„Kurvenreiches“ Jochprojekt
Vieles ist in Planung, aber noch immer keine „Maltamaschine“ angeworfen
Gomagoi - Pläne, Visionen, Skizzen, Ideen, Abkommen, Ankündigungen, Sitzungen: seit (zu) vielen Jahren laufen nun schon die Bemühungen, die Stilfserjoch-Straße und das Passareal aufzuwerten. „Eine „Maltamaschine’ konnte aber leider auch heuer nicht eingeschaltet werden“, musste der Kammerabgeordnete Albrecht Plangger am 25. November bei einer Informationsveranstaltung im Sitzungssaal des E-Werks Stilfs in Gomagoi einräumen. Plangger, der zusammen mit Arnold Gapp, Stephan Gander, Hanspeter Gunsch und Kurt Sagmeister in der „Arbeitsgruppe Stilfser Joch“ mitarbeitet, war zusammen mit der Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer und den Bürgermeistern von Stilfs und Prad, Hartwig Tschenett und Karl Bernhart, vor die Bürger getreten, um darüber zu informieren, was sich tut und wie es weitergeht.
Neuer Anlauf nach Stillstand
Eingeschlafen sei das Vorhaben vor allem deshalb, weil es Neuwahlen in der Lombardei, in der Schweiz und auch in Südtirol gegeben hat. Es mussten u.a. neue Ansprechpartner gefunden werden. Zu einem Neustart kam es im Juli 2019 mit der Unterzeichnung eines neuen Einvernehmensprotokolls zwischen dem Land Südtirol und der Region Lombardei am Stilfser Joch. Es wurde u.a. die Gründung einer Gesellschaft festgeschrieben, an der Südtirol und die Lombardei zu je 50% beteiligt sein werden und die ab 2021 voll operativ sei soll. Ziel der Gesellschaft – es sind ein 3-köpfiger Verwaltungsrat, ein Mitarbeiterteam und ein 11-köpfiger Beirat mit je 5 Mitgliedern aus Südtirol und der Lombardei sowie einem Mitglied aus Graubünden vorgesehen – ist es, gemeinsam definierte Projekte und Vorhaben umzusetzen.
„Parkplan endlich abschließen“
Laut Maria Hochgruber Kuenzer kann das Vorhaben der Aufwertung der Passstraße, des Areals auf der Passhöhe und des umliegenden Gebietes nicht isoliert vom Nationalpark gesehen werden: „Es geht jetzt darum, den Parkplan endlich abzuschließen, damit wir ihn dem zuständigen Ministerium vorlegen können.“ Es handle sich nicht um eine Genehmigung auf politisches Ebene, „sondern auf der Verwaltungsebene im Ministerium und dort gehen auch Umweltverbände ein und aus“, meinte Hochgruber Kuenzer. Zum Aufwertungs-Projekt selbst meinte sie, dass es auf keinen Fall das Ziel sei, mehr Verkehr anzuziehen.
Verkehrsberuhigung in Prad
Über eine Reihe bereits getroffener sowie noch geplanter Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung entlang der Hauptstraße in Prad informierte Karl Bernhart. Konkret nannte er die Speedcheck-Boxen, die mobilen Fahrbahnteiler und die Geschwindigkeits-Anzeigetafeln. Der Bau der Fußgänger- und Radwegbrücke in Spondinig habe zu einer besseren Anbindung zum Bahnhof geführt. Als weitere Maßnahmen kündigte er neue Fahrbahnteiler ab dem Hauptort in Richtung Spondinig an, sowie die Neugestaltung an Kreuzungsbereichen. Mit Ausgaben von fast 500.000 Euro soll vor allem der Kreuzungsbereich „bei den Albern“ in Zusammenarbeit mit dem Straßendienst entflochten und sicherer gestaltet werden. Das Land habe zugesagt, 80% der Kosten zu übernehmen.
