Ein Rendering des geplanten neuen Gebäudes aus dem Siegerprojekt des Architekten Stephan Marx und der Architektin Claudia Aimar.
Bei der Vorstellung des Siegerprojektes ((v.l.): Diego Satto, Karin Tschurtschenthaler, Tobias Marseiler, Rafael Alber, Siegfried Delueg, Gertrud Kofler und Michaela Platzer.
Laut Siegfried Delueg kann dem derzeitigen Gebäude Hand in Hand mit der Umgestaltung der „ungute monumentale Charakter“genommen werden.
Claudia Aimar
Stephan Marx

Zeit für Neues

Gemeinsame Heimstätte für Menschen mit Behinderung und Jugendliche in Prad.

Publiziert in 5 / 2024 - Erschienen am 12. März 2024

Prad - Fast ein Vierteljahrhundert nach der Inbetriebnahme ist die Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Prad in die Jahre gekommen. Schon 2019 hatte eine Baumängel-Analyse ergeben, dass sich die Mängel, wie etwa das undichte Dach, mit punktuellen Eingriffen nicht wirklich in den Griff kriegen lassen. Angesichts der Tatsache, dass es zudem auch mehr Platz für die Betreuung von Menschen mit Behinderung braucht und außerdem schon seit vielen Jahren eine neue Bleibe für den Jugendtreff gesucht wird, haben sich die Gemeinde Prad und die Bezirksgemeinschaft Vinschgau darauf geeinigt, einen europaweiten Planungswettbewerb für die Erweiterung der Werkstatt und die Errichtung des Jugendzentrums auszuschreiben. Das Siegerprojekt ist ermittelt und wurde am 29. Februar im Bürgersaal im Rathaus vorgestellt. Alle 8 Projekte, die es in die engere Auswahl geschafft hatten, können noch bis zum 15. März im Eingangsbereich des Rathauses besichtigt werden. Erfreut zeigten sich Bürgermeister Rafael Alber und seine Stellvertreterin Michaela Platzer, die u.a. für das Sozialwesen und die Jugend zuständig ist, dass auch viele Jugendliche sowie Vertreterinnen und Vertreter des Jugenddienstes Obervinschgau zur Vorstellung gekommen sind. Alber und Platzer erinnerten daran, dass sich der Jugendtreff seit rund 20 Jahren im Keller der Grundschule befindet und die Jugendlichen schon seit langem auf neue Räume warten.

„Zu eng und nicht mehr adäquat“

Der Bedarf an zusätzlichen Räumen für eine adäquate Betreuung und Begleitung von Menschen mit Behinderung ist laut Karin Tschurtschenthaler, der Direktorin der Sozialdienste der Bezirksgemeinschaft Vinschgau, klar gegeben. Eine Bedarfsanalyse, die vor rund 4 Jahren an Kindergärten und Schulen durchgeführt wurde, habe ergeben, „dass pro Jahr in etwa 3 Menschen mit Mehrfachbehinderungen oder schweren Behinderungen dazukommen.“ Derzeit werden zwischen 30 und 35 Menschen betreut. Der Dienstleiter der Werkstatt, Diego Satto, ergänzte, dass immer mehr ältere Menschen im Anschluss an Beschäftigungsprojekte in Betrieben in die Werkstatt zurückkommen möchten. Dass es an der Zeit ist, eine endgültige Lösung zur Behebung der Mängel zu finden und das Gebäude zu erweitern, um den Platzbedarf zu decken, unterstrich auch Tobias Marseiler in seiner Funktion als Techniker der Bezirksgemeinschaft. Mehrere kleinere Eingriffe wären einerseits zu teuer gewesen und hätten das Problem nicht wirklich gelöst.

Werkstätte und Jugendzentrum im „Dialog“

Mit der Vorgabe, „nicht einfach alles abzureißen und neu zu bauen, sondern zu schauen, wie man mit dem Bestand umgehen kann“, haben sich die Bezirksgemeinschaft und die Gemeinde laut dem Architekten Siegfried Delueg für eine „intelligente Ausschreibung“ entschieden. Das Jurymitglied Delueg hatte die zugelassenen Projekte zusammen mit Tobias Marseiler (Präsident), Rafael Alber, Karin Tschurtschenthaler und dem Architekten Michael Felder aus Innsbruck begutachtet und bewertet. Die Gesamtkoordination lag in den Händen der Architektin Gertrud Kofler. Dass die Jury das Projekt des Architekten Stephan Marx und der Architektin Claudia Aimar zum Siegerprojekt auserkoren hat, ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass sie etliche gemeinsame, offene und mit viel Licht durchflutete Räume und Begegnungsorte für die Menschen mit Behinderung und die Jugendlichen vorgesehen haben. Besonders gewürdigt hat die Jury „die einladende Geste des Gebäudes beim Ankommen und den Dialog der Werkstätte mit dem Jugendzentrum.“ Vor allem die „Positionierung der Aufenthaltsräume der Werkstätten und die Schaffung eines gut dimensionierten Innenhofes im Untergeschoss“ seien überzeugend. Der Bestand im Erd- und Untergeschoss werde damit aufgewertet. Ebenso überzeugend sei die Höhenstaffelung der Bauvolumen. Die architektonische Gestaltung und die Materialwahl - das Gebäude soll zum Großteil in Holzbauweise errichtet werden - seien angemessen.

„Bauliche und inhaltliche Integration“

Dank der Erweiterung können neue Betreuungs- und Pflegeräume sowie zusätzliche Werkstätten für die Menschen mit Behinderung geschaffen werden. Für die Jugend sind u.a. ein Jugendtreff, ein Kinoraum sowie Projekträume vorgesehen. An der Wand zur Straße hin werden die Jugendlichen die Möglichkeit bekommen, ihr Graffiti-Können voll auszuleben. Wie die Vizebürgermeisterin und der Bürgermeister zusagten, wird die Jugend bei der Einrichtung und Außengestaltung miteinbezogen. Auch über die eventuelle Errichtung eines Skateparks im großzügigen Außenbereich soll noch näher diskutiert werden. Der größte Wunsch von Michaela Platzer ist es, dass es nicht nur zu einer baulichen, „sondern auch inhaltlichen Integration kommt.“

Wann ist Baubeginn?

Auf die Frage einer Jugendlichen, wann der Bau beginnen wird, antwortete Rafael Alber, dass im besten Fall im Jahr 2025 begonnen werden kann. Nun stünden die Planungsphase und die Beschaffung der Geldmittel ins Haus. Seitens des Landes gebe es bisher erst mündliche Zusagen. Die Finanzierung werde über zwei Schienen erfolgen: Bezirksgemeinschaft und Gemeinde. Die Höhe der reinen Baukosten ohne Mehrwertsteuer werden mit rund 4,5 Millionen Euro beziffert. Sicher ist laut Alber, „dass wir vor 2026 nicht einziehen werden.“ Die Unterbringung der Menschen mit Behinderung während der Bauphase wird für die Bezirksgemeinschaft keine leichte Herausforderung werden.

Josef Laner

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