„Online-Modus“ an Oberschulen

„Lebendige Schulgemeinschaft in ihrer Buntheit seit März in Frage gestellt!“

Publiziert in 43-44 / 2020 - Erschienen am 15. Dezember 2020

Vinschgau - Vor über einem Monat mussten Südtirols Oberschulen wieder auf den „Online-Modus“ umstellen, ohne zu wissen, wie lange diese Situation andauern würde. Dass der „Online-Modus“ mit einigen Nachteilen, aber auch mit Vorteilen verbunden ist, zeigen folgende Stellungnahmen aus dem Oberschulzentrums Mals, die  der Vinschger Anfang Dezember eingeholt hat.

Werner Oberthaler, Schulführungskraft am OSZ Mals: „Die Pandemie trifft besonders auch unsere Jugendlichen. Ich erinnere mich, was mir als junger Mensch wichtig war: Die Schule hatte ihren festen Platz, war immer auch Ort der Begegnung, der Orientierung, des direkten gemeinsamen Lernens. Doch über allem standen Freiheit, Freundschaften, Unbeschwertheit, Reisen, Zusammensein, gemeinsame Abenteuer. Und genau das fehlt jetzt über weite Strecken. Unsere Jugendlichen befinden sich in ihrer heikelsten Lebensphase: Sie werden erwachsen, sind auf Selbstsuche und dabei, sich von Zuhause abzunabeln. Aber ausgerechnet jetzt sind sie zum ‚Zuhause-Bleiben’ verdammt, zu Distanz und Vorsicht verdonnert, zum Online-Unterricht verpflichtet. Digitale Plattformen und Netzwerke können auf Dauer den für das eigentliche, nachhaltige Lernen und Wachsen fundamentalen sozialen Kontakt nicht ersetzen. Der Alltag ist plötzlich anders geworden, angstbesetzt, beengend, fremd, unsicher, fallweise perspektivlos. Aber die Jugend wäre nicht sie selbst, würde sie nicht auch aus dieser Situation das Beste machen, Gelegenheiten wahrnehmen, für das Leben zu lernen. Wir Erwachsene haben allen Grund, unseren Jugendlichen zu vertrauen. Sie werden ihren Weg gehen. Begleiten wir sie, seien wir zuversichtlich, stehen wir ihnen dort bei, wo sie uns brauchen.“

Markus Klotz, Lehrer und Koordinator der Sportoberschule: „An der Sportoberschule Mals war Fernunterricht - oder Online-Unterricht oder digitaler Unterricht - schon seit der Gründung ein Thema. Dabei ging es immer darum, den Spagat zwischen Schule, Training und Wettkampf so gut wie möglich zu schaffen. Verschiedene Online-Lösungen halfen den Athletinnen und Athleten, den Kontakt zu den Lehrpersonen zu halten. Lehrpersonen haben ihre Unterlagen immer wieder den technischen Möglichkeiten angepasst und Übungsmöglichkeiten erstellt. Von Anfang an war klar, dass diese Online-Welt eine gute und interessante Unterstützung, aber niemals ein Ersatz der Schulwelt in Präsenz sein kann. All die gesammelten Erfahrungen kommen dem heutigen Fernunterricht am OSZ Mals zugute. Daher war die Umstellung auf einen totalen Fernunterricht zwar herausfordernd, aber nicht überfordernd und zeitlich sehr schnell organisiert. Alle Schülerinnen und Schüler der Sportoberschule Mals arbeiten seit mehreren Jahren auch im Unterricht mit ihren eigenen Notebooks, was garantiert, dass die notwendigen Programme, Zugänge, Einstellungen usw. funktionieren. Dies gibt den Familien eine bestimmte Sicherheit und es beruhigt die Eltern, wenn sie wissen, dass der technische Aspekt geklärt ist. Danke an alle, die immer schon bereit waren und weiterhin bereit sind, sich den Herausforderungen zu stellen.“

Bernadette Höllrigl, Lehrerin für Philosophie und Sozialwissenschaften, Koordinatorin am SOGYM (Sozialwissenschaftliches Gymnasium) und Vizedirektorin: „Das hat es in meiner 30-jährgen Unterrichtslaufbahn nicht gegeben: Schulfeierlichkeiten werden abgesagt. Praktika, Projekte, Spracheaufenthalte finden nicht statt. Einzelbänke werden in einer vorgeschriebenen Distanz ausgerichtet. Es gilt Maskenpflicht. Bis das Oberschulzentrum Mals zum zweiten Mal für längere Zeit auf den Fernunterricht umstellt. Wir sind vorbereitet. Meinen Fachunterricht gestalte ich wieder am PC. Das läuft erstaunlich gut. Technisch habe ich fast alles im Griff. Im Fernunterricht fehlt kaum eine Schülerin oder ein Schüler. Lobenswert. Ich höre kein Schwätzen. Großartig. Das virtuelle Handaufheben diszipliniert die Diskussionen. Wunderbar. Aber ich höre kein Lachen. Ich sehe kein Augenverdrehen bei einem provozierenden Spruch. Mir fehlen meine Schülerinnen und Schüler! Eine lebendige Schulgemeinschaft in ihrer Buntheit wird durch das Corona-Virus seit März in Frage gestellt.“

