm beschäftigt hatte, und um die Art und Weise der Beschäftigung. Es war weder ein Historiker, noch ein Journalist, es war ein junger Lehrer aus Mailand, der dem Turm ein literarisches Denkmal gesetzt hatte und dessen Buch in vielen Medien vorgestellt worden war. Mit dem Roman „Resto qui“, Ich bleibe, wollte Marco Balzano den Menschen eine Stimme geben, erklärte er den 100 aufmerksamen Zuhörern im Vereinssaal von Graun. Dabei nahm er Worte in den Mund, wie sie in Graun wahrscheinlich noch nie von einem Mailänder gehört worden sind: „Die Menschen hier waren Opfer einer gewaltsamen und brutalen Italianisierung“ und „Südtirol ist die einzige Region Europas, die aus einem Krieg in den Faschismus und übergangslos durch einen Krieg in den Nationalsozialismus geraten ist.“ Der Turm sei zwar ein starkes Zeichen jener Zeit, meinte Balzano in einem wohlklingenden, ausdrucksreichen Italienisch. In ihm sei 2014 bei einem Zufallsbesuch das starke Bedürfnis entstanden, ans Licht zu bringen, was unter Wasser liegt. Dabei hatte er weder Häuser, noch Felder, noch Kirche im Kopf, sondern die Menschen mit ihren persönlichen Geschichten. Die Zeitzeugen im Vereinssaal werden dies erwartungsvoll zur Kenntnis genommen haben. 

Ein Glücksfall für die Region

Einleiten durfte den Abend die Musikgruppe „Reschenseer“ und Gerald Burger als Direktor der Ferienregion Reschenpass. Er nannte Marco Balzano „einen Glücksfall für die Region“ und ersuchte die gut 50 Besucher italienischer Muttersprache den Namen Reschenpass in die Welt hinaus zu tragen. Der Grauner Parlamentarier Albrecht Plangger schilderte die Begegnung mit dem Autor und gab zu, die Bücher von Marco Balzano nie gelesen, sondern weitergeschenkt zu haben. Allerdings hätten jene, die sie gelesen hatten, und „seine Nase“ ihm gesagt, dass man den Autor unbedingt nach Graun einladen müsse. Er habe dann seine „amici“, Florian Eller, Präsident des Kulturvereins Oculus, und Ludwig Schöpf beauftragt, Balzano als Dolmetscher zur Seite zu stehen und mit Zeitzeugen in Kontakt zu bringen. In seinem Buch hat der Autor „maestro Schöpf“ eine „miniera di informazioni“ genannt. Ein erster Anstoß, sich mit Graun zu beschäftigen, sei ihm Alexandra Stechers Schrift zur Option „Eingegrenzt und ausgegrenzt. Heimatverlust und Erinnerungskultur“ gewesen. Durch die Professorin Letizia Flaim habe er von den Katakombenschulen erfahren. Das habe ihn bewogen, die Katakomben-Lehrerin „Trina“ zur Hauptfigur seines Roman „Resto qui“ zu machen. Balzano eröffnete seine Lesung mit Trina, die sich an die Tochter erinnert, die optiert und das Land verlassen hatte. Er beendete die Lesung mit dem Tag, an dem die Häuser mit roter Farbe markiert und dann gesprengt wurden. Den Abend beendete Florian Eller, der Marco Balzano zwei Schindeln vom Turm der alten Pfarrkirche schenkte. Albrecht Plangger meinte zum Buch: „Wir haben jetzt ein Werk, das wir aufbewahren oder unseren Gästen schenken können.“

Günther Schöpf

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