Im Bild (v.l.): Uli Veith, Geschäftsführer der Stiftung Pro Kloster St. Johann in Müstair, Giorgio Gadola, Präsident der neu gegründeten Stiftung Chasa Chalavaina, Pia Annen und Jon Baptist Fasser, bisherige Hoteliers der Chasa Chalavaina und Jürg Guggisberg, Mitglied des Stiftungsausschusses der Stiftung Pro Kloster St. Johann in Müstair.

Stiftung kauft Chasa Chalavaina

Grundstein für den Ensembleschutz am Plaz Grond in Müstair

Publiziert in 2 / 2022 - Erschienen am 1. Februar 2022

Müstair - Die im November 2021 gegründete Stiftung Chasa Chalavaina/Fundaziun Chasa Chalavaina wird mit dem Ankauf der Chasa Chalavaina Anfang Februar 2022 deren fortlaufenden Erhalt gewährleisten. Doch nicht nur das seit über 700 Jahren als Gasthaus existierende Gebäude, auch das einzigartige Ensemble am Plaz Grond in Müstair soll für die Zukunft gesichert werden. „Es handelt sich um eine optimal abgestützte Nachfolge. Die einzigartige Historie des Hauses kann so für nachfolgende Generationen gerettet werden, die lebendige Authentizität des Hotels wird weiter bestehen bleiben“, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Stiftung ist zuversichtlich, dass im Zusammenspiel mit dem Kloster St. Johann, dem Kompetenzzentrum für Denkmalpflege und altes Handwerk, das derzeit von der Stiftung Pro Kloster St. Johann aufgebaut wird, und des Hotels Chasa Chalavaina die jeweiligen Stärken gemeinsam genutzt werden können. Diese zielführende Symbiose dient der Wertschöpfung für den Ort, für das Tal und für die Region. Das UNESCO-Weltkulturerbe Kloster St. Johann legt großen Wert auf den Erhalt des Ensembles rund um den Plaz Grond. Das Weiterleben der Chasa Chalavaina als Hotel ermöglicht - vor allem in Kombination mit dem zukünftigen Kompetenzzentrum - die in unmittelbarer Klosternähe liegenden Strukturen am Plaz Grond sinnvoll einzusetzen. Auch soll die langjährige Erfahrung der Bauhütte des Klosters in den Bereichen altes Handwerk und Mittelalterhistorie der Chasa Chalavaina zugutekommen. Bei zukünftigen Restaurierungen wird die Expertise der Wissenschaftler und Handwerker, die bereits für das Kloster St. Johann wirken, eingebracht werden. Im Vordergrund steht das Bewahren des ursprünglichen Charakters des Hauses, das mit seinen 15 Zimmern, der Gaststube, der „schwarzen“, von Russ gefärbten Küche und dem Garten eines der ältesten Hotels der Schweiz sein dürfte. Ein Hotel, das laut Schweizer Heimatschutzverbund zu „den schönsten der Schweiz“ gehört. Seit über 50 Jahren hat dort der 80-jährige Jon Baptista Fasser und dessen Team Gäste aus aller Welt empfangen und wird nun in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Die neue Besitzerin Stiftung Chasa Chalavaina wird in Zukunft für Erneuerungen und eventuelle Erweiterungen des Hauses verantwortlich sein, die sie mit Hilfe von Spenden und einer Verpachtung ermöglichen wird, in Absprache mit der Denkmalpflege des Kantons Graubünden. Die Wiedereröffnung ist anfangs dieses Sommers geplant.

Seit 1.200 Jahren auf bewohntem Grund

Chasa Chalavaina: das Haus der Calven. Der Legende zufolge hielt hier, auf der Brüstung der Lauben, der Bündner Heerführer Benedikt Fontana am Abend vor der berüchtigten Calvenschlacht seine letzte Ansprache an jene rund 6.000 junge Männer, die am 22. Mai des Jahres 1499 die doppelt so große Truppe der Habsburger in die Flucht geschlagen hatten. Zu jenem Zeitpunkt war das Haus bereits zweihundert Jahre alt; Historiker gehen von einer Entstehung vor 1300 aus. Doch das mittelalterliche Gebäude war nicht das erste, das auf dem heutigen Grundstück stand: Die Fundamente früherer Grundmauern bezeugen karolingische Bautätigkeit – also jene Epoche, in der das gegenüberliegende Kloster erbaut wurde. Heute nicht mehr erkennbar ist der ehemals große Hof, dessen Datierung auf 1300 zurückgeht. Auch der große Stall, der in der Burgenzeit an der Ostseite des Hauses errichtet worden war, bestätigt die Theorie, dass es sich bereits zu dieser Zeit um ein Gasthaus handelte. Im Stall kamen die Pferde und Maultiere der Reisenden unter. 1467 entsteht ein Wandgemälde mit der Mutter Gottes und dem Heiligen Rochus, Schutzpatron gegen die Pest, an der Nordseite des Hauses. Die Pest hatte Anfang der 1630er Jahre auch im Münstertal gewütet. Etliche Umbauten erfolgten in mehreren Etappen im Laufe der kommenden Jahrhunderte, wie beispielsweise die zwei Stockwerke, die das Haus im 17. Jahrhundert vergrößern.

Denkmalgeschütztes Kleinod

1958 kauft die Familie Fasser das denkmalgeschützte Kleinod, das sie mit Unterstützung des Kantons Graubünden und des Bundes erweitert und renoviert. Die Gaststube blieb in ihrer warmen Arventäfelung erhalten, wie auch die russgeschwärzte Küche mit ihrem traditionellen Holzbackofen. Zu finden sind heute noch das älteste Sgraffito Graubündens oder die Wappen der Vorgängerfamilie Hermanin aus dem 16. Jahrhundert, sowie das in Öl gemalte Portrait von Tonet Pernsteiner, der mit seinem Tod im Jahr 1879 eine kurze Unterbrechung des Hauses als Hotel und Gaststube einleitete. Die Namen der 15 Zimmer lassen nicht nur Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Schlafkammern zu, auch der historische Charme des Hauses wird mit jedem einzelnen Namen deutlich. So scheint die Sonne besonders fein in der „sulagliva“, über dem früheren Hühnerstall befindet sich „las pullas“ und „la stalletta“ spricht ebenso für sich selbst. Die Stiftung Chasa Chalavaina wird mit ihrem Ankauf nicht nur die Tradition des Hauses und des Ensembles wahren. Sie bildet eine Körperschaft, die sich als weiterer Baustein in die lange Historie einfügt. Der achtsame Umgang mit der Vergangenheit ist das, was es braucht, um gemeinsam mit Dorf- und Talbewohnern, aber auch mit Gästen und Interessierten aus aller Welt den Weg in die Zukunft zu beschreiten.

Redaktion

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