Keine schönen Bilder: in diesen und vielen weiteren Golden-Anlagen ist die Blüte heuer zum Teil gänzlich ausgeblieben.
Keine schönen Bilder: in diesen und vielen weiteren Golden-Anlagen ist die Blüte heuer zum Teil gänzlich ausgeblieben.
Auch nach Frostschäden hält Paul Tappeiner Ausschau.
Michael Gamper, der Bezirksleiter des Beratungsringes für Obst- und Weinbau
Albrecht Plangger

Wo sind die Blüten?

Viele Apfelbäume sind „grasgrün und leer“. Großflächiges Phänomen. Ernteausfall von mindestens 20% befürchtet.

Publiziert in 16/17 / 2020 - Erschienen am 7. Mai 2020

Vinschgau - Dass einzelne Apfelbäume manchmal nicht blühen, ist keine Seltenheit. „Aber das, was heuer geschieht, haben viele, selbst ältere Apfelbauern noch nie erlebt“, sagte der Bio-Bauer Paul Tappeiner vom Schwebelehof in Schlanders kürzlich dem der Vinschger. Er zeigte uns am 24. April im Raum Schlanders eine ganze Reihe von Apfelwiesen mit Bäumen ohne Blüten. Grasgrüne Reihen. „Viele Bäume sind leer. Da brauchen wir weder zu zupfen noch zu ernten“, so Tappeiner. Betroffen seien vor allem Golden-Anlagen. Bei anderen Sorten, wie etwa Gala, Pinova oder Ambrosia, sei das Phänomen nicht so stark ausgeprägt. Die Ursachen der ausgebliebenen Blüte sind laut Michael Gamper, dem Bezirksleiter des Beratungsringes für Obst- und Weinbau, vielschichtig und auf mehrere Faktoren zurückzuführen, die bereits im Frühjahr 2019 aufgetreten sind. „Die Voraussetzungen für die Blüte 2020 wurden bereits in den ersten 8 Wochen nach der Vollblüte des Vorjahres geschaffen“, so Gamper. Einen der Faktoren für die heuer zum Teil sehr schwache Blüte ortet er im außergewöhnlich kühlen und dunklen Mai 2019 mit sehr wenigen Sonnenstunden: „Wir hatten in höheren Lagen Anfang Mai sogar noch Schnee, erst Ende Mai gab es wieder mehr Sonne und es wurde wärmer.“ Als weiteren Faktor nennt der Bezirksleiter die guten Wetterbedingungen während der Blütezeit 2019 und die entsprechend gute Bestäubung. Das möge zwar etwas widersprüchlich klingen, „aber optimale Blühbedingungen sind eine Art Gegenspieler für die Blütenknospenbildung des folgenden Jahres.“ Die Blütenknospenbildung wurde dadurch gehemmt. Als dritten Faktor nennt Michael Gamper das Ausdünnen im Sommer 2019. Durch die vielen Samen in den Früchten wirkten die Ausdünn-Mittel zu schwach. Deshalb mussten zum Teil noch bei der Handausdünnung viele Früchte von den Bäumen entfernt werden. Die Handausdünnung beginnt in der Regel Ende Juni und dauert bis Ende Juli. Da die Blütenknospenbildung bereits bis Ende Juni bzw. Anfang Juli abgeschlossen ist, ist dies jedoch bei zu starkem Behang zu spät. Das Zusammenspiel der genannten Faktoren und möglicherweise noch weiterer Ursachen führt dazu, dass heuer viele Apfelbäume keine bzw. nur wenige Früchte tragen werden. „Neu ist dieses Phänomen zwar nicht, aber so großflächig wie heuer dürfte es bisher kaum aufgetreten sein“, schlussfolgert Michael Gamper. Betroffen seien vor allem Anlagen im mittleren und unteren Vinschgau. In höheren Lagen, sprich von Laas aufwärts, gibt es auch grüne Anlagen, doch die Situation ist dort besser. Von den Sorten her seien speziell die Golden betroffen. Das Phänomen sei heuer nicht nur im Vinschgau, sondern auch in anderen Obstbaugebieten des Landes verstärkt aufgetreten. Wie der VI.P-Geschäftsführer Martin Pinzger dem der Vinschger bestätigte, werde in den betroffenen Gebieten mit einem Ernteausfall von mindestens 20% gerechnet. Zusätzlich zu diesem neuen Phänomen kam es heuer gebietsweise auch zu Frostschäden, deren Ausmaß sich noch nicht genau abschätzen lässt.

Josef Laner

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