Gebühr nur auf Südtiroler Seite
Über die Einführung einer Eintrittsgebühr für das Befahren der Stilfserjoch-Straße wird ebenfalls schon seit vielen Jahren diskutiert. Zumal die Staatsstraßenverwaltung ANAS gegen die Einführung einer Gebühr auf der Seite der Lombardei ist, wird jetzt laut Kurt Sagmeister ausschließlich eine Eintrittsgebühr auf der Südtiroler Passseite ins Auge gefasst. Dies wiederum habe auf Schweizer Seite Befürchtungen laut werden lassen, wonach der Umwegverkehr über Santa Maria zunehmen könnte. Es sei daher geplant, im nächsten Jahr mit Hilfe von Kameras ein Monitoring durchzuführen, um die Verkehrsflüsse zu erfassen. Als Ziele der zu gründenden Gesellschaft nannte Sagmeister u.a. die Erstellung eines Investitionsplans sowie eines Mobilitätsplans. Das Geld für die Umsetzung von Maßnahmen und Projekten soll die Gesellschaft vorwiegend aus dem Grenzgemeinden-Fonds beziehen. Auch die Einnahmen aus der Eintrittsgebühr sollen mit einfließen.
Rad-Aufstiegsweg und Festung
Als neues Vorhaben stellte Stephan Gander einen Rad-Aufstiegsweg zwischen Prad und Gomagoi vor. Entstehen soll diese rund 6,5 Kilometer lange, nur aufwärts befahrbare Route parallel zur Stilfserjoch-Straße und zwar als Überbau auf der Trasse einer neuen Druckrohleitung, die das E-Werk Prad baut. Laut Gander handelt es sich bei diesem Rad-Aufstiegsweg um eine Gemeinschaftsinitiative des E-Werks Prad, der Ferienregion, der Gemeinden Prad und Stilfs sowie der Bezirksgemeinschaft Vinschgau. Der Landeshauptmann Arno Kompatscher habe der Bezirksgemeinschaft bereits eine Finanzierungszusage in Höhe von über 3 Mio. Euro erteilt. Derzeit beschäftigen sich 8 Landesämter mit den technischen und bürokratischen Details. Auch einen Entwurf des Architekten Markus Scherer für die Neugestaltung der Festung Gomagoi stellte Gander vor. Geplant ist ein Besucherzentrum als „Portal zum Stilfserjoch“. Architekt Arnold Gapp informierte über Visionen und Pläne auf der Passhöhe. Grundsätzlich sollte es darum gehen, „am Joch endlich aufzuräumen, Parkplätze - und nicht nur - unter die Erde zu bringen, sanitäre Anlagen zu errichten und dafür zu sorgen, dass die Straße in den Mittelpunkt gerückt wird, denn derzeit gleicht die Passhöhe eher einem Marktplatz.“ Albrecht Plangger ging auf kleinere, ebenfalls geplante Maßnahmen am Joch ein: geregelte Müllentsorgung, unterirdische Verlegung von Stromleitungen, Beschilderung sowie regelmäßige Lawinensprengungen aus Sicherheitsgründen, wobei diese Möglichkeit allerdings auch im Parkplan vorgesehen werden müsste.
Viele Themen angesprochen
Bei der Diskussion wurden u.a. weitere Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und -sicherheit angeregt, vor allem in Prad. Der Erfolg des Gesamtvorhabens sei an der Mobilität zu messen. Hartwig Tschenett verwies darauf, dass auch die Bewohner von Stilfserbrücke, Gomagoi und Trafoi Verkehrsbelastungen ausgesetzt sind. Ein besonderes Problem für alle Anrainer der Straße sei der Motorradlärm. Mehrfach aufgeworfen wurde das Thema Mountainbiken im Nationalpark. Es gehe nicht an, dass fast alle Wanderwege, die zum Teil im hochalpinen Gelände verlaufen, befahren werden. Ein besonderes Problem seien die Downhiller. Kurt Sagmeister und Hanspeter Gunsch versicherten, dass es keineswegs geplant sei, den Nationalpark als Mountainbike-Destination zu positionieren. Gunsch: „Im Zuge der Erstellung des Parkplans wird festgelegt, wo Mountainbiker unterwegs sein dürfen und wo nicht.“ In mehreren Wortmeldungen wurden grundsätzlich mehr Mitsprache, mehr Einbindung und mehr Information der Bevölkerung angeregt. Ein Diskussionsteilnehmer äußerte sich dahingehend, dass die Aufbruchsstimmung für die Aufwertung der Passstraße, des Jochs und der Umgebung trotz der bisherigen Verzögerungen nicht abbrechen dürfe. Als eines der Hauptziele aller Bemühungen nannten Gander und weitere Referenten die Entschleunigung. Es seien die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Besucher dieser einzigartigen Region nicht einfach „durchpreschen“, sondern sich im Gebiet aufhalten und diesen Natur- und Erlebnisraum genießen.