Glurns
Publiziert in 6 / 2005 - Erschienen am 1. April 2005
[K] Fotos: Florian Peer, Text: Andrea Perger [/K]
[F] Stadt der Schätze [/F]
Ortsnamensbedeutung: Erstmals urkundlich erwähnt 1160 als "Glurnes", Mundart: "Gluurnz", amtl. ital. Name: "Glorenza". Der Name geht wahrscheinlich auf das lateinische Wort "Clarus" zurück. Bedeutung: "Waldlichtung". Nicht gehalten hat sich die Theorie, der Name stamme von "gloria vallis", was Ruhm des Tales bedeutet
Quellen: "Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte", von Egon Kühebacher 1991
Vinschgau" von Josef Rampold, Auflage 1997
"Glurns" von Sebastian Marseiler 1998
"Geschichte der Stadt Glurns- Eine Tiroler Kleinstadt an der obersten Etsch", von Franz-Heinz Hye 1992
"Unsere Statt zu Glurns, Glurnser Dokumente", von Concino de Concini und Giorgio Fedele 1987
[F] Historisches [/F]
Bereits vor der Erhebung zur Stadt war das Dorf Glurns von Bedeutung. Alte Ansitze bezeugen, dass bereits zu jener Zeit im Dorfe Glurns Leute mit Rang und Namen lebten. Schon 1233 ist Glurns landesfürstliches Gericht, bewusst als Gegensatz zum bischöflich -churischen Amtssitz in Mals. Selbst Todesstrafen wurden verhängt, für deren Ausführung der Henker aus Meran geholt wurde. Am Tartscher Bühel stand, weithin sichtbar, ein Galgen, daneben gab es zwei weitere Richtstätten. Die erste Stadtmauer wird 1321 erwähnt. Glurns spielte im Salzhandel eine große Rolle, seine wirtschaftliche Bedeutung spiegelt sich auch in der Tatsache, dass Glurns ein eigenes Maß hatte, das "Glurnser Maaß". Der Engadiner Krieg im Jahre 1499 setzt dem aufblühenden Ort jedoch arg zu, Glurns wird beinahe vollständig zerstört. Parallel zum Wiederaufbau entsteht mit Hilfe des Landesfürsten die bis heute erhaltene Ummauerung (Bauzeit etwa 180 Jahre). Trotz dieser Befestigung wird die Stadt Glurns 1799 von den Franzosen niedergebrannt. Aufzeichnungen dieser Zeit berichten von argen Schikanen gegenüber der Bevölkerung, Morde und Vergewaltigungen musste das Volk über sich ergehen lassen, bevor Hab und Gut in Flammen aufging. Nicht nur Kriege, sondern auch die Pest (1348 und 1635) und Überschwemmungen sowie Brände setzen dem Ort immer wieder zu. Durch Aufschüttungen sind die Laubengänge so niedrig geworden, dass man sich des Öfteren bücken muss. Seine Rolle als Verwaltungssitz, die sich der Ort immerhin bis Anfang des 20. Jahrhunderts erhalten konnte, hat Glurns zwar verloren, doch als kulturelles, historisches und vor allem touristisches Zentrum hat sich die Stadt etabliert.
Das Wappen der Stadt Glurns ist längs geteilt, rechts ein hervorbrechender Tiroler Adler, links die drei Farben Schwarz, Silber, Rot. Das Wappen wurde laut Wappenbrief 1528 von König Ferdinand verliehen.
[F] Dorfzahlen [/F]
In Glurns leben zurzeit etwa 880 Menschen.
