Wohin Martell?
Abwanderung stoppen, Mobilitätsnetz verbessern: Gemeindeentwicklungsprogramm vorgestellt.
Martell - Auch im Martelltal wurde unlängst der Entwurf des Gemeindeentwicklungsprogramm vorgestellt. „Die Ziele für die nächsten zehn Jahre sind es, die Abwanderung weiter zu stoppen und die wichtigen Infrastrukturen zu erhalten. Wir möchten wieder auf über 1.000 Einwohner/innen kommen. Momentan haben wir bereits 25 Leute mehr als wir vor einigen Jahren hatten, das ist eine gute Tendenz. Ob dies anhält, ist etwas anderes“, bringt es Bürgermeister Georg Altstätter im Gespräch mit dem der Vinschger auf den Punkt. Das übergeordnete Planungsinstrument wurde wie in vielen weiteren Gemeinden in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Raumplanungsunternehmen Kommunaldialog erarbeitet. 2022, als der Ist-Zustand erhoben wurde, zählte die Gemeinde Martell 831 Einwohner/innen, die in 340 Haushalten lebten. Ende 2023 waren es 842. Seit 1995 ist die Bevölkerungszahl zwar leicht gesunken, die Haushalte haben aber – um rund 50 – zugenommen. Stefan Aufhauser von Kommunaldialog kam in seiner Analyse unter anderem zum Ergebnis, dass der Bedarf in den nächsten Jahren ein Mehr an fast 170 Einwohner/innen sei. Hierfür müssten neben der bestmöglichen Nutzung des Leerstandes knapp 40 neue Wohnungen entstehen. 1,4 Hektar sollten für Mischgebiete ausgewiesen werden, ein halbes Hektar für eine reine Gewerbezone.
„Die Spielräume so groß wie möglich halten“
Es gelte Entwicklungsmöglichkeiten für die Gewerbezonen Ennewasser und Gand zu schaffen. Hier sind potenziell bebaubare Flächen an den beiden Ortsenden in Richtung Hintermartell vorgesehen. Diese Flächen schließen an die bestehenden Gewerbezonen an. Für das Wohnen sollen in Meiern, Ennewasser und Gand mehrere Flächen zur Verfügung gestellt werden. „Ausweisungen und Umwidmungen müssen aber in einem zweiten Moment in den Bauleitplan eingeordnet werden, sprich die Verfahren müssen stets durch den Gemeinderat und von diesem genehmigt werden“, erinnert Bürgermeister Altstätter. Derzeit handle es sich lediglich um ein übergeordnetes Planungsinstrument, das aufgrund des Landesgesetzes für Raum- und Landschaft von jeder Südtiroler Gemeinde ausgearbeitet werden muss. „Geschlossene Ortschaften sollen so kompakt wie möglich zusammengehalten werden, mit dem Instrument will man außerdem Spekulationen entgegenwirken und Grundstückspreise nicht in die Höhe treiben. Wir als Gemeinde haben dann mehrere Möglichkeiten, Zonen auszuweisen. Das heißt, es kann etwas entstehen, es muss aber nicht“, so Altstätter. Weil weite Flächen der Gemeinde Martell in das Schutzgebiet des Nationalparks Stilfser Joch fallen, habe man versucht, „die Spielräume so groß wie möglich zu halten, damit morgen auch genügend Möglichkeiten für die Gemeindeverwaltung da sind“. Außerhalb der Siedlungsgrenzen kann direkt bei Höfen den entsprechenden Gesetzen und Gegebenheiten zufolge weiter gebaut werden.
Mobilität: Oft zu umständlich
Eine große Rolle für ein Seitental wie Martell spielt auch die Mobilität. In Sachen Mobilität werde „interkommunal“ mit den Gemeinden, Kastelbell-Tschars, Schlanders und Latsch zusammengearbeitet, um einen „Umweltverbund Mittelvinschgau“ zu realisieren. Unter dem Motto „gemeinsam für eine nachhaltige Mobilität“ gelte es ganzjährig die öffentlichen Verkehrsmittel zu stärken. Die Buslinien sollen gezielter an die Bahnlinien abgestimmt werden. Bedeutend sei das einfachere Erreichen von Latsch und den nahe gelegenen Gewerbezonen in Latsch und Vetzan. „Wenn man will, dass die Leute vermehrt auf den Nahverkehr umsteigen, dann müssen auch die Takte entsprechend angepasst werden“, fordert der Marteller Bürgermeister. Ein wichtiger und entscheidender Knotenpunkt befinde sich in Goldrain. Vom Tal in die Arztpraxis nach Latsch zu kommen sei derzeit etwa ziemlich umständlich und unter anderem mit einem Umsteigen auf den Zug verbunden.
Landschaft: gut aufgestellt
Was das Landschaftsentwicklungsprogramm betrifft, gelte es die Biodiversität zu erhalten, sich an den Klimawandel anzupassen und auf die Revitalisierung und Renaturierung im Siedlungsraum und in der Kulturlandschaft zu setzen. In Martell sei die Sensibilisierung der Tourenskigeher wichtig, Wildruhezonen seien zu beachten. Lebensraumkorridore seien zu erhalten und zu verdichten, Bär und Wolf zu regulieren. Die Berglandwirtschaft müsse noch besser unterstützt werden, die Almwirtschaft müsse erhalten und gefördert werden. Auch das Landschaftsbild und die Kulturlandschaft, sprich alte Höfe etc., seien zu erhalten. Als Schutzgebiet seien Landschaft und Natur in Martell aber ohnehin bestens abgesichert, erinnert Bürgermeister Altstätter. „Ich denke, in Sachen Biodiversität und Natur sind wir bereits sehr gut aufgestellt. In vielen Bereichen, wie der Regulierung der Großraubtiere oder der Unterstützung der Berglandwirtschaft, können wir als Gemeinde nur fordern, handeln muss aber schlussendlich das Land“, betont er.
Möglichst rasch abschließen
Noch in diesem Jahr soll im Marteller Gemeinderat das Beschlussverfahren für das Gemeindeentwicklungsprogramm, das im partizipativen Prozess unter Miteinbeziehung der Bürger/innen erarbeitet wurde, eingeleitet werden. Das Planungsinstrument wird dann vom Land überprüft und begutachtet und geht zurück an den Gemeinderat, der es dann genehmigt. Anschließend folgt das definitive Ok der Landesregierung. Das Programm ist dann für zehn Jahre gültig. Seitens der Gemeindeverwaltung soll es noch in dieser Verwaltungsperiode abgeschlossen werden.