Bürgermeister Karl Josef Rainer beim Dorfbrunnen in Unser Frau.

Wenn die Zeit gekommen ist... 

Der Schnalser Bürgermeister Karl Josef Rainer in seiner dritten und voraussichtlich letzten Amtsperiode als Bürgermeister.

Publiziert in 21 / 2024 - Erschienen am 19. November 2024

 Schnals - Im Hintergrund sind die Glocken der Schafe zu hören. Für das Bürgermeister-Interview mit Karl Josef Rainer haben wir uns den Dorfbrunnen in Unser Frau ausgesucht. Eines seiner Herzensprojekte, wie der SVP-Bürgermeister betont. Rainer, der selbst aus Unser Frau stammt, ist seit 2010 erster Bürger der Gemeinde Schnals. Seine dritte Verwaltungsperiode könnte auch seine letzte sein. Eine Wiederkandidatur im Frühjahr 2025 ist – Stand jetzt –
unwahrscheinlich. 

der Vinschger: Herr Bürgermeister, die Mandatsbeschränkung von drei Verwaltungsperioden ist aufgehoben. Sie könnten weitermachen. Wie sieht es aus? 

Karl Josef Rainer: Ich war eigentlich immer ein Befürworter der Mandatsbeschränkungen und bin auch in den vergangenen Jahren in diese Verwaltungsperiode gegangen, mit dem Gedanken, dass es die letzte sein wird. Innerlich habe ich schon das Gefühl, dass nun die Zeit gekommen ist, andere bzw.  jüngere Personen ans Ruder zu lassen. Aber schlussendlich entscheiden auch die 3 „Vereinten SVP Ortsausschüsse“ im Tal, diese können Kandidaten und Kandidatinnen vorschlagen, sie müssen aktiv werden.

Das heißt: Sollte sich niemand finden und sie darum gebeten werden, könnte dies an Ihrer Entscheidung etwas ändern? 

In den vergangenen Jahren hat sich natürlich einiges angesammelt in unserer Gemeinde. Es ist sicherlich nicht einfach, da sofort den Einblick zu bekommen, damit alles reibungslos weitergeht. Mehrfach wurde ich in Kreisen der Bevölkerung angesprochen und ermutigt, eine vierte Amtsperiode anzuhängen. Viele Vorhaben wurde umgesetzt, andere sind noch in Ausführung, weitere Projekte in Planung. Da kann es durchaus passieren, dass meine Hilfe gefragt ist. 

Mit 210 Quadratkilometern gehört das Schnalstal zu den flächenmäßig größten Gemeinden in Südtirol. Die Bevölkerungsanzahl ist gering. Solche Täler sind immer verstärkt von Abwanderung betroffen. Wie geht Schnals damit um? 

Vor und um die Jahrtausendwende und auch noch rund zehn Jahre danach hatten wir mit einer sehr starken Abwanderung zu kämpfen. Von einst über 1.400 Menschen sind wir auf 1.240 zurück. Erst in den letzten zehn Jahren konnten wir die Bevölkerungszahl halten. Wir tun vieles, um der Abwanderung entgegenzuwirken. Wir haben drei Schulen, drei Feuerwehren, drei Vereinshäuser – stets in Unser Frau, Karthaus und Katharinaberg. Das ist wichtig, damit die Dörfer belebt bleiben und Dorfgemeinschaften sowie das Vereinsleben sich weiter festigen, zwischen Jung und Alt. Die Leute können sich treffen, es finden zahlreiche Veranstaltungen in allen Dörfern statt. Wenn es hierfür nicht die entsprechenden Räumlichkeiten gibt, dann wäre dies natürlich nicht möglich. Dann würde etwas fehlen. In meiner Zeit als Bürgermeister war es mir stets ein Anliegen, die Dörfer am Leben zu halten und die Strukturen nicht aufzulösen, sondern zu erhalten und zu investieren. Auch Projekte wie die unlängst fertig gestellte Kindertagesstätte im Haus der Gemeinschaft in Unser Frau wirken der Abwanderung entgegen. Bisher mussten sämtliche Schnalser Kita-Kinder nach Naturns, nun können auch einige im Tal untergebracht werden. Das ist eine große Entlastung für die Eltern. 

Fährt man durch das Schnalstal, dann wird generell klar, dass sich vieles getan hat. Welche waren die weiteren wichtigen und großen Projekte in ihren Verwaltungsperioden? 

