Starke Düngung auf den Arluiwiesen in Graun.

„Testfall für Naturschutzpolitik“

Umweltschutzgruppe: „Politik spricht vom Erhalt der Artenvielfalt, derweil geht deren Zerstörung aber ungehemmt weiter.“

Publiziert in 28 / 2019 - Erschienen am 27. August 2019

Graun - Kürzlich wurden auf den über 1.600 Meter hoch gelegenen Arluiwiesen bei Graun erstmals große Mengen an Gülle ausgebracht. „Dieser bei Biologen bekannte Hotspot der Biodiversität droht nun ebenfalls der modernen ‚landwirtschaftlichen Praxis’ zum Opfer zu fallen“, schreibt die Umweltschutzgruppe Vinschgau in einer Presseaussendung. Und auch auf einen anderen Fall wird verwiesen: „Vor kurzem wurde wiederholt um die Planierung von Rojer Wiesen bei Reschen auf 2.000 m Meereshöhe angesucht mit der Argumentation, dass ohne Rationalisierung der Arbeit die Bergwiesen nicht erhalten werden können.“ Sowohl bei starker Düngung als auch bei der Planierung gehe Biodiversität unweigerlich verloren. Das Gravierende dabei sei, „dass dies auf den letzten verbliebenen extensiv bewirtschafteten Bergwiesen der Gemeinde Graun, die zu den artenreichsten des ganzen Vinschgaus gehören, passiert. Damit teilen die Arluiwiesen das Schicksal zahlreicher anderer Bergwiesen Südtirols.“ Es stelle sich die Frage: „Ist es unvermeidlich, dass sich der Erhalt der Biodiversität und rationelles Arbeiten bei uns grundsätzlich ausschließen? Kann das Gülleproblem nicht anders gelöst werden als durch Entsorgung in den Wiesen?“ Eine Intensivierung (Planierung und/oder starke Düngung) solch artenreicher Bergwiesen sei jedenfalls nicht mehr mit einer wirtschaftlichen Notwendigkeit zu rechtfertigen, umso weniger in Zeiten, wo der Erhalt von Biodiversität oberste Priorität haben muss. Die Umweltschutzgruppe Vinschgau hat Verständnis für die Arbeitswelt der Bauern, die auf den Ertrag ihrer Wiesen angewiesen sind. Auch das Argument der Arbeitserleichterung kann bis zu einem gewissen Maß nachvollzogen werden. „Aber es muss in einem reichen Land wie Südtirol Wege geben, um die Bauern für eine eventuelle Minderung des Ernteertrags oder für einen zusätzlichen Zeitaufwand zu entschädigen und so zu angemessenen Arbeitsformen zu motivieren. Dazu braucht es aber einen attraktiven, längst schon überfälligen, gegebenenfalls auch verpflichtenden Vertragsnaturschutz.“ LR Arnold Schuler hat vor Monaten die „Ökologisierung der Landwirtschaft“ angekündigt, LH Arno Kompatscher hat gemeinsam mit den Landesräten Schuler und Maria Hochgruber Kuenzer „Südtirol als das Land der Artenvielfalt“ ausgerufen. Die Politik hat nun laut Umweltschutzgruppe die Möglichkeit, „ihren konkreten Einsatz unter Beweis zu stellen, damit das Engagement nicht Lippenbekenntnis bleibt.“ Die SVP hat kürzlich in einer Aussendung die vorgeschlagene Ausrufung des Klimanotstandes abgelehnt mit den kernigen Worten: „Wir rufen nicht. Wir handeln.“ Nun sei Gelegenheit zum Handeln da, „denn die Realität holt anhand nüchterner Fakten permanent die Vision vom Erhalt der Biodiversität in Südtirol ein.“ Die Umweltschutzgruppe fordert Schuler und Kompatscher auf, „anhand dieser konkreten Beispiele sofortige Maßnahmen in die Wege zu leiten, dass Bauern ohne wirtschaftliche Verluste ihre Bergwiesen im Sinne der Biodiversität pflegen können.“ Bergwiesen müssen ihre in Jahrhunderten entwickelte Biodiversität bewahren können. Sie dürfen nicht einer falsch verstandenen Rationalisierung und sogar Entsorgung von überschüssigen Nährstoffen zum Opfer fallen. Ein „Marshallplan gegen die Klimakrise“ mag für Afrika global durchaus gut gedacht sein, „aber lokal handeln soll darüber nicht vergessen werden!“

Redaktion

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