Neue Hirtenhütte auf der Enzian-Alm
Weiterer Baustein für den Erhalt der Marteller Almwirtschaft
Martell - Der Bau des Zufrittstausees in Hintermartell war auch für die Marteller Almwirtschaft ein harter Schlag, denn es wurden gleich zwei Almen, die obere Alm und die untere, unter Wasser gesetzt. Die Bauern verloren damit wertvolle, relativ tief gelegene Weideflächen. In den 1950er Jahren wurden die Gebäude der zwei Almen Enzian (2.060 m) und Lyfi (2.165 m) neu errichtet. An der damals errichteten Hirtenhütte auf der Enzian-Alm traten im Laufe der Zeit Schäden auf. Es kam aufgrund des unstabilen Untergrundes zu Rissen am Gebäude. Nach vielen Überlegungen fiel am Ende die Entscheidung, die Hirtenhütte an einem anderen Standort, aber immer in der Nähe des Stalls (Pfarrer), neu zu errichten.
Der Tradition treu geblieben
Entstanden ist eine wunderschöne Hütte mit zwei Zimmern, Küche, Hirtenstube und sanitären Anlagen. Bei der offiziellen Eröffnung und Segnung des neuen Gebäudes am 31. Juli waren alle Festredner voll des Lobes für die vorwiegend mit den heimischen Baumaterialien Stein und Holz ausgeführten Arbeiten. Es entstand ein für Martell typisches und traditionelles Almgebäude, „das gut zum Landschaftsbild passt“, wie nicht nur der Bürgermeister Georg Altstätter, der Gemeindereferent für Landwirtschaft, Andreas Eberhöfer, und Sepp Maschler, der Obmann der Nutzungsinteressentschaft, unterstrichen, sondern auch Landesrat Arnold Schuler und der Landtagsabgeordnete Franz Locher, der von einer „Augenweide“ sprach. Andreas Eberhöfer erinnerte daran, dass auf der Enzian-Alm bis 1988 Käse und Butter erzeugt wurden. Seither verbringen trächtige Kühe und Kalbinnen den Sommer auf der Enzian-Alm. Die einzige Milchviehalm der insgesamt 9 Marteller Almen, die in der Nutzungsinteressentschaft zusammengeschlossen sind, ist die Lyfi-Alm. Einen besonderen Dank zollte der Landwirtschaftsreferent dem Nutzungsinteressentschafts-Obmann und ehemaligen Vizebürgermeister Sepp Maschler. Er habe den Neubau der Hirtenhütte zusammen mit dem Bürgermeister von Anfang an unterstützt und begleitet.
Rund 480.000 Gesamtkosten
Die neue Hirtenhütte, hinter der als Schutz vor Erdrutschungen eine dicke Stützmauer aus Beton errichtet wurde, ist ein Gemeinschaftsprojekt der Gemeinde und der Nutzungsinteressentschaft. Die Gesamtkosten bezifferte der Bürgermeister mit rund 480.000 Euro. Den Großteil der Ausgaben bestritt die Gemeinde, wobei auch sogenannte „Umweltgelder“ eingesetzt wurden. Die Nutzungsinteressentschaft steuerte rund 70.000 Euro bei, „61.000 Euro werden noch vom Amt für Bergwirtschaft kommen,“ kündigte Landesrat Arnold Schuler an. Er freute sich über den gelungenen Neubau: „Die Almen in Südtirol sind zum Glück noch zum Großteil bewirtschaftet.“ Die Förderungen für die Sanierung von Almgebäuden dürften bald wieder anlaufen.
441 Stück Rinder
Insgesamt verbringen heuer 441 Stück Rinder den Sommer auf den Weiden der 9 Marteller Almen. Auf der Enzian-Alm halten sich 86 trächtige Kühe und Kalbinnen auf. Die Milch der 75 Milchkühe werden auf der Lyfi-Alm von der erst 19-jährigen Sennin Noemi Seehauser aus Deutschnofen, die jeden Tag um 10 Minuten vor 4 Uhr aus den Federn kriecht, zu Käse und Butter verarbeitet. Neben den Rindern kommen noch 1.067 Schafe und Ziegen, 21 Schweine und 1 Pferd dazu. Der Zusammenschluss der 9 Almen zur Nutzungsinteressentschaft bringt laut Sepp Maschler viele Vorteile: „Die Tiere werden gemeinsam angemeldet und anstelle von 9 brauchen wir nur eine Haftpflichtversicherung.“ Es gibt 9 gemeldete Hirten sowie eigene Almmeister für alle Almen. Für die Enzian-Alm sind dies Toni Eberhöfer und Markus Oberhofer.
„Super“
Am meisten freut sich der Hirte Sepp Holzer über „seine“ neue Hirtenhütte. Er betreut heuer bereits im 31. Sommer die Rinder auf der Enzian-Alm. Seit 43 Jahren ist er zusätzlich auch zusammen mit seinem Bruder Johann für die Schafe auf Zufall zuständig. Für die Beschreibung des Neubaus reichte ihm ein einziges Wort: „Super“.
Großraubwild und Borkenkäfer
Angesprochen wurden im Zuge der Eröffnungsfeier auch die Themen Großraubwild und Borkernkäfer. „Wenn es schon in anderen Staaten möglich ist, Maßnahmen gegen den Wolf zu ergreifen, müsste das auch bei uns funktionieren“, sagte Sepp Maschler. Man müsse vom Diskutieren endlich zum Handeln kommen. Arnold Schuler gab sich überzeugt, „dass es eine Regelung braucht,“ um die Population zu reduzieren. Ganz verschwinden würden Wolf und Bär allerdings nicht mehr. Akut seien zurzeit auch die Probleme in den Wäldern im Zusammenhang mit der außergewöhnlich starken Verbreitung des Kiefernborkenkäfers und anderer Schädlinge. Georg Altstätter gab zu Bedenken, dass so gut wie alle Wälder in Martell Schutzwälder sind.
Lärchenholz aus Russland
Gerade paradox ist es laut dem Marteller Bürgermeister, dass Lärchenholz aus Russland nach Südtirol gekarrt wird: „Als wir die Fenster für unser Versorgungshaus bestellen wollten, stellte sich heraus, dass die Südtiroler ‚Fenster-Firmen‘ keine Fenster aus heimischen Lärchenholz haben.“
Starke Bauernjugend
Für Speis und Trank bei der Eröffnungsfeier sorgte die Bauernjugend Martell. Den kirchlichen Segen erteilte Pfarrer Johann Lanpacher. Zu den Ehrengästen gehörten auch der Bauernbundbezirksobmann Raimund Prugger, der Latscher Vizebürgermeister Christian Stricker, sowie viele Vertreter des Marteller Gemeinderates bzw. -ausschusses.