Hofübergabe im Vinschger Bauernbund
Joachim Weiss als neuer SBB-Bezirksobmann vorgestellt und sein Vorgänger mit Lorbeeren und vielen Dankesworten verabschiedet
Schlanders - Zahlreiche Bäuerinnen und Bauern, viele Vertretungen aus den bäuerlichen Organisationen, Gemeinden, Genossenschaften, Wirtschafts- und Sozialverbänden sowie aus der Politik waren der Einladung zur Bezirkstagung in das Kulturhaus von Schlanders gefolgt. Es oblag noch dem ausgeschiedenen Bezirksobmann Raimund Prugger, die Tagung zu eröffnen, eine kurze Rückschau zu halten (siehe der Vinschger Nr. 02/2024) und sich bei seiner Familie und allen Wegbegleitern für die Unterstützung und die Zusammenarbeit zu bedanken, bevor sich der neu gewählte Bezirksobmann vorstellte. Gemeinsam mit seinen zwei Stellvertretern Andreas Hauser und Heinrich Thöni sowie den Ausschussmitgliedern Simon Maringele, Josef Maschler, Andreas Stricker , Lukas Gurschler, Florian Karnutsch, Hansjörg Eberhöfer, Josef Sachsalber, Wilhelm Haas und Alois Wegmann werde der Biobauer aus Latsch versuchen, in den nächsten fünf Jahren das Bestmögliche für die Landwirtschaft im Bezirk Vinschgau zu tun. Dabei werden wiederum komplexe Themen wie Wasser, Nationalpark, Großraubwild, Tierwohl, Erhalt der Betriebe als Lebensraum der bäuerlichen Familie, Energieversorgung und alternative Energien, die neue Gentechnik und auch die Senioren auf den Bauernhöfen Priorität haben. Ganz wichtig sei Joachim Weiss als Bezirksobmann, dass die Bäuerinnen und Bauern mehr Sichtbarkeit erlangen und mehr Wertschätzung erfahren, und dass der Ertrag aus den bäuerlichen Familienbetrieben ein Auskommen ermögliche.
„Europäische Agrarpolitik
…zwischen Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit“ hatte der EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann seinem Referat den Titel gegeben. „Die Pandemie und der Ukrainekrieg haben die Versorgung in der EU empfindlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Wir haben uns zu sehr auf die Globalisierung verlassen, besonders im Bereich Energie“, gestand der EU-Politiker. In der EU müssen 450 Millionen Menschen täglich mit insgesamt 1000 Mrd. Kalorien versorgt werden. Deshalb könne die EU nicht zur Gänze auf den Welthandel verzichten. Im Rahmen seines Referates nannte Herbert Dorfmann die neue Gentechnik als eine Möglichkeit, resistenteres Pflanzmaterial zu züchten, um damit den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren zu können. Er meinte dabei die Gen-Schere CRISPR/Cas, bei der einzelne DNA-Bausteine gezielt verändert werden können. Dies sei keine Aufweichung des Gentechnik-Gesetzes, so Dorfmann.
Abschied von Leo Tiefenthaler
Für Leo Tiefenthaler war dies der letzte Auftritt im Vinschgau, denn im Februar wird ein neuer SBB-Landesobmann gewählt. Er erinnerte an das 120-Jahr-Jubiläum des Südtiroler Bauernbundes am 5. Juni und richtete Dankesworte an Raimund Prugger, der stets ausgleichend und besonnen den Bezirk vertreten habe. Als große Anliegen des Vinschgaus, die auch den Landesbauernrat beschäftigt hatten, nannte Leo Tiefenthaler die Wasserversorgung, den notwendigen Pflanzenschutz und die damit verbundene Diskussion mit der Gesellschaft, die Rotwildproblematik und den Erhalt von Grund und Boden. Es gelte, den Arbeitsplatz der bäuerlichen Familie zu verteidigen und sich für die Nutzung bereits bestehender Kubaturen einzusetzen.
Luis Walcher stellt sich vor
Zum ersten Mal bei einer SBB-Bezirkstagung im Vinschgau dabei war Luis Walcher, der neue Landesrat für Landwirtschaft. Für ihn sei wichtig, dass die bäuerlichen Familien die Freude an der Landwirtschaft beibehalten und an ihre Nachkommen weitergeben. „Die Landwirtschaft muss auch in Zeiten der 4-Tage-Woche weitergehen“, so Walcher. „Unsere Stärke sind die Menschen zuhause, die hinter uns stehen!“. Er versprach, in Zukunft öfters in den Vinschgau zu kommen, den Austausch zwischen Politik und Gemeindeverwaltungen zu suchen, „denn ich möchte jede Talschaft kennen lernen und versuchen, ihre Probleme zu verstehen“, sagte Luis Walcher. Arnold Schuler, der zehn Jahre die Landwirtschaft im Land politisch vertreten hat, bezeichnete in seiner Abschiedsrede den Titel „Landesrat für Landwirtschaft“ als einen Ritterschlag für einen Bauern. Prägend war auch für ihn die Pflanzenschutzdebatte im Raum Mals, wo er oft die Wogen glätten musste. Ihm wurde von mehreren Seiten für seinen Einsatz für die Landwirtschaft gedankt, auch wenn man nicht immer einer Meinung gewesen sei. Nach den Grußworten von Franz Locher folgte eine angeregte Diskussion, insbesondere um die Gen-Schere CRISPR/Cas und ihre unabsehbaren Auswirkungen. Gut vorbereitet war Anja Matscher, Bäuerin am Lechtlhof. Sie teilte mit anderen Diskussionsteilnehmern die Meinung, man wisse noch nicht, wie sich die erleichterte Zulassung der neuen Gentechnik auf den Menschen auswirke. Zudem dürfte die Zulassung vielmehr der Agrarindustrie und den Saatgutkonzernen zuspielen als der kleinstrukturierten Landwirtschaft unseres Landes. Außerdem würden neue Züchtungen bestimmt patentiert und somit teuer verkauft werden. Zum Bedauern vieler hatte der angesprochene EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann die Tagung vorzeitig verlassen. Bezirksobmann Weiss versprach, dieses Thema mit Sicherheit wieder aufzugreifen.
Ein ansprechend vorbereiteter „Halbmittag“ durch den Bezirksbäuerinnenrat Vinschgau rundete die sehr gut besuchte Bezirkstagung ab.