Barbara Stocker, Englischlehrerin und Koordinatorin für Inklusion: „Wir sind sehr froh über die Ausnahmeregelung für Schüler*innen mit Beeinträchtigung, mit besonderen Bedürfnissen oder aus sozial schwierigen Situationen. Diese dürfen weiterhin in der Schule betreut werden, sie werden vor Ort vor allem vom Inklusionsteam (Mitarbeiter*innen und Inklusionslehrpersonen), aber auch teilweise von Fachlehrpersonen begleitet und unterrichtet. Es wird Woche für Woche für jeden/jede der Schüler*innen ein individueller Plan erstellt, welcher auf die Bedürfnisse der Schüler*innen, aber auch auf die Möglichkeiten der Familie abgestimmt ist. Die Ausnahmeregelung hilft hier sehr, denn der Online-Unterricht ist nicht für alle ein gangbarer Weg, oft nur ein teilweise gangbarer Weg. Es freut mich sehr, mit welch großem Einsatz von allen Seiten dieses Angebot genutzt und umgesetzt wird. Was die Schüler*innen aus sozial schwierigen Situationen betrifft, sind wir auch in Kontakt mit den Sozialdiensten, da wir als Schule nicht immer ausreichenden Einblick in persönliche Situationen bzw. Problemfälle haben. Die Sozialdienste treten mit uns in Kontakt, falls die Notwendigkeit bestehen sollte, die Schüler persönlich vor Ort zu unterstützen. Auch soll bald die Möglichkeit bestehen, Sprachförderung wieder vor Ort geschehen zu lassen, falls wir im Online-Modus bleiben sollten bis Weihnachten …“

Helmuth Tschenett, Lehrer für Informatik und Koordinator der Fachoberschule für Wirtschaft (FOWI): „Im Unterschied zum Ende des vergangenen Schuljahres war der Umstieg vom Präsenz-Unterricht in den Online-Unterricht jetzt zu Beginn des neuen Schuljahres entsprechend vorbereitet. Schon zu Beginn war klar, dass wir Online-Unterricht haben werden, wenn auch das Ausmaß zunächst nicht festgelegt war. Nach und nach wurden dann die Online-Zeiten erhöht und seit den Herbst-Ferien sind wir nun schon wieder 100 Prozent ‚online’. Die Formate der Unterrichtsmaterialien waren schon entsprechend angepasst worden an die Möglichkeiten der technischen Plattformen, die an unserer Schule benutzt werden. Neue Materialien wurden entwickelt, verschiedene Varianten von Video-Unterrichtseinheiten ausprobiert, neue Test-Formate entwickelt. Natürlich gab es auch viele technische Probleme sowohl bei den Lehrpersonen als auch bei den Schülern, die gelöst werden mussten: nicht funktionierende Mikrophone, schlecht auflösende Kameras oder unverständliche Fehlfunktionen der verwendeten Software. Zusätzlich galt es, sich alle möglichen Zugangsdaten zu merken und zu verwalten. Das viel kritisierte Smartphone war hierbei oft die letzte Möglichkeit, den Kontakt zur Schule aufrechtzuerhalten. Eines ist jedenfalls sicher: Für die digitalen Kompetenzen von 517 Schüler und 108 Lehrpersonen an unserer Schule ist die Corona-Krise weniger eine Krise als eine sehr fruchtbare Zeit. Viele haben in dieser Zeit das gemacht, was beim Aufbau der digitalen Kompetenzen so wichtig ist: Learning by doing (Lernen durch Handeln). Sehr oft habe ich in den letzten Wochen bei der Unterstützung zu Problemen in der IT-Welt einen ‚AHA-Ausruf’ gehört, und oft habe ich auch den Spruch gehört: ‚Das wollte ich schon immer mal wissen, wie das genau funktioniert.’ Natürlich stellt die COVID-19-Pandemie nach wie vor eine sehr dramatische Zeit dar, als Informatik-Professor sehe ich den Fernunterricht aber auch mit einem positiven Auge. Das ‚informatische’ Lernen findet jedenfalls derzeit über alle Fächer verteilt ganz automatisch und wesentlich intensiver statt als bisher im ‚normalen’ Präsenz-Unterricht.“  

Bianca Gisler, Schülerin der 3A Sport: „Für mich ist der Fernunterricht optimal. Da ich sehr viel trainiere als Snowboardfahrerin in der Nationalmannschaft der Schweiz, kann ich so leichter dem Unterricht folgen und mit den Lehrern kommunizieren.“

Leonie Gurndin, Schülerin der 1A Sport: „Es geht mir jetzt besser im Fernunterricht als im Frühjahr, aber es ist nicht dasselbe wie vor Ort dabei zu sein. Es ist eigentlich auch komisch, vor dem PC zu reden.“

Levin Kuhn, Schüler der 2B Sport: „Ich komme ganz gut zurecht mit dem Fernunterricht. Ich kann mich besser einteilen beim Lernen und im Training. In ein paar wenigen Fächern, wie zum Beispiel in Mathe, finde ich den Online-Unterricht schwierig.“

Alan Telfser, Schüler der 3A Sport: „Ich finde den Fernunterricht gut, da man selbstständig lernen muss. Das fördert diese Kompetenz. Zudem lerne ich besser mit dem PC umzugehen und ich kann mich besser einteilen. Ich würde auch nicht behaupten, dass ich weniger lerne als im Präsenzunterricht.“ 

Daniela di Pilla

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