[F] Der Mäuseprozess [/F]
Im Jahre 1519 kam es in Glurns zu einem spektakulären Prozess gegen Mäuse. Dieser Gerichtsfall mutet an, als sei er der Sagenwelt entsprungen, doch sind Aufzeichnungen und Protokolle überliefert, es handelt sich also um eine wahre Begebenheit. Ankläger ist ein Vertreter der Gemeinde Stilfs, der Klage gegen die Feldmäuse (Lutmäuse) erhebt, die angeblich großen Schaden angerichtet hätten. Im darauf folgenden Jahr findet der Prozess statt, Richter ist Conrad Spergser, die Mäuse erhalten einen Verteidiger. Zeugen werden angehört, Tatsachen geprüft. Das Urteil: die Mäuse bekommen eine neue Wohnstatt (anscheinend in den Schludernser Leitn) zugewiesen. Auf dem Weg dorthin wird ihnen freies Geleit zugesichert. Wörtlich: "Es werde ihnen auch bei solchem Abzug ein frey sicher Geleit vor iren Feinden erteilt, es seyen Hund, Katzen oder andere ire Feind; er sey auch in Hoffnung , wenn aine schwanger wär, dass derselben Ziel und Tag geben werde, dass sie ir Frucht fürbringen und alsdann auch damit abziehen möge."
[F] Dorfleben [/F]
In Glurns ist die Vergangenheit heute noch bei jedem Schritt spürbar, sichtbar, präsent. Allgegenwärtig sind die Zeugen von einst, Häuser, Gassen, nicht zuletzt die Stadtmauer mit ihren Türmen, Toren und Rondellen. Glurns wetteiferte mit dem nahen Mals lange Zeit um die Vormachtsstellung. Wirtschaftlich spielte der Ort lange Zeit eine bedeutende Rolle. Dabei waren die Handelsverbindungen erstaunlich weitreichend, vor allem in den oberitalienischen Raum. Eigene Boten warben in diesem Gebiet für den Markt am 24. August in Glurns, den der Tiroler Graf Meinhard II. als Konkurrenz zum Markt am 9. September in Taufers einrichtete. Der Markt dauerte einige Tage, angeboten wurden Weine, Stoffe, Hufeisen mit Nägeln, Sicheln, Gewürze und Vieh. Den großen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte Glurns durch den Salzhandel. Die Händler unterlagen der "Niederlagspflicht", das bedeutet, dass alle Waren in Glurns abgeladen und zum Verkauf angeboten werden mussten. Heute zieht wieder ein Markt jährlich unzählige Besucher in die Stadt, wer kennt ihn nicht, den "Sealamorkt". Wie einst hat dieser Markt neben seinem eigentlichen wirtschaftlichen vor allem einen gesellschaftlichen Charakter. Neben dem Markt, der jedes Jahr am 2. November stattfindet, ist auch das Stadtfest weithin bekannt. Es unterscheidet sich von anderen Dorf- und Stadtfesten vor allem dadurch, dass es durch Aufführungen immer wieder die Glurnser Geschichte thematisiert. Angeboten werden auch Vinschger Gerichte. In den letzten Jahren werden neben den großen Feierlichkeiten besonders im Spätsommer kleinere Feste, Theateraufführungen und Themenabende organisiert. Sehr zur Freude der Gäste, die meist ausnahmslos von der kleinen Stadt begeistert sind. Im Sommer begegnen uns in Glurns oft so viele Menschen, dass man zeitweise wirklich das Gefühl hat, in einer belebten Stadt zu sein. Im Tourismus hat Glurns, das lange Zeit hauptsächlich von der Landwirtschaft lebte, ein neues finanzielles Standbein gefunden. Veranstaltungen werden von den engagierten Vereinen stets mitgetragen, wie etwa vom rührigen Verein “kulturaktiv”, der Musikkapelle, der Feuerwehr und dem Sportverein. Alle packen stets tatkräftig mit an. Glurns, eine moderne, alte Stadt.
[F] Wanderung [/F]
Glurnser Köpfl
An der Straße zwischen Glurns und Lichtenberg zweigt nahe Glurns eine kleine Straße ab, über die man das kleine Einsiedlerkirchlein Sankt Martin erreicht. Über den Forstweg, aber auch über einen teilweise recht steilen Fußweg erreicht man die Glurnser Alm nach etwa 3 Stunden. Von hier aus ist das Gipfelkreuz des Glurnser Köpfl bereits sichtbar. Diesen Gipfel erreicht man nach eineinhalb weiteren Stunden über einen Pfad. Oben angelangt, hat man eine herrliche Aussicht. Von hier überblickt man einen großen Teil des Vinschgaus.
Vorschau:
14.04.05 - Eyrs
Andrea Perger