Wir sind eine ganze Menge an Projekten angegangen, größere und kleinere. Alle aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Aber wenn wir von größeren Projekten im Hinblick auf die Kosten sprechen, dann sind sicherlich die verschiedenen Trinkwasserleitungen, die zuletzt realisiert wurden, zu nennen. Auch das „Talele“ ist seit einigen Jahren an das öffentliche Trinkwassernetz angeschlossen. Die Erneuerung der Trinkwasserleitung in Karthaus ist geplant und die Finanzierung steht. Auch Löschwasserleitungen wurden erneuert. Bei den Trinkwasserleitungen reden wir manchmal von Millionenprojekten, ebenso bei energetischen Sanierungen von öffentlichen Gebäuden. Alle drei Vereinshäuser wurden saniert: die Arbeiten bei jenem in Katharinaberg, mitsamt Erweiterung der Feuerwehrhalle, wurden bereits in meiner ersten Verwaltungsperiode erfolgreich abgeschlossen. Die Kosten beliefen sich auf mehrere 100.000 Euro. Das Vereinshaus in Karthaus und der Kindergarten wurden in meiner zweiten Verwaltungsperiode energetisch saniert und umgebaut. Auch hier erhielt die Feuerwehr neue moderne Räumlichkeiten. Die Arbeiten beim Vereinshaus in Unser Frau wurden in dieser Verwaltungsperiode angegangen, auch hier sprechen wir von Beträgen weit über eine Million Euro. Ein großes Projekt war außerdem die Errichtung des Parkplatzes in Vernagt, der auch mit öffentlichen Toiletten ausgestattet ist. In allen drei Friedhöfen ist ab 2025 die Bestattung mit Urnen möglich (Urnengräber). Weitere Projekte betrafen u.a. die Adaptierung des Recyclinghofes, den Bau der „Vierer Kegelbahn“ in der Sportzone Unser Frau, der Verbindungsgehsteig Pifrail-Karthaus. Weitere große Vorhaben stehen an, u.a. die Wegverbindungen Unser Frau-Vernagt, der Bau weiterer Gehsteige, der Bau der Fuhrparkhalle, eine Langlaufloipe, der Fahrradweg Karthaus-Unser Frau etc. Sicherungsarbeiten entlang des Tales in Zusammenarbeit mit Zivilschutz und der Abteilung Wildbachverbauung sind geplant. Auch das Straßennetz kostet in einem Gebiet wie Schnals eine Stange Geld. Einiges fängt zwar das Land auf, aber bei weitem nicht alles, ein Teil bleibt immer bei der Gemeinde. Einige Millionen wurden ins Pfossental investiert, nach dem Vaia-Sturm wurde mit Landes- Staats- und EU-Geldern die Straße abgesichert und erneuert. Ein Millionenprojekt war dabei auch die Lawinengalerie „Tschinglahn“. Zudem entstand ein Glasfasernetz bis ins mittlere Pfossental, was größtenteils durch Landesgelder finanziert wurde. Nun ist das ganze Schnalstal bis nach Kurzras mit Glasfaser ausgestattet. Die Jäger erhielten neue Kühlzellen und neue Räumlichkeiten, auch das war mir ein großes Anliegen. 

Diesen Dorfbrunnen hier bezeichneten Sie als ein Herzensprojekt. Was hat es damit auf sich? 

Dass dieses Projekt realisiert werden konnte, war eine große Genugtuung für mich. Es war kein Großprojekt, aber es ist oft schwierig, Sachen durchzubringen, die mit Kunst und bildhauerischen Tätigkeiten zu tun haben. Da ist es oft nicht einfach, den Menschen den Wert zu erklären. Das ist uns hier gelungen. Entwurf und Gestaltung des Dorfbrunnens stammen von Friedrich Gurschler, Ehrenbürger der Gemeinde Schnals. In Göflaner Marmor gemeißelt, zeigt der aus Unser Frau gebürtige Bildhauer den guten Hirten mit seinen Schafen. Ich erinnere mich immer wieder gerne daran, wenn ich vorbeigehe. Wir wissen, dass viele Menschen im Tal eine besondere Beziehung zu den Schafen haben. Die Schafweidewirtschaft gibt es seit Jahrhunderten bei uns. 

Schnals ist seit jeher eine Tourismusgemeinde. Von einem Übertourismus scheint das Tal – wie die meisten weiteren Gegenden im Vinschgau – aber weit entfernt. Wie steht es um diesen wichtigen Wirtschaftszweig? 

