Kellermeister Stefan Kapfinger

„Wir wünschen uns einen Zuwachs von Weinbauern aus dem Vinschgau“

Publiziert in 16 / 2015 - Erschienen am 29. April 2015
Kellermeister Stefan Kapfinger im Interview Marling/Vinschgau - Über das Weinjahr 2014, das Abschneiden von Burggräfler und Vinschger Weinen bei großen Weinmessen, über die Qualität der Weine aus dem Vinschgau und vieles mehr sprach der Vinschger mit Stefan Kapfinger, dem Kellermeister der Kellerei Meran Burggräfler. der Vinschger: Wie lässt sich das Weinjahr 2014 im Einzugsgebiet der Kellerei Meran Burggräfler zusammenfassen? Stefan Kapfinger: Die hohen Temperaturen im Frühjahr 2014 hatten zu einem vielversprechenden, frühen Austrieb und damit zu einer verhältnismäßig frühen Blüte der Reben geführt. Allerdings folgte darauf eine längere, niederschlagsreiche Periode mit eher kühlen Temperaturen, die sich durch den ganzen Sommer hingezogen hat. Es war ein sehr arbeitsintensives Jahr im Weinberg, denn der viele Regen, die wenigen Sonnenstunden und die hohe Luftfeuchtigkeit im Sommer haben unseren Weinbauern viel Einsatz und Mehrarbeit abverlangt. Auch bei der Ernte musste mit viel Zeitaufwand und Handarbeit jede Traube kontrolliert werden, damit nur reifes und gesundes Lesegut bei uns in der Kellerei angeliefert werden konnte. Mengenmäßig lag die Traubenernte 2014 fünfzehn bis fünfundzwanzig Prozent unter jener des Vorjahres, das aber ein überdurchschnittlich ertragreiches Jahr gewesen war. Nach einem nassen und relativ kühlen Sommer 2014 hofften die Weinbauern auf einen guten und sonnenreichen Herbst. Haben sich diese Erwartungen erfüllt? Ja, so war es zum Glück. Das schöne und trockene Herbstwetter im September und Oktober haben den nassen Sommer wieder wettgemacht. Vor allem die mittleren und höheren Weinberglagen im unteren Vinschgau, wie z.B. der Vinschgau Weißburgunder und Vinschgau Blauburgunder, konnten von den sonnigen Herbsttagen profitieren. Aber auch jene Weinsorten, die im Burggrafenamt erst spät geerntet werden, wie der Lagrein, Cabernet und Merlot, konnten im milden Herbst noch einen guten Reifegrad erlangen. Die Weißweine 2014 sind auf jeden Fall eine tolle Überraschung: sehr frisch, fruchtig und salzig-mineralisch. Wie sich die schwereren Rotweine, die jetzt ca. zwei Jahre in Eichenholzfässern reifen, entwickeln werden, ist noch offen – aber alles weist darauf hin, dass es ein charaktervoller und eigenwilliger Jahrgang sein wird. Welche Eindrücke haben Sie bei der heurigen Fachmesse ProWein in Düsseldorf gesammelt? Die Stimmung auf der ProWein war wieder sehr gut, die Zahl der internationalen Besucher hat zugenommen. Insgesamt waren mehr als 52.000 Fachbesucher zwischen dem 15. und 17. März 2015 auf der ProWein, um sich einen Überblick zur europäischen und internationalen Weinszene zu verschaffen. Mehr als 5.900 Aussteller aus 50 Ländern waren präsent. Das Hauptinteresse der Fachbesucher richtete sich auch dieses Jahr wieder auf Weine aus Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien und Österreich. Der Jahrgang 2014 ist bei den Fachbesuchern sehr gut angekommen. So bestätigt sich unter anderem weiterhin der internationale Trend zu kühl gewachsenen, frischen und weniger alkoholstarken Weinen und die Beliebtheit von aromatischen Weinen, die durch die Nase gehen, wie der Sauvignon, Gewürztraminer oder Goldmuskateller. Und wie lief es auf der Vinitaly in Verona? Auch die nunmehr 49. Ausgabe der Vinitaly in Verona vom 22. bis 25. März 2015 war ein voller Erfolg. Die Messestände der Südtiroler Kellereien waren an allen Tagen sehr gut besucht. Mehr als 150.000 Besucher trafen in Verona auf über 4.000 Aussteller. Laut Schätzung der Organisatoren wurden in diesen 4 Tagen mehr als 570.000 Flaschen verkostet. Die Südtiroler Weine brauchen sich auch im weltweiten Vergleich nicht zu verstecken. Vor allem bei den Weißweinen genießt Südtirol seit Jahren einen sehr guten Ruf – stammen doch die besten Weißweine Italiens aus Südtirol. Somit waren auch dieses Jahr Interesse und Erwartungen der italienischen Besucher groß. Speziell beim italienischen Weinliebhaber steigt die Nachfrage nach aromatischen Weißweinen, wie Gewürztraminer, Goldmuskateller und Sauvignon, von Jahr zu Jahr. Die neuen Weißweine mit ausgeprägter Säure, mineralischer Frische und fruchtigem Bouquet waren eine willkommene Überraschung. Wie hat sich die Qualität der Vinschger Weine in den vergangenen Jahren entwickelt? Durch den globalen Klimawandel, der auch bei uns hier in den Alpen spürbar ist, ist ein Trend zum Weinbau in höheren Lagen durchaus realistisch. Eine Temperaturerhöhung ist insofern eine positive Entwicklung, da schon heute