Thomas Schranz, Johanna Platzgummer und Erich Höchenberger (von links) 
Praxis und mehr: Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Grundkurses Weidezaun im Avignatal
Zäunen: auch in schwierigem Gelände möglich.

Zäunen für Einsteiger, Wissen für Fortgeschrittene

Grundkurs Weidezaun bot Tipps und Tricks für schwierige Geländeetappen und schärfte den Blick für Elementares rund um die Beweidung von Almflächen.

Publiziert in 31-32 / 2021 - Erschienen am 29. September 2021

Taufers im Münstertal - Erich Höchenberger, Hirte und Tischler aus Taufers, und der Schäfer Thomas Schranz - Initiator des grenzüberschreitenden Vereins Erhalt der Weidekultur und Hirtentradition - zeigten, wo es langgeht, wenn der Zaun zum Schutz der Weidetiere gerade und durchgehend gut gespannt stehen soll. Organisiert von der Gemeinde Taufers und der AG Weidekultur im Südtiroler Bildungszentrum boten die beiden Kursleiter mehr als Basiswissen: „Wie man einen Zaun aufstellt, das wissen die meisten ja schon“, sagte Thomas Schranz. Hürden wie unebenes Gelände oder Bachläufe stellen Schwierigkeiten dar, aber auch die Höhe der Spannung ist bei Hirten, Schäfern und Schafbauern immer wieder ein Thema: Erich Höchenberger setzt auf mindestens 4.000 Volt und auf eine stabil angebrachte Erdung im Boden - sinnvoll sei ein längeres Erdungseisen, angeschlossen an ein Photovoltaikelement samt Batterie. Doch auch alte Zäune können aufgerüstet werden - mit einem praktischen Erdungskabel. Selbst bei hohen Voltzahlen, die sich zwischen 10.000 und 14.000 Volt bewegen, sorgen extrem niedrige Ampère-Werte dafür, dass die Berührung nicht lebensgefährlich ist. „Wichtig ist, die Schafe früh an elektrische Zäune zu gewöhnen“, sagte Höchenberger, „am besten im Frühjahr, wenn das Fell noch kurz ist, denn das lange Fell sorgt dafür, dass die Schafe die Spannung weitaus weniger spüren“.

Mobile Zäune, Weiden, Weidetiere

Ein gut gesteckter Zaun unter ausreichend Strom dient zunächst als Lernmittel für Weidetiere und Wildtiere. Die Tiere drinnen lernen Abstand zum Zaun zu halten und nicht auszubrechen. Sie gewöhnen sich aneinander - eine Grundvoraussetzung, um dann durch ständige Behirtung aus einzelnen Gruppen von Tieren eine geschlossene Herde aufzubauen. Und die Wildtiere draußen wiederum lernen, zu den Weidetieren Abstand zu halten - von Hirsch bis Wolf. Beide Hirten heben hervor, dass Almen nicht, wie oft befürchtet, völlig eingezäunt werden. In Taufers wird am Schafberg mit Hilfe von Treibhunden nachts eingezäunt, der Hirte lässt die Tiere am Morgen frei. Die Pferche und Koppeln sollten keinen Wildwechsel queren und werden laufend umgesteckt. Ansonsten ist für eine Ausweichmöglichkeit des Wildes zu sorgen. Kommen die Schafe vom Berg, bleiben sie noch einige Wochen in Koppeln im Avignatal, wo sie täglich weitergezäunt werden. Das wiederum ist gut für die Pflege der Weideflächen, denn Schafe lassen im freien Weidegang stehen, was ihnen nicht besonders schmeckt; wie altes Borstgras oder Wermut. Solche Pflanzen breiten sich aus, die Gräser und Kräuter einer wertvollen Weide verschwinden. Erich Höchenberger stellt fest, dass sich die Weiden auf dem Schafberg und im Avignatal, seit sie behirtet werden, regenerieren. Die öffentliche Diskussion in Südtirol rund um die Beweidung der Almen kommt immer wieder auf die Tradition zurück: „Bis in die 1970er Jahre übrigens“, berichtet Höchenberger, „gab es auf dem Tauferer Schafberg für rund 1.000 Schafe zwei Hirten“. Ein Richtwert für die ideale Anzahl der Hirten sei schwierig zu definieren, sagt Höchenberger, „er hängt sehr von der Erfahrung des Personals, der Mithilfe des Alpbetreibers, der Ausrüstung der Hirten (Hunde, Zäune, etc.), der Rassen, dem Druck der Beutegreifer und vor allem vom Gelände ab“.

Für den Erhalt der Weidetradition

Sorgfältige Weideführung, sagt auch der Tösener Schäfer Schranz, „ist für den Erhalt sensibler Weideböden wichtig, bietet enormen Schutz gegen Bodenerosion und stärkt die Biodiversität“. Doch Schafe, Ziegen, Kälber oder Pferde auf den Almweiden grasen lassen, ist noch keine Almpflege. Dazu gehört die Lenkung durch Menschen, kurz: durch ausgebildete Hirten. Bis in die 1950er-Jahre und in den Jahrhunderten davor arbeiteten die meisten Leute in der Landwirtschaft, in der Almwirtschaft gab es genug Hände. „Heute müssen wir mit wenigen auskommen, haben aber mehr technische Hilfen wie mobile Weidezäune, Stromführung oder Sendehalsbänder. So können wir unser Kulturgut der Beweidung auf Almen erhalten“, fasst Schranz zusammen. Die Gesellschaft unterstützt die Landwirtschaft heute finanziell intensiv, wie es in früheren Epochen undenkbar gewesen wäre. Nun sollte auch die Behirtung angemessen finanziert werden, unterstreichen die Mitorganisatoren des Kurses, die AG Weidekultur im Südtiroler Bildungszentrum. Allein aus den Grenzgebieten zum Vinschgau, aus dem Val di Sole und der Schweiz, ist in den nächsten Jahren eine konstante Zuwanderung von Wölfen zu erwarten. Deswegen sei es höchste Zeit, den neuen Bedingungen am Berg auch im Bereich Herdenschutz professionell zu begegnen, erklärte Johanna Platzgummer von der AG Weidekultur: „Bei insgesamt 1.700 Südtiroler Almen könnten außerdem einige langfristig attraktive Arbeitsplätze für junge Hirtinnen und Hirten entstehen“. 

Katharina Hohenstein

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