Polemik in Naturns
Umstrittene Neugestaltung des Dorfzentrums. Einsprüche und Antrag auf Volksabstimmung. SVP ruft zu Dialog auf. Klausurtagung im Mai.
Naturns - Wie berichtet (der Vinschger Nr. 6/2023), hat der Gemeinderat von Naturns am 20. März den Tagesordnungspunkt „Genehmigung der Abänderung des Gemeindeplanes für Raum und Landschaft. Einfügung einer Zone mit Plan für die städtebauliche Umstrukturierung“ mit 11 Ja- und 6 Nein-Stimmen genehmigt. Details zum „Projekt Plaza“ bzw. zur Umgestaltung des Platzes im Dorfzentrum seien erst wenige Tage vor der Ratssitzung an die Öffentlichkeit gelangt, schreibt eine Personengruppe aus Naturns in einer Pressemitteilung. Drei Personen haben am 6. April drei Einsprüche eingereicht. Zeitgleich haben insgesamt 17 Bürgerinnen und Bürger die Abhaltung einer abschaffenden Volksabstimmung beantragt. Laut Projektvorschlag seien am „momentanen Parkplatz vor dem Bürger- und Rathaus eine zweistöckige Tiefgarage mit drei darauf zu errichtenden Gebäuden geplant.“ In einem der Einsprüche wird u.a. bemängelt, „dass der Beschluss nach dem Eilverfahren abgewickelt wurde.“ Im zweiten Einspruch wird beanstandet, dass sich die Verwaltung nicht an die Vorgaben der Gemeindesatzung gehalten habe, wonach im Vorfeld zu diesem Großprojekt eine Bürgerversammlung hätte einberufen werden müssen. Der dritte Einwand betrifft angebliche Differenzen zwischen dem, was der Gemeindeausschuss im Vorfeld beschlossen hatte, und dem, was dem Gemeinderat zur Abstimmung vorgelegt wurde. Mit dem Antrag nach einer abschaffenden Volksabstimmung möchten die Promotoren „das gesamte Projekt vorerst stoppen, damit nach den guten Regeln der Bürgerbeteiligung die Bevölkerung in einem neuen Beteiligungsverfahren von Anfang an eingebunden wird.“ Es gehe nicht an, „dass die Dorfbevölkerung mit einem Gemeinderatsbeschluss vor vollendete Tatsachen gestellt wird.“ Gemäß diesem Beschluss sollte eine Tiefgarage mit mindestens 100 Stellplätzen gebaut werden, was einer zweistöckigen Garage gleichkäme. Die oberirdische Fläche sollte zu maximal 30% für Wohnen, zu 25% für öffentliche Dienste und Einrichtungen von öffentlichem Interesse, zu 20% für gastgewerbliche Tätigkeit, zu 15% für den Einzelhandel und zu 10% für Dienstleistung genutzt werden. „In Anbetracht, dass momentan der gesamte Grund im öffentlichen Besitz ist, wird laut Projekt nach der Verbauung noch 25% für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen und der Rest wird an Investoren weitergegeben, um mit dem Erlös das öffentliche Vorhaben finanzieren zu können“, heißt es in der Pressemitteilung wörtlich. Aufgehängt werde die Begründung für das Voranbringen des Projekts am Ergebnis des Bürgerbeteiligungsprozesses „Vision 2030+“ mit dem Abschlussdokument vom Mai 2019. Darin wird als Möglichkeit der Dorfberuhigung der Bau einer Tiefgarage angesprochen, „aber niemals ist die Rede davon, die oberirdische Fläche zu bebauen.“
„Dialog statt Konfrontation“
Diesen Titel trägt eine Stellungnahme von Andreas Pircher (SVP Fraktionssprecher Naturns) und Michael Kaufmann (SVP Ortsobmann Naturns) zum Beschluss des Gemeinderates bezüglich der Neugestaltung des Dorfzentrums Naturns. Zu diesem Beschluss würden „leider einige irreführende Informationen verbreitet.“ Die SVP lade dazu ein, „zuerst gemeinsam die Ideen zu entwickeln und die Meinung der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen – statt eine Volksabstimmung über noch unklare Inhalte abzuhalten.