„Nur wenige grüßen nicht zurück“
Karl Raffeiner schreibt täglich auf, wie viele Menschen er grüßt und wie viele den Gruß erwidern.
Schlanders - Jedem von uns passiert es, dass ein gut gemeinter Gruß nicht erwidert wird. Verhallt zum Beispiel ein freundlicher Gruß am Morgen im Nichts, kann einem das irgendwie den Tag vermiesen. Kommt der Gruß aber zurück, möglicherweise in Begleitung eines Lächelns, kann der Tag eigentlich nur gut beginnen. „Einige Leute haben meinen Gruß nie erwidert, obwohl ich sie immer wieder aufs Neue gegrüßt habe“, erinnert sich Karl Raffeiner aus Schlanders an die Zeit zurück, als er noch als Hausmeister und Portier im Schlanderser Krankenhaus arbeitete. Vielleicht war das mit ein Grund dafür, warum Karl noch in der Zeit vor seiner Pensionierung im Jahr 1997 damit begonnen hat, zwei Monate lang aufzuschreiben, wie viele Menschen er pro Tag grüßte und wie viele davon den Gruß erwiderten. Er trug damals immer einen Zettel hinter der Schürze mit, um genauestens Buch führen zu können.
Neubeginn im November 2022
Im Jahr 2022, genauer gesagt am 1. November, hat der 79-Jährige die Idee von damals neu aufgegriffen und zeichnet seither in einem Michaelskalender penibel genau auf, wie viele Menschen er pro Tag auf der Straße, in Gasthäusern, bei Zusammenkünften usw. grüßt und wie viele davon den Gruß erwidern. Zumal Karl Raffeiner u.a. anderem seit Jahrzehnten beim Männergesangverein mitsingt, liegt es in der Natur der Dinge, dass die Zahl der Grüße an Tagen, an denen Proben, Auftritte oder Versammlungen stattfinden, entsprechend hoch ist. „Außerdem kenne ich auch sonst viele Leute in Schlanders und darüber hinaus“, verrät uns Karl Raffeiner. Mittlerweile ist er mit dem täglichen Zählen derart vertraut, „dass ich untertags keinen Zettel mehr brauche.“ Er behalte alles im Kopf und trage die Zahlen täglich im Kalender ein. Auf die Frage, ob er immer alle Menschen grüßt, denen er zum Beispiel auf der Straße begegnet, sagte der Schlanders: „Ja, ich grüße alle, egal ob Bekannte, Urlaubsgäste, Ausländer, Junge oder Alte.“ Manchmal komme es schon vor, „dass mich die Gegrüßten etwas überrascht oder verdutzt anschauen, aber die meisten grüßen zurück und ich kann ihnen nicht selten auch ein Lächeln abringen.“ Mitunter folgt auf den Gruß auch ein nettes Gespräch. Die Leute gegrüßt hat Karl schon von Kindheit auf. Er erinnert sich noch gut an einen älteren Herrn mit Hut und Stock, den er als Bub immer gegrüßt hat. Eines Tages blieb der Mann stehen, zog die Geldtasche heraus „und gab mir 50 Lire“. Investiert hat Karl das Geld beim „Gelati-Mann“. Damals kostete eine Tüte mit einer Kugel Eis 10 Lire.
„Du musst die Leute nur anschauen“
Probleme, Menschen zu grüßen, die er nicht kennt, hat Karl Raffeiner keine: „Du musst die Leute nur anschauen und nicht den Kopf hängen lassen.“ Wenn man sie grüßt, „schauen die Leute auch kurz vom Handy auf und die meisten erwidern den Gruß.“ Der Anteil jener Menschen, die zurückgrüßen, habe ihn positiv überrascht. Im ersten Monat der Statistik (November 2022) hat Karl 1.609 Menschen gegrüßt und nur 93 davon haben den Gruß nicht erwidert. Im Februar 2023 grüßte er 3.984 Personen, wobei von nur 150 kein „Echo“ zurückkam. Zählt er die 12 Monate von November 2022 bis Oktober 2023 zusammen, kommt Karl auf 27.057 begrüßte Personen. 1.142 davon grüßten nicht zurück, was einem Prozentsatz von nur ca. 4,22 entspricht. Karl Raffeiner will die Statistik bis zum heurigen Oktober fortsetzen, „damit zwei Jahre voll werden.“ Bisher aufgefallen ist ihm unter anderem, dass immer weniger Personen nicht zurückgrüßen. Am vergangenen 26. Februar zum Beispiel – an diesem Tag war auch MGV-Probe – haben nur 2 von 123 Personen den Gruß nicht erwidert.
Auch das Wetter spielt eine Rolle
Eine bestimmte Rolle spielt beim Grüßen im Freien natürlich auch das Wetter. Karl: „Bei starkem Wind, Föhn oder heftigem Niederschlag wird natürlich weniger zurückgegrüßt, das ist auch mehr als verständlich.“ Zudem seien bei schlechten Wetterbedingungen weniger Leute im Freien unterwegs. Er selbst lässt sich vom schlechten Wetter nicht aus der Fassung bringen und sagt zu den Leuten, die er grüßt, nicht selten: „Das Wetter ist nicht schlecht. Es sind die Leute, die nicht alle gut sind.“ Für genaue Aufzeichnungen, besondere Sammelleidenschaften und nicht alltägliche „Buchführungen“ ist der Schlanderser seit jeher bekannt. Vom Mai bis zum August 2016 hat er zum Beispiel 142 vierblättrige, 26 fünfblättrige und 4 sechsblättrige Kleeblätter gesammelt. In einer eigenen Buchreihe hat er ab dem Jahr 1962 alle Bergtouren, sportlichen Wettkämpfe, Volksmärsche, Herz-Jesu-Feuern und weitere Ereignisse aufgezeichnet. Apropos Herz-Jesu-Feuer: Bereits 2020 hatte er zum 50. Mal beim Herz-Jesu-Feuern in Laas (Taitschroi, 3139 m) mitgewirkt. Seine Herz-Jesu-Freunde ehrten ihn nach den Pandemiejahren dafür mit einer Plakette. In 6 Bänden zu Papier gebracht hat Karl unter anderem auch unzählige Vogelbeobachtungen.