Weide in Hanglage
Gut besuchter Workshop mit Experten-Team in Matsch. Tierwohl als eines der Themen.
Matsch - „Weiden ist die Kunst, Kühe und Gras im richtigen Moment zusammen zu bringen.“ Dieser Satz stammt von André Voisin, einem der wichtigsten Pioniere des Weide-Managements. Er entwickelte von 1940 bis 1960 auf seinem Hof in der Normandie ein ausgeklügeltes Rotationsweidesystem, das hohen Futterertrag mit bester Futterqualität verbindet. Das Thema Weide beschäftigt auch die Viehbauern in Südtirol, wobei allerdings ein Aspekt dazukommt, den man in Flachland-Gebieten nicht kennt, nämliche die steilen Wiesen in Hanglagen. Wie es gelingt, diese besonderen Herausforderungen erfolgreich zu meistern und dabei auch stets das Tierwohl im Auge zu behalten, war das Thema des Workshops „Weide in Hanglage“, der am 21. Mai im Weiler Kartatsch in Matsch stattgefunden hat. Neben rund 15 Viehbäuerinnen und Viehbauern konnte Anja Matscher auch ca. 20 Schülerinnen und Schüler der Fachschule für Land- und Forstwirtschaft Fürstenburg (3. Klasse des Fachbereichs Nutztierhaltung) zum Kurs begrüßen. Anja Matscher vom Lechtlhof oberhalb von Mals ist seit Februar die Sprecherin der Bioland-Viehwirtschaftsgruppe Vinschgau. Organisiert hatte den Weidetag Bioland Südtirol in Zusammenarbeit mit der Fachschule Fürstenburg. Der Kurs hatte zuvor auch im Gadertal sowie in Raminges bei Sterzing stattgefunden.
Steilheit, Hitze und Bremsen
Siegfried Telser, der den Kartatschhof mit seiner Frau Ramona seit 2015 als Bioland Betrieb führt, sowie Telsers Bruder Stefan, der zusammen mit seiner Frau Sarah den Longen-Hof bewirtschaftet, der ebenfalls vor einigen Jahren auf Bio umgestellt wurde, führten einleitend in die Arbeit auf ihren Höfen ein. Die Weidehaltung stellt für diese beiden Betriebe eine besondere Herausforderung dar, da die Flächen relativ steil sind und sich zum Teil nicht in Hofnähe befinden. Trotzdem wird darauf geachtet, die Tiere während der Vegetationszeit möglichst viel im Freien, sprich auf der Weide zu lassen. Speziell im Sommer sei das mitunter nicht einfach, wenn es heiß ist und wenn Bremsen und Stechmücken den Kühen zusetzen. Ein Teil der Tiere wird während der Sommermonate auf die Alm gebracht. Frei auf allen Wiesen weiden können die Tiere nach dem zweiten Schnitt, und zwar bis in den Dezember hinein. Laut Siegfried Telser sollten Bio-Betriebe vermehrt versuchen, „von großen und schweren Kühe“ wegzukommen und auf Tiere zu setzen, „für die sich unser Gebiet besser eignet.“ Die Aufzucht konzentriere sich derzeit fast ausschließlich auf die Milchmenge. Auch in diesem Punkt brauche es ein Umdenken.
Exkursionen mit Experten
Aufgeteilt in drei Gruppen setzten sich die Kursteilnehmer*innen mit unterschiedlichsten Themen und Fragen zur Weide auseinander. Remo Petermann, Berater für Rinderhaltung und Weide vom Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung in Luzern in der Schweiz, informierte über Weidesysteme und Weidestrategien. Er erklärte, welche Strategien zu welchen Standorten passen und wie man die besonderen Herausforderungen der Weide am Hang am besten meistern kann. Beispielsweise empfahl Petermann, über die Sommermonate die Nachtweide für Milchkühe anzudenken, um so der Hitze und Bremsen aus dem Weg zu gehen. Milchkühe mit geringerem Gewicht verursachen bei der Beweidung in Hanglage naturgemäß weniger Trittschäden. Die Größe der angebotenen Weidefläche ist je nach Vegetation anzupassen, wobei eine gut durchdachte Weidehaltung die Produktionskosten für den Betrieb verringert. Im Mittelpunkt der Ausführungen von Martin Hermle, Bioland Berater Grünland aus Bayern, stand der Pflanzenbestand. Gemeinsam mit den Kursteilnehmenden untersuchte er vor Ort, was auf den Weide- und Mähweideflächen wächst. Er wartete mit Ratschlägen auf, mit welchen Maßnahmen für eine optimale Entwicklung des Pflanzenbestands auf den Wiesen, Weiden und Mähweiden gesorgt werden kann. Außerdem zeigte er auf, wie die Weide helfen kann, ungünstige Pflanzenbestände im Grünland zu verbessern. Ruth Schuhwerk, Bioland Beraterin Milchvieh aus Bayern, befasste sich mit den Themen Triebwege und Zaunbau. Sie informierte über das richtige Anlegen von Triebwege, um die Flächen gut zu erreichen und den Pflanzenbestand der Wiesen und Weiden gleichzeitig zu schonen. Außerdem erläuterte sie, worauf beim Zaunbau geachtet werden sollte und welches die geeignete Spannung und Erdung für die Weidezäune ist. Begleitet und mitbetreut haben den Kurs der Viehwirtschaftsberater von Bioland, Christian Kofler, sowie ein dreiköpfiges Fachlehrerteam der Fürstenburg (Elisabeth Haid, Elias Theiner und Christian Peer).