Der vor kurzem gefällte Ginkgo in Latsch.

„Motorsog-Forum“

Publiziert in 3 / 2015 - Erschienen am 28. Januar 2015
Ginkgo in Latsch gefällt. Kritik an Gemeinde. Bürgermeister rechtfertigt die Schlägerung. Latsch - Über 100 Jahre lang hat ein Ginkgo-Baum das Ortsbild westlich des Latscher Dorfzentrums mitgeprägt. Der Baum war vermutlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts gepflanzt worden, also um die Zeit, als die Vinschgerbahn gebaut wurde. Vor wenigen Tagen fiel der hochstämmige Ginkgo der Motorsäge zum Opfer. „Es ist beileibe nicht zum ersten Mal, dass in Latsch Bäume in Hauruck-Manier plötzlich verschwinden“, ärgerten sich am Freitag Christoph Tscholl und Karl Gamper. Viele Latscher Bürgerinnen und Bürger hätten sich darüber geärgert, dass ein so seltener Baum einfach umgesägt wird. „Laut der Traditionellen Chinesischen Medizin hat der Ginkgo Wunderkräfte, auch für das Gehirn. Das aber scheint so manche Köpfe in Latsch völlig unberührt zu lassen“, so Karl Gamper. Für Christoph Tscholl ist es nicht nachvollziehbar, dass ein derartiges und noch dazu so altes Naturdenkmal von einem Tag auf den anderen verschwinden muss. In Latsch seien in der Vergangenheit schon oft Bäume auf öffent­lichem Grund gefällt worden: „An ihrer Stelle wurden dann meistens Fleißige Lieschen, Petunien oder Geranien gepflanzt.“ Er wage zu wetten, dass dort, wo bis vor kurzem der Ginkgo stand, in Zukunft im besten Fall Rosen zu sehen sein werden. Ganz Unrecht wird er nicht haben, denn die Gemeinde möchte dort tatsächlich einen Rosenstock pflanzen. Dies kündigte Bürgermeister Helmut ­Fischer auf Anfrage an. Der Ginkgo wurde auf seine Anordnung hin geschlägert, „und zwar deshalb, weil dieser Baum nun schon zum zweiten Mal eine angrenzende Privatmauer eingedrückt hat.“ Für einen hochstämmigen Baum wie den nun gefällten Ginkgo sei der Platz zwischen Straße und Mauer viel zu eng gewesen. Für all jene, die sich darüber beschweren, dass es in Latsch zu wenige Bäume gibt, hat Fischer ein Angebot auf Lager: „Ich zahle jedem, der bereit ist, mit der Seilbahn nach St. Martin zu fahren, auf Halbweg zu halten und auf unser Dorf hinunter zu schauen, die 8 Euro, denn dann kann er sich selbst davon überzeugen, wie grün Latsch in Wirklichkeit ist.“ Nicht verkneifen kann sich Christoph Tscholl die Aussage, „dass der Ginkgo wohl nicht die ‚richtigen’ Früchte getragen hat.“ Der örtliche Heimatpflegeverein müsse sich die Kritik gefallen lassen, sich nicht gerade tatkräftig für Naturdenkmäler einzusetzen. Apropos Früchte: der Ginkgo in Latsch war ein weiblicher Baum, der Früchte trug. Reife ­Ginkgo-Früchte können bekanntlich stark stinken. Dieser besondere Umstand schmälert aber die vielen Vorzüge des Ginkgo-Baums nicht. Immerhin wurde der in China heimische und heute weltweit verbreitete Ginkgo als „Baum des Jahrtausends“ auserkoren. Sepp
Josef Laner

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