Zugkräftige Jahresversammlung
Publiziert in 4 / 2016 - Erschienen am 3. Februar 2016
Vor 15 Jahren wurde der Verein Freunde der Eisenbahn gegründet und Südtiroler Verkehrsgeschichte neu geschrieben.
Staben - Den 10-jährigen Geburtstag der neuen Vinschgaubahn hatte man am 2. Mai 2015 gefeiert. Im Rückblick weiß man, dass zu den erfolgreichsten Geburtshelfern der modernen Bahn jene 56 „Überzeugten“ zu zählen sind, die sich am 28. Dezember 2000 am Bahnhof „Schnalsthal“ zum „Verein Freunde der Eisenbahn“ zusammengeschlossen und ihren leidenschaftlichsten Vertreter, einen gewissen Walter Weiss, zum Vorsitzenden gewählt hatten. Vor diesem Hintergrund war die 15. Jahresversammlung der Eisenbahnfreunde im Schul- und Bürgerhaus von Staben mehr als ein gewöhnliches Jubiläum. Es war auch eine persönliche Würdigung für Walter Weiss, den Naturnser Altbürgermeister, den „Architekten“ des Erlebnisbahnhofs Naturns und äußerst mobilen Vorkämpfer für die Mobilität auf Schiene. Die prominentesten Gratulanten unter den 150 Besuchern der Jahresversammlung waren Landeshauptmann Arno Kompatscher, sein Stellvertreter Richard Theiner, Gemeindenverbandspräsident Andreas Schatzer, Bezirkspräsident Andreas Tappeiner und an die 20 amtierende und ausgediente Bürgermeister, Referenten, Vertreter von Bezirksgemeinschaften, Vorstände von Landesämtern und - nicht zu vergessen - der Finanz- und Kommunikationschef der Schweizerischen Bundesbahn, Hans Peter Leu, und der pensionierte Verkehrsplaner und Eisenbahnexperte Paul Stopper, ebenfalls aus der Schweiz. Dass es dazu ein griffiges Geburtstagsgeschenk gab, dafür hatte Walter Weiss im Vorfeld selbst gesorgt. Unter dem Titel „Zug um Zug“ ist der Weg von der Vereinsgründung über die Vinschgaubahn zur Südtirol Bahn auf 132 Seiten farbig und bildhaft im Taschenbuchformat nachgezeichnet worden.
Die Zukunft hat erst begonnen
Als Höhepunkt der Feier wurde das Referat von Landeshauptmann Kompatscher über „Die Zukunft der Eisenbahn in Südtirol“ angekündigt. Er bezeichnete die bescheidenen 2 Prozent Zuwachs - „allerdings auf höchstem Niveau“ - an Nutzern der Vinschgaubahn als Beweis, dass die Kapazitätsgrenze erreicht und deren anstehende Elektrifizierung gerechtfertigt sei. Die Ausgaben von 55 Millionen Euro würden sich durch Zuwachs an Fahrgästen, Senkung des Treibstoffverbrauchs, der Wartungskosten und den Rückgang der Umweltbelastungen selbst rechnen. „Den 23. Dezember sehe ich als mein persönliches Weihnachtsgeschenk. Da wurde die Abmachung mit dem RFI (Rete Ferroviaria Italiana) zum Bau des Virgl-Tunnels unterzeichnet,“ teilte Kompatscher mit. Das wirke sich auf die Vinschgaubahn und auf die direkte Verbindung Mals-Bozen aus, weil man nicht mehr auf den Geleisen der Brenner-Linie in den Bahnhof Bozen einfahren müsse. Besonders aufmerksam lauschten die Besucher, als die Verbindung in die Schweiz angesprochen wurde. Der Landeshauptmann ließ keine Zweifel aufkommen: „Die wahrscheinlichste Variante ist die Tunnelvariante Mals-Scuol. Dazu bin ich mit Verkehrsminister Graziano Delrio und der schweizerischen Bundesrätin für Verkehr Doris Leuthard zusammengetroffen. Auch mit EU-Präsident Jean-Claude Juncker habe ich darüber gesprochen.“ Es gehe um 250 Millionen Euro, die über die EU zu stemmen wären. Vorausgesetzt die Eidgenossen sähen eine Perspektive für Graubünden und speziell für das Engadin, sagte Kompatscher in Richtung des Schweizer Ehrengastes Hans Peter Leu.
Die Kontinuität bleibt gewahrt
Der wiederum stellte in seinem Kurzvortrag die schrittweise Annäherung zumindest des schweizerischen Münstertales an den Vinschgau anhand der „ganzjährigen Stundentacktverbindung Tschierv-Mals“ seit 13. Dezember 2015 vor. Stolz gab Leu die Einrichtung der „Schnellbuslinie Landeck-Zams - Martina“ bekannt. Für die Vinschger würden sich von Innsbruck über Martina nach Nauders und über den Reschenpass nach Mals eine Zeitersparnis von 60 Minuten ergeben. Überzeugend auch sein Rechenbeispiel für einen Malser, der mit dem Auto in 6 Stunden und 33 Minuten nach Wien fährt, aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur 52 Minuten später, aber entspannt anreisen könnte. Es folgte die Bekanntgabe des „Bahnhof des Jahres“ durch Vorstandsmitglied Arthur Scheidle. Für viele wurde es Nachhilfe in Südtirol Geographie, als der ehemalige Bürgermeister von Klausen die Besonderheiten und Lage des Sieger-Bahnhofs Waidbruck-Lajen erklärte. Die feierliche Übergabe der Auszeichnung soll am 28. Mai erfolgen. Bevor es zur Vorstellung des Buches „Zug um Zug“ kam, übernahm Landesrat Richard Theiner den Vorsitz und die Bürgermeister Rosmarie Pamer, Andreas Schatzer und Andreas Tappeiner durften als Wahlhelfer in Aktion treten. Keine Überraschung war die überwältigende Zustimmung für Walter Weiss, der zusammen mit Franziska Mair, Arthur Scheidle, Alois Vent, Johann Passler, Siegfried Tutzer, Roselinde Gunsch Koch, Astrid Pichler und Oswald Schiefer den zukünftigen Vereinsausschuss der Freunde der Eisenbahn bildet. Für Kontinuität im Ringen um eine glorreiche Eisenbahnzukunft ist also gesorgt. Der Herzenswunsch der Eisenbahnfreunde - ein „staufreier Korridor in die Landeshauptstadt“ - wird sich erfüllen.
Günther Schöpf
Günther Schöpf