Geplant war vielmehr ein Aufbruch
Man wird in Naturns und Umgebung noch viel Zeit und Mühen aufwenden, um die Lücken zu schließen, die Sepp Pircher am 6. Jänner 2019 hinterlassen musste. Ein Nachruf.
Naturns - Ja, er musste, aber beabsichtig war ein Aufbruch in die Welt der Musik, vor allem der Kirchenmusik. Doch sein Körper hatte etwas dagegen. Er war in Aufbruchsstimmung, als wir uns Ende Februar 2017 getroffen haben. Kurz zuvor war er als Obmann des Heimatpflegevereins Naturns-Plaus zurückgetreten. Mit einer Verdienstmedaille durch Verbandsobmann Peter Ortner und einer Lobesrede, mit der Landesrat Arnold Schuler ihn eine „Koryphäe im Bereich Kultur“ nannte. Ob er die Steine gehört habe, die ihm nach dem Rücktritt vom Herzen gerollt sind, wollte ich wissen. Ja, man habe sie kollern hören, meinte er zufrieden lächelnd vor einem kalten Capuccino im Schnalstalerhof. Auf die Frage, wo ein Sepp Pircher seine überschüssigen Zeitressourcen hinlenke, wurde er ausführlich: „Noch nie, seit ich in Naturns bin, werde ich so gefordert wie gerade jetzt. Noch nie hab ich mich so viel einbringen können. Im positiven Sinn. Obmann der Heimatpfleger sein können andere auch, aber Orgel spielen kann man nicht von einem Tag auf den anderen. Ich bringe mich in der Kirche mehr ein und habe das Gefühl, immer etwas dazu zu lernen.“ Das Gespräch dauerte bis tief in den Nachmittag. Sepp Pircher entwickelte Sichtweisen, die für einen Tiroler Heimatpfleger fast „revoluzzerhaft“ klangen Außerdem entpuppte er sich als ein sehr pragmatischer Mensch, der es hervorragend verstand, im Sinne der Sache Netzwerke zu knüpfen und Allianzen einzugehen. Daraus entstand dann der Titel des Interviews: „Ein Netzwerker geht von Bord“. Nun ist der Netzwerker weder an Bord noch an Land. Aus der Zeitung musste ich erfahren, dass er mir bei flüchtigen Begegnungen keinen Kurzkommentar mehr zuflüstern wird. Er wird kein Singspiel mehr im Tablander Widum dirigieren und an keinem kalten und windigen Lorenzi-Tag mehr in Tschirland über die Lorenzi-Raber singen. Er wird keine Mitbürger mehr vor den Kopf stoßen oder enttäuschen wie in der Diskussion um das Hochregallager. Er wird nie mehr an der restaurierten Runstermühle stehen und sich den Besucheransturm auf seine Art erklären: „Die gut 150 Neugierigen sind sicher nicht alles Denkmalpfleger und Umweltschützer. Sie müssen aber von einer inneren Sehnsucht nach einem Stück heile und vertraute Welt getrieben worden sein.“ Nie mehr wird Sepp Pircher an die Legende des Heiligen Blasius anspielen und feststellen: „Wir Heimatpfleger können den Blasi-Segen gut gebrauchen. Uns bleibt auch etwas im Halse stecken, wenn wieder das eine oder andere verschwindet oder geschlägert wird.“