Gemeinderatssitzung am 9. Februar 2021
Partschins im Winter, rechts der Lawinenstrich Longahr.

Unter Dach und Fach

Partschinser Gemeinderat genehmigte den Gefahrenzonenplan und hörte einen Rückblick in Versform.

Publiziert in 5-6 / 2021 - Erschienen am 18. Februar 2021

Partschins - Vor Wochen meinte man, der Schnee habe Partschins fest im Griff. Spätestens seit der Ratssitzung vom Dienstag, 9. Februar, heißt es definitiv, die Bürgerliste (BL) hat den Gemeinderat fest im Griff. Es waren nicht nur die Beschlussanträge oder die vielen Wortmeldung in den letzten Sitzungen, die zu dieser Erkenntnis führten, sondern die atemberaubende Geschwindigkeit im medialen Auftreten und in der Verbreitung von Informationen und - eine Premiere bei Ratssitzungen – der dichterische Auftritt eines ihrer Mitglieder. Zuvor verlangten drei Mitglieder der BL mehrere Ergänzungen und Korrekturen des Sitzungsprotokolls. Zu dem Zeitpunkt (19.20 Uhr) harrten bereits 59 Partschinserinnen und Partschinser der Dinge, die da kommen würden. Gekommen ist die einstimmige Annahme des Beschlussantrages der BL „Veröffentlichung Niederschriften der Gemeinderatssitzungen“. Laut BL liege es im „Interesse aller Bürger*innen“, dass ein Gemeinderatsprotokoll (Anm. im Abstand von zwei Ratssitzungen!) nachzulesen sei. Das gesamte Gremium Gemeinderat stimmte dafür. Nicht dafür waren die 11 Vertreter*innen der Südtiroler Volkspartei beim 2. Antrag der BL, „automatisierte (digitale) Bürgeranfragen“ zu ermöglichen. Für Karl Moser (SVP) sei das „für die Kotz“ und schaffe nur zusätzliche Bürokratie. Referentin Jasmin Ramoser stellte dazu fest, dass Bürgermeister und Referenten sowohl über eine offizielle Mail-Anschrift, als auch über die private Telefonnummer erreichbar seien. Man könne direkten Kontakt herstellen. Irgendwelche Anfrage-Formulare würden keinen erleichterten Bürgerservice darstellen. Nur die fünf Vertreter der BL waren für den Beschlussantrag. Die Freiheitlichen Sabine Zoderer und Christian Leiter enthielten sich der Stimme. Mit 13 Ja-Stimmen und 5 Enthaltungen angenommen wurde hingegen der Vorschlag der genannten Freiheitlichen Räte, den Veränderungen nach der Gemeinderatswahl Rechnung zu tragen und die derzeitigen Vertreter der F in der Gemeindebaukommission durch die neu gewählten zu ersetzen. 

Partschins ist auch Berggemeinde

Dass die Vorstellung und Besprechung des Gefahrenzonenplanes viel Zeit einnehmen würden, war zu erwarten. Konrad Messner‘s „Büro für Geologie und Umwelt“ und Daniela Busetto’s „Technische Büro – Studio Alpes“ waren beauftragt worden, die hydrogeologischen Risiken durch Hangrutschungen, Überschwemmungen, Murgängen und verschiedene Formen von Lawinen in der Gemeinde einzuschätzen. Am Erdrutsch- und Steinschlagereignis „Greiter – Longahr“ wurde beispielhaft aufgezeigt, wie mögliche Abbruchbereiche analysiert und entsprechend Schutznetze, Ablenkdämme und Schutzdämme angebracht wurden. Am 2. August 2011 stürzten 70.000 m3 Gesteinsmaterial aus einer Fallhöhe von 970 m durch die Longahr und bedrohten nicht nur den Greiterhof, sondern auch Partschinser Siedlungsraum in den Fluren Kreuzäcker und Karnatsch. Auf Grundlagen von Steinschlagsimulationen wurden bedrohte Zonen und Gefahrenstufen ausgewiesen und definiert. Eine ähnliche Vorgangsweise präsentierte der Techniker Simone Lazzarini auch bezogen auf die Lawinen- und Wassergefahren durch den Zielbach und seine Zuflüsse. Auf Nachfrage von Johannes Tappeiner (BL) erwähnten Geologe Messner 2.500 Arbeitsstunden und Gemeindesekretär Hubert Auer Kosten für das Gesamtprojekt in der Höhe von 86.000 Euro. Es gab Wortmeldungen von Adolf Erlacher und Walter Laimer (beide SVP), Benjamin Schupfer und Monika Pföstl (beide BL). Der Gefahrenzonenplan wurde einstimmig angenommen. Inzwischen hatte sich die Zahl der Zuhörer auf 39 reduziert. 

Nachtaktive Gemeinderäte

Nur mit den Stimmen der Mehrheitspartei wurde ein Passus des Landesgesetzes „Raum und Landschaft“ von 2018 auf die Aussiedlung einer Hofstelle von Simon Gamper angewandt. Demnach sei „die Aussiedlung (…) zulässig, wenn dies wegen objektiver betrieblicher Erfordernisse notwendig werde, die nicht durch Modernisierung oder Erweiterung vor Ort, auch in Abweichung von der Gemeindeplanung, erfüllt werden können“. Sabine Zoderer (F) erklärte die Enthaltung ihrer Liste, weil der Begriff „Hofstelle“, deren zukünftige Lage und die Notwendigkeit der Aussiedlung nicht klar definiert werden. Ein weiterer Tagesordnungspunkt war die Neubesetzung im Verwaltungsrat der Texelbahn AG. Künftig vertreten Referent Ulrich Schweizer und Rat Karl Moser die Gemeinde. Einstimmig wurde der übergemeindliche Ortspolizeidienst genehmigt. Zu verschiedenen Wortmeldungen kam es beim Thema Tarife für Werbemaßnahmen und verschiedener Standgebühren. Trotz der späten Stunde nutzte Christian Leiter (F) in der Fragestunde der Gemeinderäte die Gelegenheit, auf die ausufernde Verschmutzung durch Hundekot hinzuweisen. Die Fragen der BL waren zahlreich und reichten von der Aktualisierung der Gemeindewebseite bis zur Umfahrung von Rabland und dem Zugang zum Wasserfall. Was so alles in der BL steckt, bewies Benjamin Schupfer. Er entpuppte sich als klassisch gebildeter Dichter und überraschte mit einer Ode (griech. Lied) an „Lieber Bürgermeister und liebe Referenten“. Reimend blickte Schupfer auf die letzten Versuche der Bürgerliste um Transparenz und auf das Ringen mit dem „Entscheide-allein-SVP-Gespenst“ zurück. Er versprach, „trotz Seitenhiebe“ dem Wählerauftrag nachzukommen, und drohte sanft: Man „werde nicht mehr so zahm hofieren“, wenn sich die Zusammenarbeit nicht bessere. Man nahm „die Ode“ mit Schmunzeln und Kopfschütteln zur Kenntnis.

Günther Schöpf

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