“ Die SVP-Fraktion und der Ortsausschuss stellen klar, „dass der Beschluss nicht den Rathausplatz betrifft, sondern in erster Linie den Parkplatz und die Rathausstraße. Hier soll eine Gestaltung ermöglicht werden, welche vor allem eine Tiefgarage und einen öffentlichen Park sowie eine leichte Verbauung als Abgrenzung zur Hauptstraße vorsieht.“ Es gebe bisher kein Projekt, alle konkreten Schritte müssten erst gemeinsam erarbeitet werden. Bei einem partizipativen Prozess können dafür Vorschläge von allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern vorgebracht werden. Bei der „Vision 2030+“ seien u.a. folgende Ergebnisse beschlossen worden: Die Parkplätze vor den Geschäften sind zu überdenken und zentral in einer Tiefgarage unterzubringen. Als Ersatz wird ein neuer Gemeindeparkplatz in Form eines unterirdischen Parkhauses (zweistöckige Tiefgarage) errichtet. Laut einer Prognose der Eurac Research bezüglich der Entwicklung der Haushalte beläuft sich der Flächenbedarf in den nächsten 25 Jahren auf rund 25 neue Wohnungen pro Jahr. Flächen im Zentrum sollen verdichtet und mehrgeschossige Bauten gefördert werden. „Die Gemeindeverwaltung hat den Auftrag der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen und auch in der programmatischen Erklärung für diese Amtsperiode verankert“, so Andreas Pircher und Michael Kaufmann. Als Vorbereitung für die aktuelle Diskussion seien nun mehrere Experten angehört worden: „Der Grundtenor war sehr positiv, die Neugestaltung biete eine große Chance.“ Wichtig sei es, den neuen Platz abzugrenzen und natürlich zu beleben, unter anderem durch eine ansprechende und stimmige Verbauung. Also habe sich die Empfehlung ergeben, „dass eine nachhaltige Aufwertung des Dorfzentrums dadurch erfolgen soll, indem in erster Linie die Autos verschwinden und anstelle des wenig wertvollen Asphaltparkplatzes ein attraktiver offener Dorfplatz entsteht.“ Das bedeute: „Es geht um öffentlichen Raum für alle: Aus dem Parkplatz kann etwas Besonderes für die Allgemeinheit werden. Erste Ideen wurden bereits gesammelt: Naturns soll einen Dorfplatz erhalten, auf dem Veranstaltungen möglich sind, wo aber auch natürliche Begegnung stattfindet.“ Es soll ein Park entstehen mit einem möglichst prägenden Baumbestand. Es sollen mindestens 100 unterirdische Stellplätze realisiert werden, die der Gemeinde gehören und weiterhin kostengünstig nutzbar sind. Weitere private Stellplätze würden bei Bedarf für Wohnungen und Geschäfte zur Verfügung gestellt. Auch eine neue öffentliche Einrichtung sei vorstellbar, die das Gesamtangebot im Dorf ergänzt.
„Mobilitätszentrale auf jeden Fall notwendig“
„Auf jeden Fall ist eine neue moderne Mobilitätszentrale für den öffentlichen Personennahverkehr mit ausreichend Radabstellplätze notwendig.“ Um die Anregungen zu sammeln und den Neugestaltungsplan zu konkretisieren werde ein offener Arbeitsabend organisiert, „zu dem sich rund 50 Interessierte gemeldet haben.“ Erst nach der Festlegung der effektiven Anforderungen werden konkrete Pläne entwickelt und gegebenenfalls soll dann auch der aktuelle Beschluss des Gemeinderates angepasst werden. Der bereits eingeleitete Partizipationsprozess soll „unbelastet und in sachlicher Dialektik durchgeführt werden.“ Die weitere Vorgangsweise werde dann von den Ergebnissen des Partizipationsprozesses abhängen und bei einer Klausur des Gemeinderates im Mai festgelegt. Die SVP-Fraktion und der Ortsausschuss unterstreichen, „dass sie den Willen der Bürgerinnen und Bürger umsetzen werden, dabei aber auf einen reifen Dialog und nicht auf die verhärtende Konfrontation in Form einer spaltenden Volksabstimmung setzen wollen.“