Weg vom „Lottern“
Publiziert in 7 / 2017 - Erschienen am 1. März 2017
SVP Bezirksobmann Albrecht Plangger über das neue System der Mitgliedersammlung,
die anstehenden Neuwahlen der Bezirksleitung, die nicht immer leichte Parteiarbeit
…und seinen Fehler beim Jagen.
der Vinschger: Schon vor einigen Monaten ist das SVP-Bezirksbüro in Schlanders von der Fußgängerzone in die Göflanerstraße Nr. 28 umgezogen. Geöffnet ist das Büro nur mehr montags von 8.30 bis 12.30 Uhr und von 13.30 bis 17 Uhr. Wird hier gespart oder reichen diese Öffnungszeiten aus?
Albrecht Plangger:Umgezogen sind wir vor allem, weil das alte Parteibüro vom langjährigen Vermieter nun selbst dringend gebraucht wurde und „Nachwuchs“ in der Familie angesagt war. Angesichts der immer noch andauernden finanziellen Schieflage der Partei stand die Schließung aller peripheren Strukturen im Raum. Wir haben uns mit Erfolg dagegen gewehrt. Für unser Personal haben wir einen anderen Job gesucht und gefunden und wir nutzen jetzt zu einem Drittel die SVP-Mitarbeiterin des Bezirksbüros Meran/Burggrafenamt. Wichtig ist uns, dass wir weiterhin einen Stützpunkt im Tal haben, denn dort werden immer die spezifischen Vinschger Themen im Vordergrund stehen und die Landes- und Staatsthemen im Hintergrund. Würde der Vinschgau von Bozen aus bedient, wäre es sicher umgekehrt. Wir aber wollen die Vinschger Themen vorwärts bringen und für die Menschen im Tal arbeiten. Jetzt kriegen wir von der Zentrale einen Mietkostenzuschuss, der nicht einmal die Hälfte der Kosten abdeckt, für alles andere müssen wir mit Spenden der Mitglieder und sonstiger Gönner aufkommen. Wir suchen daher dringend einen Untermieter, da wir zwei Bürolokale haben und unseres nur am Abend für Sitzungen und am Montag ganztägig besetzt ist.
Am Parteisitz in Bozen wurden unlängst die Mitgliederzahlen präsentiert. Die Zeiten, als die SVP landesweit noch 50.000 Mitglieder hatte, sind längst vorbei. 2014 wurde mit 37.300 ein Tiefpunkt erreicht. 2015 stieg die Zahl auf 38.731 und 2016 gab es erneut ein Minus. Derzeit zählt die SVP nur mehr etwas mehr als 38.000 Mitglieder. Deckt sich diese landesweite Entwicklung mit jener im Vinschgau?
Auch bei uns ist die Zahl gesunken. Noch haben wir knapp über 3.000 Mitglieder. Als Bezirk wurden wir vielfach durch Fehlentwicklungen auf Landesebene, sprich Politikerrenten, SEL, Sparkasse usw., abgestraft und wir haben Mitglieder und somit moralische und finanzielle Unterstützung verloren. Aber wir bräuchten mehr Mitglieder, die unsere politische Arbeit honorieren und mit einem kleinen Jahres-Beitrag von 15 Euro unterstützen. Gerade deswegen sprechen wir mit der neuen Mitgliederkampagne auch frühere Mitglieder an, die schon ein, zwei Jahre nicht mehr dabei waren. Ich bin überzeugt, dass im Vinschgau unsere SVP Mandatare, fleißigen Bürgermeister und ehrenamtlichen Funktionäre die entsprechende Gegenleistung für den Mitgliedsbeitrag schon erbringen würden, damit der Mitgliedsbeitrag nicht „in den Sand gesetzt“, sondern gut investiert ist.
Während der jetzt laufenden Woche erhalten die Mitglieder der SVP die „Bittbriefe“ zur Mitgliedersammlung 2017. Was hat es mit dem neuen System, das dabei angewandt wird, auf sich?
In den letzten Jahren ist die Mitgliedersammlung zur wichtigsten und fast einzigen Aufgabe der Ortsausschüsse geworden, wenn nicht gerade wichtige Wahlen angesetzt waren. Die politische Arbeit und die politischen Initiativen und Denkanstöße in den Gemeinden und Fraktionen wurden etwas vernachlässigt. Diese wären aber die Aufgaben der Ortsauschüsse! Mit dem neuen System zur Mitgliedersammlung wollen wir die Ortsausschussmitglieder entlasten. Gleichzeitig sollen diese aber den Beitrag der Mitglieder als Auftrag ansehen, politisch im Ort etwas zu bewegen und für die Mitglieder politisch etwas zu verbessern. Ich möchte die Energie meiner Ortsauschüsse in diese Arbeit eingesetzt wissen, nicht in die Mitgliedersammlung. Ich hoffe, dass unsere Mitglieder dies auch mittragen und nicht beleidigt sind, wenn heuer der Ortsobmann oder die Ortsobfrau nicht persönlich bei ihm vorbei kommt. Diese Gelegenheit zum persönlichen Gespräch soll es bei politischen Stammtischen, Informationsversammlungen und anderen politischen Initiativen geben.
Sind die SVP-Ortsgruppen im Vinschgau alle „in Schuss“ oder gibt es irgendwo Probleme?
