Kulturperspektiven aus einem Kulturplatz
Im Prokulus-Museum von Naturns wollte man Kunst, Kultur und Wirtschaft zusammen denken.
Naturns - Der erste Diskussionsabend hatte in einem Meraner Hotel stattgefunden, der dritte wird in einem Autohaus in Bruneck abgehalten. Den zweiten hat man in das unterirdische Prokulus-Museum verlegt. Für Kulturreferent Michael Ganthaler und für viele andere Naturnser war es der Kulturplatz schlechthin. Der besondere Ort regte dann Moderator Harald Pechlaner, EURAC, zur Frage an: „Wie hängt das zusammen, als herausragender Wirtschaftsstandort auch ein Kulturstandort zu sein?“ Ganthaler begründete dies mit den Verdiensten eines Vorgängers, des ehemaligen Kulturreferenten Sepp Pircher, der sich in der
Öffentlichkeit stark für die Kultur eingebracht und die Bedeutung der Wirtschaft als Sponsor des kulturellen Lebens erkannt habe. Der Veranstaltung im Prokulus-Museum mit Leiterin Tanja Flarer wohnten u.a. bei Zeno Christanell, Bürgermeister in Naturns, Luis Forcher, Bürgermeister in Partschins, Alexander Zöggeler, Präsident des Südtiroler Künstlerbundes, Sepp Mall, Literat, Armin Gatterer, Ressortdirektor
Deutsche Kultur, Volker Klotz, Amt für Kultur, Maria Theresa Kreidl, Vorsitzende Prokulus Kulturverein. Kultur- und Wirtschaftslandesrat Philipp Achammer versuchte zu erläutern, warum er mit der Unternehmerin Esther Ausserdorfer, dem Kulturorganisator Hannes Götsch und der Geschäftsführerin des Südtiroler Künstlerbundes Lisa Trockner über Wirtschaft und Kultur diskutieren möchte. „Eine kulturlose Gesellschaft wäre eine arme Gesellschaft“, sagte er. Gerade jetzt sei die Kultur mit der Bildung gemeinsam mehr denn je die Antwort auf die gesellschaftlichen Schwierigkeiten, besonders auf die zunehmende Zersplitterung der Generationen. Es seien Künstler und Kulturträger, die in der Auseinandersetzung mit dem Umfeld für Innovation stünden. Es gehe um Augenhöhe zwischen Kunst, Kultur und Wirtschaft, meinte dazu Moderator Pechlaner.
Man muss Dialog zulassen
Lisa Trockner bestätigte: „Wir haben es versäumt, das kulturelle Potenzial auf eine professionelle Ebene zu heben.“ Der Beruf des Künstlers sei nicht anerkannt worden als Wirtschaftsfaktor. Dazu brauche es das Ineinandergreifen der Politik. Der Verantwortliche des Innovationszentrums Basis in Schlanders, Hannes Götsch, wurde gefragt, was es bedeute, wenn Kunst und Kultur an einem Ort zusammentreffen. Es entstehe Kreativkultur und die werde zu einem Wirtschaftssektor. Esther Ausserdorfer stellte veränderte Beziehungen zwischen Unternehmen, Kultur und Kunst fest, aber von Augenhöhe kann keine Rede sein. Vernetzung sei angesagt. Für Pechlaner seien Kunst und Kultur der Zeit voraus. „Was soll man vernetzen?“, fragte er. Ausserhofer: Man muss Dialoge zulassen, man muss auch das Ziellose zulassen. So entstehen neue Idee, neue Ansichten, die in der Wirtschaft gebraucht werden. Dazu sei Authentizität wichtig. Jeder Arbeiter müsse sagen können, dass Kulturaktionen im Betrieb auch etwas mit ihm zu tun hätten. Nach Pechlaner gehe es um eine Kultur der Transformation. Ohne Kunst und Kultur als Bindeglieder würde man Veränderungen und Prozesse in Gesellschaft und Wirtschaft nicht mitgestalten. Es dürfen Freiräume entstehen. Künstler seien nicht Angestellte der Wirtschaft. Trockner schilderte Beispiele erfolgreicher Zusammenarbeit zwischenWirtschaft und Kunst. Die Vorteile von Kunst: sie kann sich in alle Richtungen entwickeln. Es brauche Mut, Freiräume zu schaffen, die nicht-dominante Kultur zulassen, die ausgleichend wirken, ergänzte Götsch. Pechlaner fragte in die Runde, was der Naturnser Kulturreferent tun solle, um ein Netzwerk vor Ort mit anderen Netzwerken zu verknüpfen. Laut Götsch: schauen, Leben spüren, Plätze für Kleingewerbe schaffen. Wohin geht die Welt, wurde gefragt? Es kamen die neuen Arbeitsmodelle zur Sprache, die man sich vor Corona kaum vorstellen konnte. Kultur könnte eine Antwort auf sinkende Qualität im Zusammenleben sein. Wäre alles zusammen nicht ein aufgelegtes Spiel für die Kunst? fragte Moderator Pechlaner Richtung Trockner. Die Kunst darf das Problem der Veränderung sichtbar machen, wurde geantwortet. Weitere Fragen waren: Wie gelingt es uns Menschen, wieder in allen Bereichen zu Lust und Leidenschaften zu kommen und die Kreativität auszuleben? Da können Kunst und Kultur eine wichtige Rolle spielen, war die allgemeine Meinung. Daher brauche es die Wertschätzung, was für die Gesellschaft ein Problem sei. Man könne oft die ganzen Veränderungen gar nicht mehr richtig unterscheiden. Die Welt sei total komplex geworden. Lisa Trockner war überzeugt: „Ich glaube, Künstlerinnen und Künstler sind immer visionär und kreativ.“ Man müsse hinhören und lesen und wahrnehmen. Kunst könne in gewisser Weise richtungsweisend sein. Landesrat Philipp Achammer verzichtete auf eine Zusammenfassung aller angesprochenen Ansätze. Er sprach von „spannenden Gedanken“ und wünschte sich viele Gelegenheiten, miteinander und nicht übereinander zu reden. „Erinnern wir uns an die Covid-Zeit, wie wir aufgeatmet haben, als wir wieder einmal Life-Musik gehört haben. Da waren Kunst und Kultur sehr wichtig und lebendig.“