Es ist der letzte Akt der Nächstenliebe
Publiziert in 12 / 2016 - Erschienen am 31. März 2016
Ein Informationsabend in Prad sollte Tabus ansprechen, Zweifel beheben und Irrtümer rund um das Thema Organspende entkräften.
Prad - Jeder weiß es oder hat davon gehört: „Organspende kann Leben retten“, aber der Ernstfall tritt nur bei den anderen auf. Um das Thema unter die Menschen zu bringen, werden seit Mai 2015 mehrere Vortragsabende quer durch Südtirol abgehalten. Der Abend im Raiffeisensaal von „aquaprad“ soll mit 170 Teilnehmern einer der bestbesuchten gewesen sein, stellte Gustav Kofler, Vorsitzender der Bezirksgruppe Vinschgau im Verband Freiwilliger Organ- und Gewebespender AIDO, fest. Kofler als Betroffener und Landesrätin Martha Stocker haben es zu ihrem persönlichen Anliegen gemacht, möglichst viele Menschen, Vereine und Organisationen zu sensibilisieren. Inzwischen hat man auch verstanden, neben Experten vor allem Betroffene aus der Umgebung zu Wort kommen zu lassen. In Prad waren dies neben Gustav Kofler (Matsch), der durch die Niere seiner Schwester die 3. Chance bekam, Eleonora Egua (Schluderns), die 1987 und 2015 eine Niere erhalten hatte, und Eligio Cavalet (Laas), dem ein Herz gespendet worden war. Sie alle, aber auch die Ausführungen von Pfarrer Paul Schwienbacher (Schluderns) bewegten und bewirkten immerhin bei 23 Besuchern den Eintrag ins Spenderregister. Großen Eindruck hinterließ aber die Schilderung von Hildegard Spechtenhauser (Martell), deren Mann an einem Aneurysma im Kopf verstorben war. In Absprache mit ihren Kindern habe sie nach festgestelltem Gehirntod die Organentnahme erlaubt. „Es hat uns viel Kraft gegeben, dass drei Menschen durch unseren Vater ein neues Leben gefunden haben“, erzählte sie. Den Hintergrund dieser Schicksale hatten zuvor verschiedene Referate erhellt. Universitätsprofessor Johann Pratschke, Charité Berlin, war auf die Bedeutung der Kommunikation und der Zuwendung zum Patienten eingegangen. Christian Margreiter, Universtät Innsbruck, hatte die Kooperationsabkommen zwischen Italien und Österreich skizziert. Zahlen zu Wartelisten, Spendern und Empfängern besprach Bruno Giacon, Landeskoordinator für Transplantationen. Ehrengast Daniel Bahr, deutscher Gesundheitsminister von 2011 bis 2013, gab als Grund für seinen „mutigen Einsatz für die Organspende“ (Martha Stocker) einen Fall aus dem persönlichen Umfeld an. Der Züricher Pneumologe Andreas Jung stellte die unheilbare Krankheit Mukoviszidose vor und nannte die Lungentransplantation als Möglichkeit der Behandlung. Das Thema Gehirntod wurde nur gestreift und führte auch prompt zu einer Wortmeldung, mit der Zweifel angemeldet wurden. Im Publikum wollte man wissen, wo man seine Willenserklärung abgeben kann, wer den Gehirntod feststellt und was es mit der stillschweigenden Zustimmung auf sich habe. Die Veranstaltung wurde moderiert von Ulrich Seitz, Amt für Krankenhäuser. s
Günther Schöpf