Verfassungsreform: Bedrohung oder Chance?

Publiziert in 39 / 2016 - Erschienen am 3. November 2016
In Mals wurden Jungwähler über die Verfassungsreform informiert. Parlamentarier zu Gast im Oberschulzentrum. Mals - Informationen zur Ver- fassungsreform aus dem Parlament in Rom gab es für die Abschlussklassen der Fachoberschule für Wirtschaft, der Sportoberschule und der Fachschule für Land- und Forstwirtschaft Fürstenburg. Die Rechtskundelehrer Martin Daniel und Heinrich Zwischenbrugger hatten die Parlamentarier Albrecht Plangger, Südtiroler Volkspartei, und Florian Kronbichler, Liste Sinistra Ecologia Libertà, nach Mals eingeladen. Stimmgewaltig nannte Plangger die Gründe, warum durch diesen 5. Reform-Anlauf seit 1993 der Senat entmachtet, reduziert und mit neuen Kompetenzen ausgestattet werden muss, warum die Kompetenzen zwischen Staat und Regionen neu verteilt werden und die Provinzen abgeschafft werden. Kronbichler meinte bildhaft: „Ein Esel, der nicht für eine Reform stimmt, die zur Verkleinerung des Parlaments und einer Verringerung der Politikkosten führt.“ Er werde aber beim Referendum am 4. Dezember mit Nein stimmen. Renzi sei „der Gaul durchgegangen“. Durch das Zusammentreffen des „schrecklichen Wahlrechts“ und der Verfassungsreform entstehe ein zentralistischer Staat. Plangger war der Meinung: „Italien muss reformfähig sein, sonst gehen wir großen Problemen entgegen und Südtirol wird auch davon betroffen sein“. Wichtig sei, dass die Reform kommt. Es brauche mehr Stabilität; die aber entstünde durch den Mehrheitsbonus jener Partei, die auf 40% der Stimmen bzw. als Sieger die Stichwahl überstehe. Wie konkret sich die Neuerungen, darunter die Zusammensetzung des Senats, auswirkten, müsse aber erst die Praxis zeigen. Der neue Senat werde nie funktionieren, hielt Kronbichler dagegen, weil er ein „Feierabendsenat“ sei. „Es ist alles ein ‚Kribeskrabes‘, ein Durcheinander“, so Kronbichler. Da das Wahlrecht als Ausgang allen Übels und als Grund für auseinander brechende Koalitionen erkannt worden war, wurde der „parlamentarische Dialog“ eine Diskussion über das Wahlrecht. „Als Reformgegner wissen wir sehr gut, dass wir mit unserer Ablehnung nicht einen Ideal- zustand bewahren, aber mit diesem Wahlgesetz, dem sogenannten Italicum, wurde die Demokratie mit Füßen getreten“, warf Kronbichler ein. Moderator Daniel brachte die „Suprematie-Klausel“ ins Spiel. Gemeint war eine Formulierung, nach der mit Berufung „auf den Schutz der juridischen und wirtschaftlichen Einheitlichkeit der Republik“ der Staat berechtigt wäre, in jeden Bereich der Regionen einzugreifen. Hier erklärte Plangger, dass dieser Passus „bis zur Abänderung des Autonomiestatuts“ auf die Sonderregionen nicht angewandt werden dürfe, und, dass es zweitens dagegen eine „Schutzklausel“ gäbe. „Die Verfassungsreform ist eine Chance für die Zukunft, neue Kompetenzen zu übernehmen und sie auch festzuschreiben“, zeigte sich Plangger überzeugt. „Schutzklausel heißt doch auch, dass man sich vor dieser Verfassungsreform schützen muss“, entgegnete Kronbichler.
Günther Schöpf

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