Die Motivation vieler Funktionäre ist am Boden, wenn die Haupttätigkeit nur mehr im „Lottern“ um Mitgliedsbeiträge besteht. Aber ich bin mir sicher, dass die Motivation und das Interesse für die politische Arbeit wieder kommen und die Stimmung sicher wieder besser wird, wenn sie vom Stress der Mitgliedersammlung etwas verschont bleiben.
Welches sind die größten Anliegen, mit denen die Ortsobleute zu Ihnen, zu Ihrem Stellvertreter Helmut Fischer und zu den weiteren Bezirksleitungsmitgliedern kommen?
Die Ortsobleute haben ein konkretes Interesse, dass die großen Vinschger Anliegen wie ein gut funktionierendes Akut- Krankenhaus mit einer Geburtenstation umgesetzt wird, dass die Gewerbeoberschule in Schlanders in Betrieb geht, dass die Schülerheime in Burgeis und Mals gebaut werden, dass das Stilfser Joch und die Stilfser-Joch-Straße aufgewertet werden, dass der Nationalpark näher zu seinen Bewohnern kommt und ein Erfolg aus der Sicht von Natur- und Landschaftsschutz, aber auch für die Wirtschaft wird, dass die Vinschgerbahn so schnell als möglich elektrifiziert wird und der Halbstundentakt kommen kann. All das interessiert uns Vinschger Bürger und somit auch meine Ortsobleute, die ihrerseits gewählt wurden, um solche Anliegen voranzubringen.
Am 17. März steht die Neuwahl der SVP-Bezirksleitung an. Stellen Sie sich für eine weitere Periode als Obmann der SVP Vinschgau zur Verfügung?
Die Entscheidung liegt einzig und allein bei den Ortsausschüssen, die jetzt ihre Vorschläge machen können. Wenn sie mich und meinen Stellvertreter - und nicht andere - noch wollen und unsere bisherige Arbeit mit allen Unzulänglichkeiten doch einigermaßen geschätzt ist, dann stehen wir nochmals zur Verfügung. Es wird aber gewählt. Diesmal für 5 Jahre und das ist verdammt lang. Die Parteiarbeit ist manchmal nicht ganz leicht.
Erste Anzeichen der Landtagswahlen, die im nächsten Jahr stattfinden, sind bereits jetzt spürbar. Ist es Ihrer Partei gelungen, die im Wahlprogramm 2013 für den Vinschgau festgelegten Ziele zu erreichen?
Mit der Umsetzung des Wahlprogramms sind wir sehr zufrieden. Beim Krankenhaus haben wir uns in allen Bereichen sehr gut geschlagen.Jetzt braucht es nur mehr Ruhe! Auch der Umbau ist fertig und sehr gut gelungen. Beim Krankenhaus haben sich, selbstverständlich neben vielen anderen, speziell unser SVP Landesrat Richard Theiner und der SVP Bürgermeister Dieter Pinggera große Verdienste erworben.
Was konnte nicht umgesetzt werden?
Beim Nationalpark, dem neuen Parkgesetz, dem neuen Parkplan und Reglement, der Überarbeitung der Zonierung und bei der Aufwertung des Stilfser Jochs und der Stilfser-Joch-Straße müssen wir jetzt noch einen Endspurt hinlegen. Bei den Straßenumfahrungen im Obervinschgau und den Skigebieten müssten bzw. könnten wir uns als Partei vielleicht mehr in Gemeindeangelegenheiten einmischen. Das haben wir bisher vermieden.
Gibt es schon Gespräche über die Vinschger Landtagskandidaten 2018?
Noch nicht. Aber die Diskussion soll beginnen und die Interessierten sollen ihre politischen Ziele und Schwerpunkte konkretisieren. Noch aber haben die Amtierenden einiges auf ihrer Agenda.
Innerhalb der SVP wird oft angeregt, dass es Erneuerungen braucht. Was unternimmt Ihre Partei, um junge Menschen anzusprechen? Nicht wenige Jugendliche fühlen sich offensichtlich bei anderen Bewegungen und Parteien besser aufgehoben.
Die zur Zeit wichtigste Maßnahme dazu ist für mich, bei der Tätigkeit der Ortsauschüsse von der reinen Mitgliedersammlung wegzukommen und wieder politischen Arbeit vor Ort zu machen. Zum „Lottern“ kriegen wir keine jungen Leute. Aber wenn wir wieder anfangen, politische Themen aufzugreifen und nach ortsbezogenen Lösungen zu suchen, dann werden auch junge Leute an eine Mitarbeit interessiert sein.
Zum Abschluss noch eine Frage an den Jäger Albrecht Plangger: Wie Sie bei der MGV-Revue in Schlanders kürzlich selbst zu hören bekamen, haben Sie heuer einen Bock zu viel geschossen. Trauen Sie sich noch zur Bezirkshegeschau 2017?
Ich habe einen Fehler gemacht und werde dafür gerade stehen. Die Schadenfreude meiner Waidmannskollegen ist jetzt groß, wenn bei mir die Büchse eine Zeit lang ruhen muss. Bei der Trophäenschau werde ich halt meine Geschichte hundertmal erzählen müssen, aber auch das geht vorbei. Sonst muss ich halt heuer die eine oder andere Hirschwurst mehr hergeben. Das wird im nächsten Jahr aber besser, wenn ich „lottern“ kann, da bei mir dann bekanntlich der Kühlschrank leer bleibt.
Interview: Sepp Laner
Josef Laner