Wir sind noch weit genug davon entfernt. Der Tourismus hat sich erst mit dem Bau der Schnalstaler Gletscherbahn, die im Sommer 1975 feierlich in Betrieb genommen worden ist, stark entwickelt. Damit konnte auch die Abwanderung gestoppt werden fürs Erste. Die Menschen haben gebaut, es war aber auch eine schwierige Zeit, aufgrund der Erhöhung der Zinsen damals. Die hohen Kredite gaben dem Tourismus wieder einen Rückschlag. Viele Betriebe, die gebaut haben, waren nicht mehr in der Lage, die hohen Darlehen zu tilgen. Mit der Zeit hat sich dies aber wieder erholt. Es entstanden mehr Betten, insbesondere die 1990er Jahre waren für die Schnalser Betriebe und die Gletscherbahnen sehr gute Jahre, es gab schon 300.000 Nächtigungen und 2.500 Betten. Früher gab es viele Privatzimmervermieter, hiervon sind mittlerweile viele weggefallen. Dafür haben aber einige Hotels erweitert. Es gibt viele Betriebe, die Urlaub auf dem Bauernhof anbieten. Die Anzahl der Betten hat sich kaum geändert. Das Skigebiet könnte aber durchaus mehr vertragen. Dafür haben wir als Gemeinde bereits vorgesorgt, in Kurzras wurde die Hotelzone erweitert. Noch bevor der Bettenstopp kam, haben wir hier Betten zugewiesen.

Der Gemeinderat genehmigte vor Jahren rund 600 neue Betten in Kurzras. Ein Hotelprojekt ist geplant. Wie sieht es damit aus? 

Der Ball liegt momentan beim Investor, sprich der Athesia-Gruppe. Es muss noch der Durchführungsplan angepasst werden, dann könnte es losgehen. Als ich als Bürgermeister angefangen habe, war mir die weitere Entwicklung des Skigebietes am Talende ein großes Anliegen. Seitdem hat sich einiges getan, und es soll sich noch einiges tun. Die Gemeinde hat immer versucht, die wirtschaftliche Entwicklung in Kurzras zu unterstützen, wohl wissend, dass die Gletscherbahn als Motor unserer Wirtschaft im Tal von großer Bedeutung ist. Kurzras braucht aber Veränderungen, das äußere Bild lässt zu wünschen übrig, die Zusammenarbeit der dortigen Betriebe sollte sich bessern, ein zeitgemäßes, nachhaltiges Parkraummanagement ist unbedingt umzusetzen. 

In Schnals herrscht vor allem im Winter Hochbetrieb. Wie steht es um die Sommersaison? 

Auch in den warmen Monaten hat Schnals so einiges zu bieten. Wanderwege im ganzen Tal, viele kulturelle Veranstaltungen und mehr. In den letzten Jahren hatten wir im Sommer mehr Zuwachs in Sachen Tourismus als im Winter. Der Winter war immer schon relativ gut, aber der Sommer- und insbesondere der Kulturtourismus haben stark zugenommen. Dazu beigetragen haben die vielen Wanderwege in einer unberührten Naturlandschaft, das Stille Projekt rund um die ehemalige Karthause, der Fund des Ötzi, das Angebot des Archeo Parks in Unser Frau u.a.m.

Ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig in Schnals ist seit jeher die Landwirtschaft. Wie geht es dieser?

Wir können in Schnals quasi ausschließlich von Berglandwirtschaft sprechen. Den Landwirten, welche die Möglichkeiten nutzen, die das Land und die EU in Sachen Beiträge für die Bewirtschaftung der Flächen bieten, geht es nicht schlecht. Zudem haben sich sehr viele Betriebe mit Urlaub auf dem Bauernhof und der Bewirtschaftung von Almen bzw. Buschenschänken wichtige zusätzliche Standbeine aufgebaut. Am stärksten vertreten ist immer noch die Milchwirtschaft. Neben Kühen gibt es aber auch immer mehr Ziegen und Schafe. Das Schnalser Schaf ist schon längst zu einem Markenzeichen geworden, dabei ergeben sich wertvolle Synergien mit der Gastwirtschaft.  

Sollten Sie als Bürgermeister in den Ruhestand gehen, worauf freuen Sie sich dann am meisten?  

Ich habe versucht, mein verantwortungsvolles Amt mit Einsatz, mit Herz, Hand und Verstand auszuführen. Ich freue mich auf etwas Ruhe, Entschleunigung beim Skifahren, Zeit für Fotografie, vielleicht auch fürs Schreiben.

Michael Andres

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