verschiedene Rebsorten in Südtirol auf einer ­Meereshöhe von 900 oder 1000+ Metern gut gedeihen. Höhere Lagen haben unter anderem den Vorteil, dass die Temperaturen zwar durchschnittlich niedriger sind als in Tallagen, die Temperaturdifferenz zwischen Tag und Nacht jedoch stärker ausgeprägt ist und der Reifeprozess der Trauben langsamer voranschreitet. All dies hat großen Einfluss auf die Inhaltsstoffe der Trauben. Der untere Vinschgau verfügt außerdem über ein besonderes Mikroklima: steter Luftzug, eher karger Boden und wenig Regen. Die Erträge sind zwar niedrig, die Trauben weisen aber eine perfekte phenolische Reife auf. Nicht umsonst wurde der Südtirol Vinschgau Weißburgunder aus der Linie „Sonnenberg“ der Kellerei Meran Burggräfler, dessen Trauben bis auf 900 Meter Meereshöhe in Kastelbell angebaut werden, schon mehrmals mit den „3 bicchieri“ des renommierten Weinführers „Gambero Rosso“ ausgezeichnet. Erst kürzlich sogar 2 Jahrgänge in Folge (Jahrgang 2012 und 2013). Dank intensiver Bemühungen ist die Qualität der Weine insgesamt stark gestiegen. Kann die Qualität noch weiter gesteigert werden? Seit der Fusion im Jahre 2010 ziehen fast 400 Mitglieder gemeinsam am gleichen Strang. Vieles konnte in den letzten Jahren bereits angepackt und bewältigt werden, andere Sachen müssen noch verfeinert werden. Einkellerung und Vinifizierung funktionieren im neuen, umgebauten Keller der Kellerei Meran in Marling bereits sehr gut. Auch die Mitglieder arbeiten bei der Pflege und Lese im Weinberg hervorragend und mit großem Einsatz. So hat die Kellerei Meran – nebst Basislinie „Festival“ und der speziellen Linie der Bergweine „Sonnenberg“ – bereits zwei Selektionslinien im Produktsortiment: die Linie „Graf von Meran“ und die Lagenlinie „Selection“. Bei der Linie „Graf von Meran“ wird der Ertrag im Weinberg bereits heruntergeschraubt, was mit einer eindeutigen Qualitätssteigerung einhergeht. Die Lagenweine „Selection“ stammen aus einigen wenigen, hoch selektionierten Kleinstlagen, wo der Ertrag wiederrum reduziert wird. Diese Lagenlinie bietet somit besonders edle Tropfen – allerdings in einer stark begrenzten Menge. Wäre eine Zunahme der Menge ­wünschenswert? Die Kellerei Meran ist als landwirtschaftliche Genossenschaft natürlich stets interessiert neue Mitglieder aufzunehmen, denn nur gemeinsam sind wir stark. Auch einen Zuwachs bei den Mitgliedern im Vinschgau würden wir uns wünschen, denn die Bergweine aus der Linie „Sonnenberg“ sind schon jetzt für ihren eigenen, unverkennbaren Charakter bekannt und beliebt. Das führt meist dazu, dass die Jahrgänge meist sehr schnell ausverkauft sind. Deshalb ein Appell an alle: Wir freuen uns, wenn sich interessierte Weinbauern und Winzer aus dem Vinschgau bei uns melden, sei es für ein erstes, unverbindliches Informationsgespräch oder für eine konkrete Zusammenarbeit. Wer nicht sofort als Mitglied beitreten möchte, hat auch die Möglichkeit eines Probejahres als Lieferant auf Ehre. Alle Interessierten können sich direkt bei mir (stefan.kapfinger@kellereimeran.it, Tel. 0473 447137) oder bei unserer Frau Monica Viti aus der Verwaltung (monica.viti@kellereimeran.it) melden. Die Kirschessigfliege ist auch in Ihrem Einzugsgebiet aufgetreten, unter anderem auch im unteren Vinschgau. Was wird unternommen, um diesen Schädling zu bekämpfen? Die Kirschessigfliege führte im Südtiroler Weinbau erstmals 2011 zu größeren Schäden. Besonders betroffen war die Sorte Vernatsch. Seitdem führt der Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau eine intensive Kontrolle des Insektes durch. 2014 kam es erneut zu einem stärkeren Auftreten der Kirschessigfliege, denn die gemäßigten Temperaturen und der Regen im Sommer begünstigen ihre Ausbreitung. Ein intensives Kontrollsystem wird für die Früherkennung des Kirschessigfliegenbefalls im Weinbau immer wichtiger und muss für die Zukunft noch weiter ausgebaut werden, um neue Erkenntnisse und Lösungsansätze gewinnen zu können. Sind zum jetzigen Zeitpunkt bereits Prognosen für das Weinjahr 2015 möglich? Momentan deutet alles darauf hin, dass auch dieses Jahr ein früher Austrieb und somit eine verhältnismäßig frühe Blüte der Reben zu erwarten ist. Allerdings sind das nur Mutmaßungen. Der guten, fachmännischen Pflege und der zeitintensiven Handarbeit der vielen Winzer in den Weinbergen, sowie der raschen Anlieferung eines gesunden, ausgereiften Traubengutes ist es großteils zu verdanken, dass heutzutage die Weinlese – auch bei nicht optimalen Wetterverhältnissen – keine Katastrophe, sondern eine spannende Herausforderung ist. Interview: Sepp Laner
Josef Laner

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.