„Sitzendes Volk“
Landesrat Hubert Messner plädiert für mehr Vorsorge und Eigenverantwortung.
Tschars - Wer sich gesund ernährt, viel bewegt, nicht raucht und übermäßigen Alkoholkonsum vermeidet, hat gute Chancen, alt zu werden. Dass die Menschen im Durchschnitt immer älter werden, sei zwar erfreulich, „wichtig aber ist, dass wir gesund alt werden“, sagte Landesrat Hubert Messner, als er am 28. November auf Einladung der SVP-Ortsgruppen von Kastelbell und Tschars im Josef-Maschler-Haus in Tschars über den derzeitigen Stand des Gesundheitswesens informierte und einen Blick in die Zukunft warf. Ein besonderes Anliegen sei ihm die Prävention. Dazu gehöre nicht zuletzt die Eigenverantwortung, indem man zum Beispiel auf einen gesunden Lebensstil achtet. Nicht minder wichtig seien Vorsorgeuntersuchungen. Am Mammographie-Screening sollten noch mehr Frauen teilnehmen. Alles eher als fleißig seien die Männer in Südtirol in punkto Prostata-Vorsorge. „Wir sind zu einem ‚sitzenden Volk’ geworden, schon Kinder sitzen viele Stunden am Tag, dabei wäre Bewegung die beste Vorbeugung,“ sagte Messner. Auch vor der sozialen Vereinsamung warnte er: „Die Einsamkeit ist der Tod für die Gesundheit. Ich meine nicht das Alleinsein, sondern das einsame Leben.“ Die Alterung der Gesellschaft wirke sich nicht zuletzt auch auf die Gesundheitsausgaben aus: „30 Prozent der Menschen in Südtirol haben chronische Erkrankungen und für ihre Betreuung werden 76 Prozent der Ausgaben verwendet, Tendenz steigend.“
Über 4 Millionen Euro pro Tag
Von welchen Summen die Rede ist, könne man sich vorstellen, wenn man sich vor Augen führt, dass die Gesundheitsversorgung in Südtirol über 4 Millionen Euro pro Tag kostet. Neben dem Aspekt der Kosten lenkte der Landesrat das Augenmerk auch auf eine Vielzahl weiterer bestehender und künftiger Herausforderungen im Gesundheitswesen. Die sinkenden Geburtenzahlen nannte er ebenso, wie den Fachkräftemangel, die noch zu steigernde Attraktivität der Gesundheitsberufe oder den Abbau der Wartezeiten. Ziel sei es, „dass man für dringende Visiten einen Termin innerhalb von 6 Tagen bekommen muss.“ Die Erwartungen und Ansprüche hätten mittlerweile Dimensionen erreicht, „die kaum bewältigt werden können.“ Auch aus diesem Grund werde versucht, die Notaufnahmen zu entlasten und mit Hilfe der Hausärzte und Hausärztinnen sowie mit Strukturen, wie es in erster Linie die Gemeinschaftshäuser sind, die wohnortnahe Versorgung zu stärken und auszubauen. Mehrfach hingewiesen hat Hubert Messner darauf, „dass oft zu viel gejammert und alles schlechtgeredet wird, zum Teil auch in den Medien.“ Auch diesbezüglich wartete er mit Zahlen aus einem „ganz normalen“ Tag im Sanitätsbetrieb auf: 745 Zugänge in den Notaufnahmen, 3.001 Vormerkungen, 11.150 Visiten bzw. ambulante Leistungen, 17.528 Laborleistungen usw.
56 vakante Hausarztstellen
Zurzeit sind in Südtirol 294 Hausärzte und Hausärztinnen im Dienst, 56 fehlen, 29 sind in Ausbildung. „Wir werden jene, die in nächster Zeit in Pension gehen, ersetzen können“, gab sich Messner zuversichtlich. Im Obervinschgau zum Beispiel fehle derzeit nur ein Hausarzt. Schwer wiege hingegen der Personalmangel in den Krankenhäusern. Den Hauptgrund für das Fehlen von Pflegekräften im Krankenhaus in Schlanders sieht der Landesrat in der „Sogwirkung“ der nahen Schweiz, wo höhere Gehälter gezahlt werden. Für Pflegekräfte, die pendeln und nicht in der Schweiz leben, seien diese Gehälter sicher „verlockend.“ Grundsätzlich sei es letzthin gelungen, das Gesundheitspersonal in Südtirol finanziell besser zu stellen und auch bessere und günstigere Voraussetzungen für die Aus- und Fortbildung zu schaffen. Auch in Zukunft wolle man in diese Richtung weiterarbeiten. Die Akutversorgung in Südtirol sei gut aufgestellt.
1 Krankenhaus mit 7 Standorten
Messners Motto in punkto Akutversorgung lautet: „1 Krankenhaus mit 7 Standorten, und nicht mit 7 ‚Kirchtürmen’“. Der Notarzthubschrauber Pelikan 3 werde fix im Vinschgau stationiert bleiben. Es könnte allerdings sein, dass anstelle von Laas ein anderer Standort in Betracht gezogen wird. Bei der Diskussion betrafen viele Fragen das Krankenhaus Schlanders bzw. den Weiterbestand der dortigen Dienste. Zum Problem, dass es ab 2025 aufgrund eines Gesetzesdekretes nicht mehr möglich sein wird, Ärzte über eine Agentur für Nachtdienste nach Schlanders zu holen, meinte der Landesrat, „dass es bequem war, Ärzte über die Agentur zu holen. Anstatt sich zu bemühen, fixe Ärzte zu halten, hat man 8 Jahre geschlafen“, so Messner. Im Krankenhaus Schlanders gebe es gute Primare, „aber Primare müssen auch Netzwerke haben und versuchen, vor allem junge Ärzte zu halten. Die Attraktivität eines Krankenhauses hängt auch von den Primaren ab und ich werde das bei der morgigen (29. November, Anmerkung der Redaktion) Aussprache auch klar sagen.“ Bei der Diskussion wurde u.a. angeregt, die medizinische Qualität im Krankenhaus in Schlanders zu steigern bzw. zu fördern. In Sachen Hausarztdienste wurde beanstandet, dass es nicht angehe, dass man zum Beispiel im Falle heftiger Ohrenschmerzen drei Tage auf einen Hausarzttermin warten müsse: „Da ist es ja logisch, dass man die Notaufnahme aufsucht.“
„Auf dem Weg der Besserung“
Aus den Reihen des Publikums in Tschars war aber auch zu hören, „dass sich das Gesundheitswesen in Südtirol auf dem Weg der Besserung befindet.“ Mit Hubert Messner habe endlich ein Mann die Zügel in die Hand genommen, „der im Betrieb gearbeitet hat, aus dem Betrieb kommt und ihn somit gut kennt.“ Messner sagte, dass er jeden Tag gerne arbeiten gehe, „obwohl es nicht immer einfach, sondern oft mühsam ist.“ Er habe ein gutes Team im Rücken: „Ich bin angekommen und gehe die Herausforderungen gerne an.“